Bei Passionsmusik bekommt er Gänsehaut

Wittlich · An den hohen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern sind die Organisten und Kantoren in den christlichen Kirchen sehr gefragt. Die Besinnungszeiten davor nutzen sie, um das Jahr zu planen und ihre Kreativität zu nähren. In der evangelischen Christuskirche beginnen zudem bereits die Vorbereitungen für das Reformationsjubiläum 2017. Auch darum kümmert sich der Kantor Tilman Bruus.

 Das Singen mit der Gemeinde ist ihm wichtig: Tilman Bruus. TV-Foto: Christina Bents

Das Singen mit der Gemeinde ist ihm wichtig: Tilman Bruus. TV-Foto: Christina Bents

Foto: Christina Bents (chb) ("TV-Upload Bents"

Wittlich. Das Singen mit der Gemeinde ist ihm wichtig. Um die Menschen zu unterstützen, sich auf das Osterfest vorzubereiten, gestaltet er die Passionsmomente an den fünf Donnerstagen vor Ostern musikalisch: Tilman Bruus ist Kantor an der Christuskirche in Wittlich. Über seine Arbeit spricht er im TV-Interview mit unserer Mitarbeiterin Christina Bents.

Wie sehen momentan die Wochen, zwischen den großen christlichen Festen Weihnachten und Ostern aus?
Tilman Bruus: Gleich nach Weihnachten ist wegen der Ferienzeit eine kurze Zäsur. Dann fangen die Planungen fürs neue Jahr an. In diesem Jahr starten beispielsweise die Vorbereitungen für das Reformationsjubiläum 2017. Für verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte müssen im zweiten Halbjahr erste Überlegungen beginnen.

Welche Lieder gehören für Sie persönlich zur Passions- und Osterzeit?
Bruus: Im Januar begannen die Vorpassionswochen. Zu denen und zur Passionszeit gehören für mich "Oh Haupt voll Blut und Wunden" und aus den neuen geistlichen Liedern "Holz auf Jesu Schultern".

Bei welchen Stücken singen die Menschen besonders gerne mit? Gibt es eine Hitliste bei den Liedern?
Bruus: Ein Top-Stück kann man so nicht ausmachen. Es gibt viele ältere Menschen, die junge geistliche Musik mögen, weil die Texte ihnen gefallen und junge Menschen, die klassische Lieder mögen, weil sie damit aufgewachsen sind.

Bei welchem Stück bekommen Sie persönlich immer noch eine Gänsehaut?
Bruus: Das sind unter anderem die großen Passionsvertonungen beispielsweise von Heinrich Schütz oder die Matthäus Passion von Johann Sebastian Bach. Das Lied "Herzliebster Jesu", weil es für mich auch die Verantwortung des Einzelnen für das Leid der Welt ausdrückt und "Ich will bei dir stehen", denn das gegenseitige Vertrauen zwischen dem Gläubigen und Jesu zeigt sich darin.
Wie kommen Sie zu neuen Ideen für neue Stücke für den Gottesdienst oder die Chöre?
Bruus: Zum einen aus der Erfahrung, vom eigenen Mitmachen. Zum anderen von Konzerten, Fortbildungen oder aus dem Radio, wenn neue CDs von verschiedenen Komponisten vorgestellt werden.

Wann haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kreativität auszuleben?
Bruus: Am ehesten in den Passionsmomenten. Die heißen zwar Momente, dauern aber eine halbe Stunde. Und in der wechseln sich Texte und Musik ab. Da kann auch mal Kammermusik gespielt oder ein Solo gesungen werden. Das findet an den fünf Donnerstagen vor Gründonnerstag um 18 Uhr statt.

Was ist Ihnen besonders wichtig an Ihrem Beruf?
Bruus: Schon im Studium war das Singen mit der Gemeinde ein wichtiger Punkt. Wenn ich ein neues Stück einführe, gehe ich beispielsweise vor dem Gottesdienst vom Chor runter und singe das vor und mit den Besuchern. Für die Passionszeit habe ich beispielsweise Taizé-Gesänge zusammengestellt, die a capella vierstimmig gesungen werden können oder ein Kanon. Dazu gehe ich auch zur Gemeinde.

Welches Lied begleitet Sie seit Kindertagen?
Bruus: Morgenlieder begleiten mich seit der Kindheit, beispielsweise "All Morgen ist ganz frisch und neu" oder "die helle Sonn' leucht` jetzt herfür". Das kommt daher, dass mein Vater, der selbst Pfarrer in Solingen war, oft Familienfreizeiten geleitet hat, an denen wir auch teilgenommen haben. Dort gehörten Morgenlieder zum Morgenritual. chbExtra

Als Kantor hat Tilman Bruus die Aufgabe der Chorleitung. Zudem macht er musikalische Projekte mit Kindern und Jugendlichen. Er probt regelmäßig mit dem Kinderchor. Alle zwei Jahre findet ein Musicalprojekt für Kinder von fünf bis zwölf Jahren statt. Bruus spielt nicht nur die Orgel in Wittlich, sondern auch in der Justizvollzugsanstalt, fünf Altenheimen (drei in Wittlich, Landscheid und Manderscheid), einige Male im Jahr in Bausendorf und im Sommer jeden Sonntag in Manderscheid. Zudem helfen sich die katholischen und evangelischen Organisten gegenseitig aus, damit in allen Gotteshäusern die Orgel den Gottesdienst mitgestalten kann. chbExtra

Tilman Bruus ist 51 Jahre alt, lebt in Bergweiler und ist ledig. Sein musikwissenschaftliches Studium hat er in Bonn absolviert. In Solingen, wo er aufgewachsen ist, hat er als Kirchenmusiker gearbeitet, bevor er 2004 nach Wittlich kam. chb

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