Ein Abschied auf Raten: Mosel-Musikfestival-Chefs plaudern über ihr Projekt

Bernkastel-Kues · An der Spitze des Mosel Musikfestivals gibt es 2018 einen Wechsel. Hermann Lewen und Tobias Scharfenberger, die das Projekt bis Ende des Jahres gemeinsam leiten, plaudern aus dem Nähkästchen.

 Bis Ende 2017 noch ein Team: Hermann Lewen (links) und Tobias Scharfenberger. TV-Foto/Archiv: Klaus Kimmling

Bis Ende 2017 noch ein Team: Hermann Lewen (links) und Tobias Scharfenberger. TV-Foto/Archiv: Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (g_kultur

Hermann Lewen muss unbedingt ein Buch schreiben! Was er seit dem 4. Januar 1983 erlebt hat, sollte der Nachwelt erhalten bleiben. Zum Beispiel das: "Als ich meinen Dienst bei der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues antrat, sagt der Büroleiter: ,Was Sie hier sollen, weiß ich nicht. Ich habe auch noch kein Büro für Sie, sondern nur eine alte Schreibmaschine'", erzählt Lewen im Kurgastzentrum vor Mitgliedern von Verbandsgemeinderat und Stadtrat.

Er sei damals erst einmal im Gemeinschaftsraum gelandet und dort auf Günter Wagner, heute Kämmerer der VG, gestoßen. "Was machst du hier. Der Kaffee kostet drei Groschen. Wenn du nichts bezahlst, warst du das letzte Mal hier", habe der zu ihm gesagt. Lewen blieb dann doch länger. Er hat das kulturelle Leben in der Region geprägt wie kein anderer, wahrscheinlich hat er es sogar erst eingeführt.

Seit Beginn des Jahres läuft die Abschiedstournee des 64-Jährigen. Sein Nachfolger im Amt als Intendant des Mosel Musikfestivals steht bereits fest. Tobias Scharfenberger (52), in München geboren, in Hamburg und in Trier aufgewachsen, ist an diesem Abend auch da. Beide werden 2017 gemeinsam an der Spitze stehen. "Eine einzigartige Form des Übergangs", sagen sie. Über Lewens musikalische Ambitionen ist so gut wie nichts bekannt. Da ist ihm Scharfenberger voraus. Der hat Gesang studiert und hat als Bariton auf der Bühne gestanden. Der Weg von Hermann Lewen erscheint geradlinig und mit wenig Hindernissen verstellt.

Ob so etwas heute noch möglich ist? Lewen betont, dass er viele Freiheiten hatte. Es sei kein Problem gewesen, einen Teil des Unterhaltungsprogramms für die Kurgäste auf dem Kueser Plateau in ein klassisches Angebot umzuwandeln. Lewen war ursprünglich verpflichtet worden, um ein kulturelles Angebot für die Patienten der Kliniken auf die Beine zu stellen. Für den klassischen Part hätten 1985 rund 30 000 Mark zur Verfügung gestanden. "Gebraucht haben wir 5000", erzählt der Intendant der Veranstaltungsreihe die anfangs Mosel Festwochen hieß und im Zwei-Jahres-Rhythmus über die Bühne ging. Vor der letzten Spielsaison unter seiner Leitung blickt Lewen auf mehr als 1500 Veranstaltungen zurück.

Die Veranstaltungsreihe sei das erste große Festival dieser Art in Deutschland gewesen, erläutert er. Der Name sei ein Türöffner gewesen, um auch Künstler verpflichten zu können, die normalerweise nicht bezahlbar sind. Lewen besaß auch die Gabe, Künstler zu entdecken und sie vor Beginn ihrer großen Karriere an die Mosel zu verpflichten.
Sein Nachfolger ist schon dabei, das Programm für die Folgejahre zusammenzustellen. Vergleiche wie den von den großen Fußstapfen stellt er erst gar nicht an. "Ich trete auch kein schweres Erbe an, sondern ein schönes", betont er.

"Das ist heute keine Verabschiedung", sagt Ulf Hangert, Bürgermeister der VG Bernkastel-Kues. Die wird es natürlich noch geben. Tobias Scharfenberger, mittlerweile Bürger von Bernkastel-Kues, sagt bereits einige Worte, die auch dann zu hören sein werden. "Hermann Lewen hat eine Kulturmarke kreiert. Das ist eine Riesenleistung. Die gesamte Region ist zu einem Klangraum geworden."41 SPIELSTäTTEN UND MEHR ALS 70 KONZERTE

Extra

Die Abschiedssaison von Hermann Lewen beginnt am 8. Juli mit Beethovens Neunter und endet am 3. Oktober mit "Eine feste Burg ist unser Gott". Mehr als 70 Konzerte stehen in dieser Zeit auf dem Programm. 41 Spielstätten zwischen Saarburg und Winningen stehen zur Verfügung. Besonders oft sind Künstler in Kloster Machern, Bernkastel-Kues und in Trier zu Gast. Neu hinzukommen in diesem Jahr Schloss Lieser in Lieser, ein altes Kraftwerk in Traben-Trarbach, das Weingut Maximin Grünhaus in Mertesdorf, eine Kirche in Zell und die Burg Bischofsstein in Hatzenport (Untermosel). Bei Lewens Abschiedstournee liegt das Budget des Mosel Musikfestivals erstmals knapp über der Millionengrenze.

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