Körperverletzung trotz Vorstrafe: Jugendschöffengericht Wittlich verurteilt 21-Jährigen zu vier Jahren Haft

Wittlich · Nicht einmal seine bisherigen Strafen hat der Angeklagte abgegolten, als er neue Taten begeht. Darunter Körperverletzung, Betrug und Diebstahl. Doch die Reue, die er vor Gericht zeigt, hilft ihm dieses Mal nicht.

Kaum vorstellbar, dass der kleinlaute junge Mann, der den Tränen nahe scheint und zusammengesackt neben seinem Verteidiger sitzt, eben der ist, der seine heutige Ex-Freundin mehrfach geschlagen und getreten hat, der von einem Bekannten Geld mit Gewalt eingefordert und ihn anschließend daran gehindert hat, Anzeige zu erstatten. Und dass er der ist, der das Vertrauen seines Arbeitgebers ausgenutzt hat, um sich zu bereichern. Doch er bestreitet keinen der vier Anklagepunkte, und die Zeugen wie die Exfreundin bestätigen die Taten. Deshalb ist die große Frage der Verhandlung nicht: Was geschah? Sondern: Was für ein Mensch ist der Angeklagte - kann er überhaupt als schuldfähig gelten und wird er es wieder tun?

Was er getan hat:Der Staatsanwalt Wolfgang Spies liest zu Beginn der Sitzung gleich vier Anklagepunkte vor - sie alle hat das Gericht zu einem Verfahren gebündelt. Der ersten Anklage zufolge zufolge ist der Angeklagte mit einem Freund in das Cusanus-Gymnasium in Wittlich eingebrochen und hat dort 30 Euro, einen Laptop und andere Gegenstände gestohlen. Laut der zweiten Anklage hat er seine Ex-Freundin mehrmals fest geschlagen und getreten. Ein Mal traf er sie dabei am Hals, sie ging zu Boden und bekam keine Luft mehr. Deshalb sitzt ihm heute die junge Frau als Nebenklägerin gegenüber.

Ebenfalls zur zweiten Anklage gehört der Vorwurf, dass der junge Mann einen Bekannten geschlagen und bedroht hat, um 150 Euro zu erhalten, die dieser dessen Ex-Freundin geschuldet haben soll. Laut der dritten Anklage hat der 21-Jährige seinen früheren Arbeitgeber, den Betreiber eines Handyladens, betrogen. Als Angestellter hat er Handys samt Vertrag bestellt und dabei falsche Informationen angegeben. Die Handys wollte er anschließend verkaufen. Die vierte Anklage bezieht sich auf eine Falschaussage vor Gericht, mit der er einen Freund, der Drogen besaß, in einem früheren Verfahren schützen wollte.

Die Einordnung: "Es stimmt", sagt der junge Mann: Alle vier Taten habe er genau so begangen, wie sie der Staatsanwalt geschildert habe. Ihm tue es leid, was er getan habe, sagt er kleinlaut mit gesenktem Kopf - Blickkontakt mit dem Richter meidet er dabei. Ein reumütiger Täter also, der sich gebessert hat? Richter, Staatsanwalt und die psychiatrische Gutachterin haben daran Zweifel. Denn der Angeklagte wurde bereits mehrfach verurteilt - und hat jedes Mal Besserung gelobt. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten und eine von zwei Jahren hat er bereits erhalten - beide wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Was die Expertin sagt: Die beauftragte psychiatrische Gutachterin beschreibt den Angeklagten als einen Menschen, der in der Schule immer respektloser wurde und an einer starken Unruhe leidet. Er wolle immer wieder seine eigene Macht spüren. Doch eine psychische Krankheit, die das Urteil milder ausfallen lassen würde, kann sie nicht eindeutig feststellen. Die Gefahr sei recht hoch, dass der Angeklagte seine Taten wiederhole. Staatsanwalt Spies beantragt, das Jugendstrafrecht anzuwenden und ihn zu einer Haftstrafe von vier Jahren und zehn Monaten zu verurteilen, Verteidiger Jörg Hosp schließt sich dem an.

Die Strafe: Das Jugendschöffengericht Wittlich unter Vorsitz von Richter Josef Thul verurteilt den 21-jährigen Angeklagten zu einer Haftstrafe von vier Jahren, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die sogenannte Strafeinheit von vier Jahren berücksichtigt dabei die aktuellen Anklagepunkte sowie die Strafen, die der Angeklagte noch nicht abgegolten hat. Da der Verurteilte das Urteil annimmt, ist es rechtskräftig.

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