Einblicke in die Geschichte Wittlichs

Wittlich · Die Aufzeichnungen eines prominenten Wittlichers werden veröffentlicht. Matthias Josef Mehs war Bürgermeister, hat 1966 die Ehrenbürgerwürde erhalten, gilt als Erfinder der Säubrennerkirmes, - und er hat Tagebuch geführt.

Wittlich. Zur Präsentation der Tagebücher von Matthias Josef Mehs laden die Stadt Wittlich und der Kliomedia-Verlag für Freitag, 17. Juni, um 19 Uhr in die Kultur- und Tagungsstätte Synagoge ein. Nach der Begrüßung hält der Wittlicher Historiker Felix Posnien einen Vortrag über das Thema "Widerstand in den Tagebüchern von Matthias Joseph Mehs". Im Anschluss bittet die Stadt Wittlich zu einem Weinempfang. Der Eintritt ist frei.
Beinahe jeder Wittlicher wusste von den Tagebüchern des Ehrenbürgers. Aber außer der Familie Mehs kannte sie niemand. Nun haben der Schwiegersohn Günter Wein und die Enkelin Franziska Wein die Tagebücher im Kliomedia-Verlag in Trier veröffentlicht. Die Stadtbücherei Wittlich und das Kulturamt der Stadt freuen sich, die beiden Bände mit den Tagebucheinträgen, die Mehs im Zeitraum von November 1929 bis zum September 1946 schrieb, der Öffentlichkeit präsentieren zu können.
Wittlichs Altbürgermeister (1893-1976) war ein akademisch geschulter, lokal- und kunstgeschichtlich engagierter Gastwirt und christlich-konservativer Politiker. Seine politische Tätigkeit fällt in drei ereignisreiche Jahrzehnte deutscher Geschichte: Von 1929 bis 1933 war er Stadtverordneter in Wittlich und Vorsitzender der Zentrumsfraktion im Stadtrat.
Chronist des Zeitgeschehens


Nach 1945 gründete Mehs die CDU in Wittlich, von 1946 bis 1953 war er CDU-Stadtverordneter und ehrenamtlicher Bürgermeister, von 1949 bis 1953 Abgeordneter im ersten deutschen Bundestag. Den Wittlichern hinterließ er nicht nur Kunstwerke an öffentlichen Gebäuden, sondern auch die Säubrennerkirmes, zahlreiche Aufzeichnungen zur Lokalgeschichte und eine umfangreiche Bibliothek. Mehs führte in den Jahren 1929 bis 1946 kein intimes Tagebuch, sondern ein politisches, das Ausdruck und Spiegel seiner intellektuellen und moralischen Statur ist. Seine Aufzeichnungen sind über das individuelle Lebenszeugnis hinaus eine sehr aufschlussreiche Quelle für die allgemeine deutsche Geschichte. Er ist nicht Reporter und Kommentator von lokalen Ereignissen und Entwicklungen, die er bis 1933 als Stadtrat an prominenter Stelle mitgestaltet und verantwortet hat, sondern Chronist eines Zeitgeistes und eines Zeitgeschehens, die außerhalb seiner persönlichen Verantwortung liegen und die er im Wesentlichen ablehnt oder missbilligt.
Mehs hat mit starkem Selbstbewusstsein, tief verwurzelten Überzeugungen und guten Kapazitäten die Zeit des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg im Großen und Ganzen unbeschadet überstanden. Der Reiz der Tagebücher liegt nicht zuletzt darin, dass die Leser einen vielseitigen Einblick in die Mikrogeschichte der Stadt Wittlich und die Makrogeschichte Deutschlands während dreier Jahrzehnte gewinnen können. Vor allem aber vermitteln die Tagebücher anschaulich, wie das Ende der Weimarer Republik, das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg sowie Kriegsende und Neubeginn im Westen Deutschlands erlebt und erfahren wurden. red

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