Drei Plattener erinnern sich an Bombenangriff

Am 28. Januar 1945 starben 85 Kinder und Erwachsene beim schweren Bombenangriff auf Dorf und Kirche Platten. Die Erinnerung daran ist nach 65 Jahren noch lebendig. Drei gebürtige Plattener erinnern sich an die Ereignisse.

 Hans Neumann, Alfred Herges und Waldemar Hower mit einem Foto der beim Bombenangriff 1945 zerstörten Plattener Kirche und weiteren Erinnerungsstücken. TV-Foto: Erich Gerten

Hans Neumann, Alfred Herges und Waldemar Hower mit einem Foto der beim Bombenangriff 1945 zerstörten Plattener Kirche und weiteren Erinnerungsstücken. TV-Foto: Erich Gerten

Platten. Im Gespräch mit dem einzigen Überlebenden aus der Plattener Kirche während des Bombenangriffs am 28. Januar 1945 wird es deutlich: Wenn es Januar wird, dann kommt für Alfred Herges eine Zeit, die ihn auch nach 65 Jahren noch mitnimmt.

Das Erinnern an das schlimmste Ereignis aus seinem damals acht Jahre jungen Leben und an das schlimmste Drama in der Ortsgeschichte von Platten kommt unwillkürlich. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges bombadierte ein Flieger der Alliierten das Dorf. Während des Angriffs stürzte die Kirche ein. Damals kamen 14 von den 15 zum Kommunionunterricht in der Pfarrkirche versammelten Kindern sowie der Pastor ums Leben.

Nur ein Kommunionkind überlebt das Bombeninferno



Trotz des großen Leids will sich Alfred Herges nicht in den Vordergrund schieben. "Ich war nicht der einzige Überlebende", betont er. Es sei zwar richtig, dass er das einzige Kommunionkind sei, das das Inferno überlebt habe und sein Arm damals amputiert werden musste. Ganz Platten habe bitter gelitten. Aber zum Glück hätten sich wenige Minuten zuvor die meisten Besucher der Sonntags-Christenlehre auf den Heimweg gemacht. Hans Neumann war damals sieben Jahre alt. Seine drei Brüder waren in der Kirche. "Nach dem Angriff lief mein Vater zur Kirche und übersah vor Aufregung und Angst, dass ihm die zwei ältesten Brüder nur leicht verletzt entgegen kamen. Als mein Vater heimkam, hatte er meinen toten Bruder Josef auf dem Arm."

Glück im Unglück hatte der achtjährige Waldemar Hower. Sein Großvater hatte ihm geraten, nicht in die Kirche zu gehen. "Bleib hier, die Flieger fliegen zu viel", hatte der Opa gesagt.

Aber auch Hower spürte mehrere 100 Meter von der Kirche entfernt die Auswirkungen des Angriffs. In der Nähe seines Elternhauses war die Gemeinde-Viehwaage untergebracht. Deren Metallteile wurden mehr als 20 Meter durch die Luft geschleudert. Viele Häuser waren total zerstört. 85 Kinder und Erwachsene waren tot. In einer Familie waren sogar sieben Todesopfer zu beklagen. Ein Kind wurde gar nicht gefunden, ein anderes ein halbes Jahr später. Ein getötetes Kind wurde im Schnee von seinem Vater auf dem Schlitten nach Hause gefahren. Viele Verletzte mussten versorgt werden.

Am Tag der Beerdigung war auf dem Plattener Friedhof erschütterndes Weinen und Wehklagen zu hören. Die Getöteten wurden in einer Reihe Sarg an Sarg beerdigt. Die Gräber sind bis heute erhalten und haben zeitlich uneingeschränktes Ruherecht. Sie halten die Erinnerung an dieses schreckliche Ereignis wach. Das will auch Alfred Herges, der heute in Dreis lebt. Sein Fazit: "Der Mensch hat nichts daraus gelernt. Immer wieder entstehen Kriege und schon wieder müssen deutsche Soldaten kämpfen." Herges hat ein Gedicht verfasst, das im neuen Kreisjahrbuch veröffentlicht ist. Es endet mit dem Vers: "Und wenn ich nach so langer Zeit, denk an damals noch zurück, ist die Spanne auch schon weit, war es erst ein Augenblick''. Extra Der Luftangriff auf Platten Am 28. Januar 1945 löschte ein alliierter Luftangriff mit drei Bombenteppichen das Leben von 85 Menschen aus. Die Kirchturmuhr blieb auf 14.50 Uhr stehen. Viele Kirchgänger, die sich auf dem Nachhauseweg befanden, wurden vom Bombenhagel überrascht und fanden keine Möglichkeit, dem Chaos zu entrinnen. Unter den Toten befanden sich 47 Kinder und 19 Erwachsene aus Platten, zehn deutsche Wehrmachtsangehörige, drei französische und zwei russische Kriegsgefangene sowie vier Durchreisende. Darüber hinaus entstand ein beträchtlicher Schaden. Das Dorf war zu 75 Prozent zerstört. (ger)

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