Am liebsten auf dem Fahrrad

WITTLICH. Vielen Menschen vermitteln vertraute Plätze und Gebäude ein Gefühl von Heimat. Bei Dechant Rudolf Halffmann ist das anders: Es sind die Kinder und Jugendlichen, die älteren und alten Menschen, mit denen er das Leben teilt.

Als Rudolf Halffmann 1992 die Pfarreien St. Markus, St. Bernhard und St. Jakobus in Plein übernahm, hatte er gerade eine schwere Trennung hinter sich. Er war, knapp über 50, von Weißenthurm her gekommen, wo die Kindergartenkinder ihn mit wehenden Taschentüchern verabschiedet hatten. "Halb krank" sei er damals gewesen, gesteht er lächelnd. Doch die Wittlicher haben ihn warm aufgenommen, mit dem gewissen Bonus, den ein Pfarrer seiner Erfahrung nach nun einmal genießt, und ziemlich rasch ist ihm die Säubrennerstadt ans Herz gewachsen. Wobei es auch diesmal, wie an den anderen Stationen seines Lebens, weniger die Gebäude und Plätze sind, an denen Rudolf Halffmann sich heimisch fühlt, sondern die Männer und Frauen, die Kinder und Jugendlichen, älteren und alten Menschen, mit denen er lacht und weint, trauert und feiert, betet und arbeitet. "Und da sind mir die Orte besonders wichtig, an denen die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Stadt zusammenkommen." An erster Stelle sind die beiden Kirchen St. Markus und St. Bernhard, in denen allwöchentlich mehr Menschen zusammenkommen als sonst irgendwo. Doch der Pfarrer, der seit der Umstrukturierung der Dekanate im Jahr 2004 auch Dechant von Wittlich und Umgebung ist, spannt den Bogen weiter. Zentral im Leben der Wittlicher und damit automatisch in seinem eigenen sind die beiden Jugendheime, jeweils nur einen Steinwurf weit von den Kirchen entfernt, und das Markushaus, das neben dem Raum für religiöse Begegnungen auch welchen für Kultur schlechthin schafft. "Da sind auch das Krankenhaus, die Kindergärten, die Schulen und Altenheime." Überall dort, so berichtet Halffmann, trifft er auf Mitbürger, die sich aktiv für den Fortbestand des Lebens in den Pfarrgemeinden und darüber hinaus einsetzen. Und dieses gemeinsame Engagement, der gemeinsam gelebte Glaube beglücke ihn, wie er überhaupt ein Mensch sei, der schlecht als Einsiedler zurecht käme. Er stecke schließlich nicht nur seine Kraft, Zeit und Überzeugung in die Pfarreien hinein, sondern bezieht die eigene Kraft oft wieder genau von dort: eben von den vielen Menschen in ihren so unterschiedlichen Lebenssituationen.Radeln als Erholung

Wann immer Petrus ihm hold ist und seine Zeit es zulässt, dreht Dechant Halffmann seine Runden mit dem Fahrrad. Dabei ist es ihm gleich, ob die Pflicht ruft oder die Kür. Oft steht nicht das Auto, sondern der Drahtesel vor der Tür, wenn er klingelt, was besonders erfreulich ist, wenn er zu hohen Geburtstagen gratuliert. Und es wundere sich bloß niemand, wenn er vor Pleins St. Jakobus vom Rad steigt. Dann hat der 65-Jährige die beträchtliche Steigung von Wittlich her durch die beiden Tunnels der ehemaligen Bahnstrecke schon hinter sich. Das tut er weniger aus sportlichem Ehrgeiz, nein, das ist einfach seine Art, sich zu erholen: auf dem Radweg oder raus in Richtung Bergweiler, oder über den Lieserpfad zur Alten Pleiner Mühle, wo er das Rad auf den Schultern hinunter zur Lieser trägt.

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