Die Heiligen Drei Könige von Malborn und der Krippenpfennig

Malborn · Caspar, Melchior und Balthasar - so heißen die Heiligen drei Könige, die in diesen Tagen in der christlichen Welt in den Krippen stehen. Doch mitten im Hochwald gibt es eine Krippe, für die das nicht stimmt. Dort erweisen Kaiser Konstantin, Kopernikus und ein schwarzer Bischof dem Jesuskind die Ehre. Warum das so ist, das erfahren vier Enkelkinder von ihrem Großvater bei einem Familienausflug.

Malborn. "Die Könige sehen irgendwie anders aus", sagt der zehnjährige Frederik, der mit seinem Großvater Elmar Ittenbach und seinen drei Brüdern die Krippe in der Malborner St.-Briktius-Kirche besucht. Schließlich hat die sechsköpfige Familie aus Rinzenberg zuhause sogar zwei Krippen. Und mit seinem Opa, der sich nach seiner Pensionierung als Lehrer als Heimatforscher engagiert, hat Frederik schon die eine oder andere Krippe in der Region besucht.
Aber was ist denn an den Heiligen Drei Königen so anders? "Der eine hier vorne sieht aus wie ein Römer", sagt der Fünftklässler und zeigt auf eine rund einen Meter hohe Figur, die tatsächlich gekleidet ist wie ein römischer Soldat. Nur die Uniform ist goldfarben. Und was fällt noch auf? Ein Schwert und ein Kreuz.
Figuren aus den 50er Jahren


All das deutet auf eine ganz bestimmte Person hin, sagt Elmar Ittenbach seinen Enkeln: Kaiser Konstantin. Der unterstützte das Christentum. Legendär ist sein Traum vor einer wichtigen Schlacht. Er habe im Traum ein Kreuz am Himmel gesehen und eine Stimme gehört, die sagte: "Unter diesem Zeichen wirst Du siegen." Zuvor waren die Christen verfolgt worden.
Auch der zweite "König" sieht ungewöhnlich aus. "Er sieht aus, als ob er aus dem Orient kommt", sagt Frederik zur TV-Reporterin. Stimmt. Die Figur trägt ein weißes kleidähnliches Obergewand und eine rote Kopfbedeckung. Auch sie hält ungewöhnliche Dinge in den Händen. Eine Weltkugel und noch etwas. "Ist das ein Zirkel?", fragt der Zehnjährige. Richtig. Was die Bedeutung angeht, muss der Opa helfen. Die Figur trägt laut Ittenbach die Züge des Domherrn, Arzt und Hobbyastronomen Kopernikus. Dieser habe wie Konstantin eine wichtige Rolle in der Geschichte der Kirche und der Menschen gespielt. Denn er habe belegt, dass nicht die Erde, sondern die Sonne der Mittelpunkt des Weltalls sei.
Der achtjährige Felix schaut sich den dritten "König" genauer an. Er "ist dunkel". Stimmt, der Melchior wird in der Regel mit schwarzer Hautfarbe dargestellt. Und die Kleidung? Felix: "Die sieht aus wie bei einem Mönch oder Papst." Fast richtig. Diese Figur soll Joseph Kiwanuka, den Erzbischof von Rubaga, Uganda, darstellen. Ittenbach: "Es ist der erste schwarzafrikanische Bischof der Neuzeit." Ebenso wie Konstantin und Kopernikus stehe auch Kiwanuka für ein neuzeitliches Christentum.
Eine kritische Anmerkung macht der Heimatforscher allerdings. Konstantin sehe man heute kritischer. Mit dem römischen Kaiser habe die "unglückselige Verbindung zwischen Kreuz und Schwert" begonnen.
Und warum haben die Malborner so ausgefallene Krippenfiguren? Das weiß Opa Ittenbach natürlich auch. "Schuld" daran ist der frühere Malborner Pfarrer Ansgar Schneider. Er hatte die Krippenfiguren in den 1950er Jahren bei der Bildhauerei Mettler in Morbach bestellt. Dort hat sie Klaus Rothe geschnitzt.
Ein Nicken zum Dank


Weil in der Bibel auch die Rede sei von den "Weisen aus dem Osten", wollte er die Könige durch Figuren ersetzen, die für die Entwicklung des Christentums eine wichtige Rolle gespielt hatten.
So mancher Malborner sei übrigens nicht glücklich darüber gewesen, dass man eben keine normale Krippe wie in anderen Dörfern habe, erzählt der Opa weiter. Aber sie mussten sie mitfinanzieren.
Ältere Dorfbewohner erinnern sich daran, dass sie in der Schule einen "Krippenpfennig" zahlen mussten. Apropos Krippenpfennig: Dem sechsjährigen Philipp fällt eine weitere Figur besonders ins Auge: ein kleiner Messdiener, der mit dem Rücken zur Krippe kniet und mit einem Schlitz versehen ist. Das sei der Malborner "Nick-Neger", sagt Ittenbach dem aufmerksamen Philipp, der seinem dreijährigen Bruder Ferdinand dabei hilft, eine Münze in dem Schlitz zu versenken.
Und tatsächlich: Der kleine Messdiener bedankt sich mit einem Nicken. Anders als andere Sammelbüchsen dieser Art, die früher in den Kirchen standen, hat die Figur in Malborn allerdings eine weiße Hautfarbe. "Sie ist überstrichen worden", erklärt Ittenbach weiter. Offenbar, weil solche Darstellungen heute als diskriminierend gelten. Der neue Anstrich muss allerdings jahrzehntealt sein.
Die Küsterin Zita Maßmann, die bereits seit 1952 in Malborn lebt, kann sich jedenfalls an eine "Nick-Figur" mit schwarzer Hautfarbe nicht erinnern.
Extra

Krippe: Die Krippenfiguren in der Malborner St.-Briktius-Kirche stammen bis auf eine Ausnahme aus der Bildhauerei Mettler in Morbach. Heimatforscher Elmar Ittenbach geht davon aus, dass Maria, Josef, Hirten und Schafe die Handschrift von Anton Bach (1876-1952), dem damaligen Morbacher Werkstattleiter, tragen. Eindeutig belegt ist, dass Bildhauer Klaus Rothe die Königsfiguren schnitzte. Lediglich das Jesuskind fällt etwas aus dem Rahmen. Die ursprüngliche Figur wurde im Jahr 2005 gestohlen. Eine Ersatzfigur schnitzte Kasimir Krämer aus Köllerbach im Saarland. Übrigens stammen von Rothe auch die 14 Kreuzwegstationen und die Gedenktafel für die Gefallenen und Vermissten. red/iro Weitere Informationen über Klaus Rothes Werke in der Malborner Kirche sind in einem Aufsatz von Elmar Ittenbach in der neuen Hott nachzulesen.Extra

Der Bildhauer Klaus Rothe wurde am 4. Dezember 1912 in Beuthen/Oberschlesien geboren. Er studierte unter anderem an der Akademie der Bildenden Künste in München und machte dort 1938 sein Staatsexamen. Seit 1949 arbeitete er in der Bildhauerei Johann Mettler in Morbach. 1954 machte er sich als freischaffender Künstler selbstständig. Der Künstler starb am 4. Mai 1979. Seine Frau - inzwischen 103-jährig - lebt bis heute in Morbach. red/iro

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