Bald freie Fahrt für Senioren?

Bernkastel-Wittlich · Hilfe für Senioren, aber auf sicherer Basis: Der Kreis Bernkastel-Wittlich will die Ortsgemeinden beim Aufbau ehrenamtlicher Fahrdienste unterstützen. Damit die Fahrer künftig umfassend versichert sind, will der Kreis eine Gruppenversicherung abschließen und dafür bis zu 1000 Euro im Jahr bereitstellen.

Bernkastel-Wittlich. Der Weg hin und zurück zum Arzt oder zur Krankengymnastik - ältere Menschen stellt das oft vor ein Problem. "Ich kenne so viele Leute, die nicht wissen, wie sie von A nach B kommen", sagt Dieter Pfaffendorf von der Pfarrei St. Maternus in Ürzig. Deshalb richtete er 2009 die Fahrdienstbörse Ürzig ein.
Wie Nachbarschaftshilfe


"Das funktioniert wie Nachbarschaftshilfe", sagt Pfaffendorf. Ein ehrenamtlicher Fahrer bringt die Senioren nach Absprache zum Termin - mit dem Privatauto, von Haustür zu Haustür und kostenlos. Heute sind in Wehlen, Graach und Ürzig insgesamt 14 ehrenamtliche Fahrer unterwegs. Bereits 2010 war das Projekt erfolgreich bei dem ersten Ideenwettbewerb "Zuhause alt werden" dabei.
Doch später hat der Landkreis Bernkastel-Wittlich Projekte, bei denen es sich um Fahrdienstangebote handelte, von der Teilnahme am Wettbewerb ausgeschlossen.
Der Grund: Es gab Unklarheiten bei Versicherungsfragen. Denn: Was geschieht, wenn bei einer ehrenamtlichen Fahrt etwas passiert und das Fahrzeug oder ein Mensch Schaden nimmt?
Jetzt hat die Verwaltung einen Leitfaden vorgelegt, nach dem den Ehrenamtlichen, die im Auftrag einer Kommune unterwegs sind, künftig ein ausreichender Versicherungsschutz gewährleistet werden soll.
Möglich wäre das über eine Gruppenversicherung, die der Kreis zugunsten der Gemeinden abschließt. Die Kosten dafür sollen aus Mitteln des Projekts "Zuhause alt werden" zur Verfügung gestellt werden. Der Ausschuss für soziale Angelegenheiten und Gesundheit hat dem Konzept zugestimmt. Die Kreisverwaltung wartet derzeit noch auf eine Antwort von der Staatskanzlei und dem Landesbetrieb Mobilität (LBM).
Der Kreis will damit die Gemeinden beim Auf- und Ausbau von Fahrdiensten unterstützen - und das ganz losgelöst vom Wettbewerb. Die Organisation der ehrenamtlichen Fahrten soll bei den Kommunen liegen: Die Gemeinde kann beispielsweise eine zentrale Koordinationsstelle einrichten, von wo aus die ehrenamtlichen Fahrer beauftragt werden.
Dem Kreis liegt bereits ein Angebot eines Versicherungsdienstes vor. Die Kommunen, die als Auftraggeber der ehrenamtlichen Fahrten dann auch für etwaige Schäden haften, würden über den Kreis eine Dienstreise-Fahrzeugversicherung mit diesem Dienst abschließen. Damit wären die eingesetzten Fahrzeuge abgesichert. Kosten: rund 470 Euro pro Jahr.
Der Kreis hat beschlossen, dies mit bis zu 1000 Euro jährlich bei einer Fahrleistung von maximal 30.000 Kilometern zu unterstützen. Zunächst muss aber auch das Interesse abgefragt werden: Es müssten sich immerhin so viele Gemeinden beteiligen, damit im ersten Jahr mindestens 15 000 Fahrtkilometer erzielt werden.
Drittes Mal Ideenwettbewerb


Der Ideenwettbewerb "Zuhause alt werden" soll dieses Jahr in die dritte Runde gehen - da aber die Gemeinden beim Aufbau ehrenamtlicher Fahrdienste bereits gesondert gefördert werden, sollen Mobilitätskonzepte von der Teilnahme weiterhin ausgeschlossen sein.
Andere Alternativen zum Öffentlichen Personennahverkehr im Kreis (siehe Extra) wären von dieser Regelung zunächst nicht betroffen - ebenso wie die Fahrdienstbörse Ürzig. Sie hat nämlich keinen Träger. "Es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen dem Fahrer und dem, der das in Anspruch nimmt", erklärt Pfaffendorf.
"Und dann greift die private Haftpflichtversicherung."
So weit, sagt Pfaffendorf, sei es bisher aber noch nicht gekommen. "Wir haben noch nie Probleme gehabt."

Extra

... Mirko Nagel, Leiter des Projekts Zuhause alt werden. Wie sollen die ehrenamtlichen Fahrten im Kreis künftig versicherungstechnisch geregelt werden? Nagel: Dem Landkreis Bernkastel-Wittlich liegt ein Angebot einer Gruppenversicherung vor. Über das können seine Ortsgemeinden bei der Einführung ehrenamtlicher Fahrdienste einen Vollkaskoschutz für ehrenamtlich eingesetzte Privatfahrzeuge und eine finanzielle Ausgleichsleistung für eine Rückstufung im Schadensfall gewährleisten. Wie viel Geld stellt der Kreis zur Verfügung? Nagel: Im Rahmen der kommunalen Pflichtaufgaben zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur hält der Kreis insgesamt 25 000 Euro für das Projekt "Zuhause alt werden" vor. Die Kosten für den Abschluss einer Gruppenversicherung zur Absicherung von Schäden bei ehrenamtlichen Fahrten im kommunalen Auftrag würden bei einer Jahreslaufleistung von bis zu 30 000 Kilometern etwa 1000 Euro betragen. Unter Verwendung dieser Mittel sollen flächendeckend möglichst viele Initiativen im Landkreis auf- und ausgebaut werden. Über eine erfolgreiche Teilnahme am Ideenwettbewerb können örtliche Initiativen mit bis zu 3000 Euro unterstützt werden. Wie geht es mit dem Wettbewerb "Zuhause alt werden" weiter? Nagel: Bislang wurden in zwei Ideenwettbewerben 32 Initiativen eingebracht, von denen 13 als besonders wirkungsvoll prämiert wurden. Geplant ist, einen dritten Ideenwettbewerb im Zeitraum August/September diesen Jahres auszuschreiben, der darauf zielt, gemeindenahe Ansprechpartner und alltagsunterstützende Angebote für auf Hilfe angewiesene Senioren sicherzustellen. Die Fragen stellte Eileen Blädel.Extra

Der Seniorenbus Traben-Trarbach fährt seit August 2012 an vier Tagen in der Woche. Die Anschaffung des Kleinbusses kostete die Verbandsgemeinde (VG) Traben-Trarbach 25 000 Euro. Gesteuert wird er von ehrenamtlichen Fahrern. Gedacht ist der Bus für Menschen ab 60 Jahren oder mit Schwerbehindertenausweis. Sie zahlen zwei Euro pro Fahrt. Von der Idee bis zur Genehmigung vergingen drei Jahre. Grund war ein Rechtsstreit mit der Moselbahn. Auch wenn es sich um ehrenamtliche Fahrer handelt, ist der Fahrdienst als solcher ein gewerblicher: Da die VG Betreiberin einer Buslinie ist und dafür eine Konzession besitzt und auch das Fahrzeug stellt, greift bei Unfällen deren Haftpflichtversicherung. Das Jugendtaxi gibt es seit 2008: Der Kreis bezuschusst die Heimfahrt junger Menschen zwischen 16 und 21 Jahren, die im Kreisgebiet wohnen und freitag- und samstagnachts sowie in den Nächten vor Feiertagen von 22 Uhr bis sechs Uhr morgens nach Hause wollen. Spenden dreier Banken decken die Finanzierung. Da es sich um eine geschäftsmäßige Beförderung von Personen handelt, greift auch hier die Haftpflichtversicherung des jeweiligen Taxiunternehmens. eib

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