Fußball und der Duft von Gummi

Heinz Kürten war 33 Jahre Personalchef in Wittlicher Dunlop Werk. Zuletzt war er für 920 Mitarbeiter verantwortlich. Das Reifenwerk ist neben Dr. Oetker wichtigster Arbeitgeber der Stadt. Heinz Kürten blickt im Interview zurück und in die Zukunft. Die Fragen stellte TV-Redakteurin Sonja Sünnen.

 Heinz Kürten mit seinen Lieblingsreifen. TV-Foto: Sonja Sünnen

Heinz Kürten mit seinen Lieblingsreifen. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. (sos) Sie kennen den Betrieb unter englischer, japanischer, amerikanischer Führung. Welche Eigenschaft welcher Nation hat sie womöglich beeindruckt?Heinz Kürten: Jede Nation hat eine eigene Geschäftskultur. Wir gehörten von 1985 bis 1999 zum Sumitomo-Konzern. Besonders beeindruckt war ich von der Lernbereitschaft, dem Respekt vor den Menschen und der Art und Weise, wie die Japaner alle Beschäftigten durchgehend in die Umsetzung von Prozessen einbinden. Eines von vielen Prinzipien war, Projekte nicht bis zu 100 Prozent durchzuplanen, sondern bei 60 bis 70 Prozent zu starten und den Rest durch die Praxis zu regeln. Japaner, so habe ich sie kennen gelernt, sind Langfriststrategen. Sie investieren nur, wenn es sich rechnet, und sie üben dann absolute Kontrolle aus. Amerikanische Unternehmen sind in ihren Entscheidungen hingegen wesentlich schneller, denken und handeln globaler, investieren ausschließlich unter wirtschaftlichen Aspekten und erwarten kurzfristige Rentabilität die strikt kontrolliert wird.Die 1998 erfolgte Umstellung auf die 40-Stunden-Woche war für Sie ein markanter Einschnitt. Welchen Tipp können sie geben, wie solch schwierige Situationen zu meistern sind?Kürten: Mit Tipps halte ich mich gern zurück, weil jede Situation anders ist. Bei uns war es nur möglich, weil wir alle Beteiligten - Management, Betriebsrat, Mitarbeiter und Gewerkschaft - von Beginn an einbezogen haben. Es galt, die Neinsager, die nur Probleme sehen und ständig sagen, was alles nicht geht, mit einzubinden. Wir haben sie zu Beteiligten gemacht. Das war für alle eine riesige Herausforderung. Doch es hat sich gelohnt, wobei der Prozess auch nach Einführung weiterhin argumentativ begleitet werden musste. Die teuren Anlagen werden nun im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb an 350 Tagen im Jahr ausgelastet. So sind wir im internationalen Vergleich innerhalb des Konzerns wettbewerbsfähig geworden und haben die Arbeitsplätze in Wittlich gesichert. Welcher Leitgedanke hat Ihr berufliches Handeln geprägt?Kürten: Einen herausragenden Stellenwert hat für mich immer die Kooperation, wobei ich offen diskutiere, verschiedene Standpunkte einbeziehe, dann klar und konsequent handle. Dadurch wird man berechenbar. Das schätzen die Menschen, wobei sie Spielräume, jedoch auch Grenzen benötigen. Hinzu kommt der Schwerpunkt der Aus- und Weiterbildung. Sie ist für jedes Unternehmen zukunftweisend. Qualifikation ist der Garant, um langfristig wettbewerbsfähig zu sein. Meinem Nachfolger, Dirk Steinsberger, habe ich außerdem mit auf den Weg gegeben, er solle sich die Freiheit im Nein bewahren. Was schätzen Sie an Ihrer neuen Heimat Wittlich besonders?Kürten: Da meine Mutter aus Ürzig stammt, war es kein Problem, sich in der Region wohl zu fühlen. Was ich im Besonderen schätze, sind die hervorragenden Riesling-Moselweine, die gute Küche und die Möglichkeit, in einer Landschaft zu wohnen, wo andere Urlaub machen. Dennoch: Mein Fußballer-Herz schlägt für den FC Bayern München.Ihr persönlicher Reifen-Tipp? Kürten: Es sind hunderttausende von Kilometern, die ich mit unserem hervorragenden Dunlopreifen sicher fahren konnte. Einen besseren Tipp kann ich keinem geben. Der Geruch von Gummi, was bedeutet er Ihnen?Kürten: Ein guter Duft, der nach Technologie und Innovation riecht und ein Bestandteil meines Berufslebens ist.Wenn Sie die Werksuniform ablegen, was werden Sie tun?Kürten: Was ich in Zukunft tun werde: mit Zeit sehr liebevoll und fürsorglich umgehen. Ein Muss gibt es nur noch für lebenserhaltende Dinge, ansonsten tue ich nur das, wozu ich Lust habe.Was war eigentlich Ihr Traumberuf als kleiner Junge? Kürten: Koch; den mir mein Vater sehr eindringlich ausredete, wegen der Arbeitszeiten.Was können die Wittlicher noch von den Bayern lernen? Kürten: Fußball. Heinz Kürten,Zur Person Heinz Kürten, 61 Jahre, gebürtig aus Rosenheim in Bayern, hat eine Ausbildung zum Groß-Außenhandelskaufmann gemacht und BWL studiert. 1972 begann er bei Dunlop in Hanau als Angestellter im Personalwesen. Seit 1974 ist Heinz Kürten Personalchef in Wittlich. Am 14. Dezember war dort sein letzter Arbeitstag. Heinz Kürten ist verheiratet. Er hat eine Tochter, ist großer Bayern-Fan und treibt gerne selbst Sport. Er engagiert sich bei der Industrie- und Handelkammer (IHK), AOK und LAG.

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