Jungbulle im Wittlicher Land seit zwei Monaten auf der Flucht

Esch · Er ist riesig, weiß, abenteuerlustig: Seit dem 30. November 2012 tummelt sich ein Jungbulle lieber in der Natur als im Stall zu stehen. Beim Abladen auf dem Hof von Klaus Müller in Esch (Verbandsgemeinde Wittlich-Land) flüchtete er und versteckte sich. Gefunden ist er längst, aber er steht noch nicht im Stall. Zwei Betäubungsversuche sind gescheitert.

 Da steht er und guckt: Dieser Jungbulle aus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land weigert sich seit zwei Monaten, in seinen Stall zurück zu kehren.

Da steht er und guckt: Dieser Jungbulle aus der Verbandsgemeinde Wittlich-Land weigert sich seit zwei Monaten, in seinen Stall zurück zu kehren.

Foto: Klaus Kimmling

Mildes Klima, ein dickes Fell und allerlei Fressbares vorm Maul: Draußen statt im Stall treibt sich ein Jungbulle der Rasse Charolais rings um Esch herum. Seit einem Monat hat er ein Plätzchen gefunden und muss nicht mehr gesucht werden.

Am 30. November hat er die Gunst der Stunde genutzt, als er in Esch vom Viehhänger abgeladen wurde, um in den Stall seines neuen Besitzers Klaus Müller zu kommen. Der Bulle, der auf einer Weide zwischen Dörbach und Heckenmünster groß geworden ist, büxte aus und ergriff die Flucht: einfangen zwecklos. Der Riese blieb verschwunden. "Der versteckt sich und hat Gras genug, das kennt er von der Weide", sagte Klaus Müller. Zunächst verlor sich die Spur des Tieres. Dabei ist der 350 Kilo schwere weiße Bulle, geboren im April 2012, nicht zu übersehen.

Kurz nach Weihnachten gab es ein Lebenszeichen vom Ausreißer. "Er hat sich in einer Heckendichtung eingenistet. Wir haben ihn gefunden, aber nicht gefangen", sagte Klaus Müller nach Neujahr: Er hatte seinen Ausreißer zwar sonntags, 30. Dezember, gesichtet, als er einen Bach auf Hochwasserschäden kontrolliert hat, aber ans Tier heran kam er nicht: "Ich ging einen Meter vor, er einen Meter zurück. Wenn so ein Tier eine Zeit lang draußen ist, nimmt es Wildverhalten an und wird scheu. Da habe ich ihn erst mal in Ruhe gelassen."

Und dann hatte der Landwirt ein Problem: "Ich muss jemand mit einem Betäubungsgewehr finden. Das ist über die Feiertage gar nicht so einfach, wenn niemand Offizielles zu erreichen ist. Dazu braucht man ja keine Jagdwaffe sondern ein besonderes Gewehr, das eine Art Pfeil mit Betäubungsmittel abschießen kann. Und dafür muss man auch nah ran ans Tier."

Am Dreikönigstag kam dann ein Mann aus Hermeskeil angereist. Er hatte den notwendigen Drei-Tage-Lehrgang für den Umgang mit einem Betäubungsgewehr und sollte das Tier quasi stallreif betäuben. Ging daneben. Der Schütze kam nie nah genug ran, die Aktion wurde abgebrochen.

Am vergangenen Wochenende scheiterte auch Versuch Nummer Zwei. Der Jungbulle blieb tapfer im Gestrüpp und damit geschützt oder er trottete in die Salm, wo es zu gefährlich wäre, ihn zu betäuben: Er könnte ertrinken.

Sein neuer Besitzer setzt auch noch auf Liebe, die durch den Magen geht. Seit Wochen wird das Tier angefüttert. Einen Sack voll alter Brötchen bringt ihm sein Vorbesitzer fast jeden Tag vorbei. Das gefällt dem Tier, doch zum Fressen kommt's nur nachts heraus. "Jagen hat keinen Wert", sagt Klaus Müller jetzt und hofft, dass der sanfte Riese irgendwann nicht mehr schreckhaft schüchtern ist und übers Anfüttern gefangen werden kann.

Erschießen wäre auch eine Alternative, die kommt aber für den Bauern nicht infrage. Er hat Geduld. Und er bittet Schaulustige, nicht nach dem Tier zu suchen und vor allem keine Hunde nach ihm stöbern zu lassen. Die Gefahr: Der Bulle büxt noch mal aus, sucht sich ein neues Versteck, das muss gefunden, das Tier wieder angefüttert werden.

70 bis 80 Bullen verschiedener Rassen stehen bei dem Escher Landwirt für die Mast im Stall. Die Rasse Charolais schätzt er wegen ihres guten Fleisches, als abenteuerliche Freiheitssuchende lernt er sie gerade kennen. Doch bis der Ausreißer geschlachtet wird, kann er - irgendwann - noch reichlich Stallluft schnuppern, Heu und Mais fressen und Kilos zulegen. Bis zu einem Alter von fast zwei Jahren werden die Tiere für die Fleischproduktion gehalten.

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