Die Milchstraße von Hetzerath: David Engel vom Engelshof hat seine eigene Molkerei aufgebaut

Hetzerath · Der Milchpreis ist in freiem Fall. Schuld ist auch das Wegfallen der Milchquote. Viele Bauern sehen ihre Existenz bedroht. In Hetzerath auf dem Engelshof macht eine Familie aus der Not eine Tugend und geht neue Wege – mit Erfolg.

David Engel vom Engelshof in Hetzerath ist stolz. Seit etwa vier Wochen produzieren der junge Landwirt und seine Familie in ihrer hofeigenen Molkerei, Joghurt und Milch für die Region. Dafür haben er und seine Familie einen sechsstelligen Betrag investiert und einen Stall umgebaut. Dort wo früher Kühe standen, mit ihren Schwänzen umher wedelten, stehen jetzt Hightech-Maschinen aus Italien. Die Maschinen falten beispielsweise vollautomatisch Tetrapacks und füllen sie mit Milch.

Die Kühe, die früher in dem Stall standen, wurden bereits vor Jahren auf einen Aussiedlerhof in der Nähe umgesiedelt (siehe Extra). Dort stehen sie heute auch noch. Der Stall in Hetzerath stand leer. Zunächst habe seine Familie überlegt dort Mietwohnungen einzubauen, erzählt David Engel. Beim gemeinsamen Frühstück mit der Familie habe er dann aber eine andere Idee gehabt. Er schlug vor eine Molkerei aufzubauen: "Da waren erstmal alle kurz ruhig und es wurde normal weiter gefrühstückt."

Durchhaltevermögen ist gefragt

Doch der junge Landwirt meint es ernst, lässt nicht locker und beginnt im Internet zu recherchieren. Fündig wird er nicht: "Es gibt keine Seite, die dir erklärt wie du eine Molkerei aufbaust.” Für den studierten Landmaschinentechniker ist das kein Grund aufzugeben. Er reist durch Deutschland, knüpft Kontakte und erstellt einen ersten Plan von seiner Molkerei.

Während seiner Reisen trifft er an der Universität in Hohenheim in Baden-Württemberg einen Dozenten mit italienischen Wurzeln. Der wissenschaftliche Mitarbeiter habe selber eine Molkerei und sei schon 40 Jahre im Geschäft. Außerdem betreue er die Forschungs- und Lehrmolkerei an der Universität bei Stuttgart, erzählt Engel, immer noch sichtlich froh, dass er diesen Mann kennengelernt hat. Der Wissenschaftler schaute sich den Plan von Engel an und verbesserte ihn. Ein halbes Jahr nach Beginn der Planungen hätten dann die Bauarbeiten beginnen können (der TV berichtete). Eine Firma aus Italien habe die Anlagen geliefert. Arbeiter aus der Region, die auch für die Bitburger Brauerei tätig seien, hätten die Rohre verlegt, durch die die Milch läuft. Bis alles fertig gewesen sei, habe es etwa ein Jahr gedauert.

Mit der hofeigenen Molkerei will David Engel etwa 120.000 Liter Milch im Jahr auf eigene Faust verarbeiten. Das seien etwa zehn Prozent der gesamten Milchmenge von rund 1,2 Millionen Liter, die die rund 120 Kühe vom Engelshof jährlich geben. Den Rest will er nach wie vor an die Molkerei Hochwald Foods GmbH in Thalfang verkaufen. "Die eigene Produktion ist ein zweites Standbein.” In seinem Hofladen könne er bis zu 40 Cent am Liter Milch verdienen, verkaufe er die Milch an die Großmolkerei seien es derzeit in etwa 32 Cent. Der Preis habe in vergangenem Jahr aber auch schon bei 24 Cent gelegen.

Wegen dieser geringen Milchpreise, die die Molkereien derzeit wegen des Wegfalls der Milchquote und den damit zusammenhängenden Marktveränderungen zahlen, sei die Investition nötig geworden. Auch weil seine Schwester, neben ihm und seinen Eltern, in den Betrieb wollte. "Da gab es dann zwei Möglichkeiten: Entweder mehr Kühe und mehr Milch verkaufen oder eben zusätzlich noch die Molkerei.”

Die Entscheidung sei dann auf die eigene Molkerei gefallen. Auf diese Weise habe er nicht nur seine Schwester in den Betrieb holen, sondern noch mehr Arbeitsplätze schaffen können. Nicht nur beide seiner Schwestern könnten jetzt in dem Betrieb arbeiten, sondern auch seine Freundin, die Lebensmitteltechnikerin sei. Seine Schwester Lena erstellt das Design für die Milch- und Joghurtverpackungen, seine Schwester Mareike kümmere sich um die Kühe. Freundin Beate hilft unter anderem bei der Produktion.

Engel wirbt für die Landwirtschaft

David Engel ist ein Vollblut-Landwirt, der es geschafft hat, eine der ältesten Branchen in ein neues Zeitalter zu bewegen. So erklärt er beispielsweise in Online-Videos auf der Videoplattform youtube seine Arbeit. Auf der Facebookseite des Engelshofs hält er im Video unter anderem den Aufbau der Molkerei fest und zeigt Bilder wie sein Team arbeitet.

Auf der Internetseite des Hofes engelshof.eu können die Kunden online die Produkte der Molkerei des Engelshofs bestellen. David Engel liefert derzeit noch persönlich aus. Seine Produkte finden reißenden Absatz. "Nachts produzieren wir, tagsüber fahre ich aus. Das muss sich jetzt aber ändern.” Ein Fahrer soll eingestellt werden. Engel will sich mehr um neue Kunden kümmern. Er beginnt aufzuzählen, in welchen Läden er mit seinen Produkten ins Sortiment möchte, dann die in deren Regale seine Milch und Joghurt schon stehen - von Bitburg bis Wittlich - auch darauf ist David Engel stolz.

Eine Liste mit den Verkaufsorten der Produkte des Engelshofs gibt es auf der Internetseite: www.engelshof.eumeinung
Ein Engel für die Landwirtschaft

von Sebastian Grauer

Die Milchquote ist 2015 weggefallen. Ein Schlag für die Milchbauern. Doch nur auf den ersten Blick. Denn durch den Wegfall der fast planwirtschaftlich anmutenden Quote entsteht Innovationsdruck. Im Fall Engelshof hat genau der gewirkt. Dort wurde nicht gejammert, sondern gehandelt und eine hofeigene Molkerei aufgebaut. Die Produkte sind beliebt. Die Menschen in der Region lernen Joghurt und Milch wieder zu schätzen und sind bereit mehr dafür zu bezahlen, entgegen der Meinung, dass alle nur "billig billig" wollen. Zudem haben die Engels mit ihrer hofeigenen Produktion zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Für sich haben sie ein zweites Standbein geschaffen. Außerdem haben sie allen anderen Milchbauern gezeigt, dass der Wegfall der Quote auch eine Chance sein kann, Qualitäts-Milch direkt vor der Tür ohne Großmolkerei für einen fairen Preis zu verkaufen.
s.grauer@volksfreund.de
Extra Hof Historie

Den Engelshof übernahm der Vater von David Engel, Stefan Engel, 1982 von seinen Eltern. Damals standen die Kühe noch in einer Scheune mitten in Hetzerath. Um mehr Platz zu haben, siedelte Stefan Engel den Betrieb 1994 an den Ortsrand von Hetzerath aus. Von 2013 bis 2016 bauen die Engels einen Teil des ehemaligen Langhauses in ein modernes Wohnhaus um. 2016 beginnt dann nach einem halben Jahr Planung der Bau der Molkerei. Dort wird seit etwa vier Wochen Milch und Joghurt produziert. grau

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