Berufswunsch Landrat

Schon als Student kannte der erste Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich, Helmut Gestrich, sein Berufsziel und wurde bei der Berufsberatung deshalb ausgelacht. 1969 hatte Gestrich sein Ziel erreicht. Er blieb 24 Jahre im Amt. Vor zwei Jahren starb der gelernte Rechtsanwalt.

 Das Archivfoto aus dem Jahr 2000 zeigt Helmut Gestrich in der Bibliothek des Cusanus-Stifts. Er war damals auch Vorsitzender der Cusanus-Gesellschaft. TV-Foto: Archiv/Ansgar Schmitz

Das Archivfoto aus dem Jahr 2000 zeigt Helmut Gestrich in der Bibliothek des Cusanus-Stifts. Er war damals auch Vorsitzender der Cusanus-Gesellschaft. TV-Foto: Archiv/Ansgar Schmitz

Bernkastel-Wittlich. Ein neuer Landrat wird im Kreis Bernkastel-Wittlich im März dieses Jahres gewählt. Da stellt sich fast automatisch die Frage: Wer war eigentlich der erste Landrat in diesem Landkreis?

Viele Bürger kommen bei dieser Frage auf die richtige Antwort: Helmut Gestrich. Er war der Vorgänger der jetzigen Landrätin Beate Läsch-Weber. 1969 war er der erste Chef des Landkreises Bernkastel-Wittlich, der aus der Fusion der Altkreise Bernkastel und Wittlich entstanden war. Ges trich führte den neu geschaffenen Landkreis fast 24 Jahre lang.

Helmut Gestrich wurde 1931 in Trier geboren. Bei der studentischen Berufsberatung wurde er nach eigenen Angaben laut ausgelacht, als er den Berufswunsch Landrat angab. 1955 legte er das erste juristische Staatsexamen ab, arbeitete kurze Zeit als Rechtsanwalt und wechselte in den Dienst der Stadt Trier. Die damals für seinen Berufswunsch notwendige Erfahrung erwarb er anschließend in den Landratsämtern in Bitburg und Saarburg.

Danach war er bei der Bezirksregierung in Trier tätig, bis er im Alter von 35 Jahren im Juni 1966 zum kommissarischen Landrat des Kreises Bernkastel ernannt und drei Monate später vom Kreistag bestätigt wurde. Nach der Fusion der beiden Altkreise Bernkastel und Wittlich hatte er in seiner Position als erster Landrat des neuen Kreises Bernkastel-Wittlich anfangs offenbar große Probleme, die beiden einstigen Kreise zusammenzufügen. Er selbst stellte fest: "Im Altkreis Bernkastel werde ich von vielen als Verräter angesehen, weil ich die Auflösung des Landkreises nicht verhindert habe; im Wittlicher Teil bringen die Leute mir Misstrauen entgegen, weil ich die Bernkasteler bevorzuge." Im März 1993 schied Gestrich aus seinem Amt. Der damalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident, Rudolf Scharping, lobte den zu der Zeit dienstältesten Landrat als eine Persönlichkeit und als Mann "von kultureller, gesellschaftlicher und sozialer Prägekraft". Von 1994 bis 2000 war Gestrich Bürgermeister der Stadt Bernkastel-Kues. 2009 starb er im Alter von 78 Jahren.

EXTRA Die ersten Landräte in den Altkreisen Bernkastel und Wittlich wurden 1816 in Amt und Würden gesetzt. Im Kreis Wittlich war dies zunächst kommissarisch der 1765 geborene Senheimer Peter Franz Schumm. 1817 wurde er offiziell zum Landrat ernannt. Alte Quellen beschreiben Schumm nach Aussage von Claudia Schmitt vom Kreisarchiv als einen Mann, dem die Bewohner des Kreises "mit Liebe und Achtung" begegneten. 1836 wurde er pensioniert, 1857 starb Schumm im Alter von 93 Jahren. Erster Landrat im Kreis Bernkastel wurde 1816 der 1785 in Bonn geborene Jacob Liessem. Er bekleidete das Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1832. Für seinen Posten erhielt er 1820 ein Jahresgehalt von 1000 Talern. Reich geworden ist er davon wohl nicht, denn 1824 wurde sein Vermögen als "unbedeutend" angegeben. Seine Arbeit fand nicht immer den Beifall seiner Vorgesetzten. 1819 hieß es über Liessem: "Nicht ohne Kenntnisse, aber etwas schwerfällig in der Geschäftsbeförderung." 1824 lautete das Urteil über seine intellektuelle Bildung "befriedigend". Drei Jahre später nannte ihn wiederum der Trierer Regierungspräsident "etwas eitel". (cst)

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