Kreativ mit Pinsel und Rolle: Thalfanger Maler Lothar Gerhard steht auch nach 60 Arbeitsjahren noch täglich im Betrieb

Thalfang · Er hatte schon immer Interesse an der Malerei. Und so ist Lothar Gerhard in Vaters Fußstapfen getreten. Seit 60 Jahren verschönert er Wände mit Putz, Farbe und Tapeten. Vor 50 Jahren erhielt er den Meisterbrief.

 Farben in den richtigen Nuancen zu mischen, hat in Lothar Gerhards Lehrzeit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert. Heute macht das die Maschine in wenigen Minuten. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Farben in den richtigen Nuancen zu mischen, hat in Lothar Gerhards Lehrzeit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert. Heute macht das die Maschine in wenigen Minuten. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Foto: mechi (m_kreis )

Wer den Laden von Farben Gerhard in der Koblenzer Straße in Thalfang betritt, trifft meistens auf Malermeister Lothar Gerhard. Er ist täglich seine acht Stunden im Betrieb. "Manchmal auch länger", sagt er und grinst. Die 74 Jahre sind ihm wirklich nicht anzusehen. Als er im väterlichen Unternehmen anfing, stand das Geschäft noch gar nicht - die Firma zog erst 1959 vom anderen Straßenende Richtung Hauptstraße. Im Anbau von 1985 ist heute der Schauraum für Gardinen und Tapeten.Goldener Meister


Seit 60 Jahren gehört Lothar Gerhard nun schon dazu. "Mir hat es schon immer Spaß gemacht, mit Menschen zu arbeiten, auch im Laden." Dort verkauft er Büro- und Schreibwaren. Und er sei gerne kreativ. "Man lernt als Maler immer etwas hinzu."
Auch wenn, wie er sagt, "wir immer noch viel mit Pinsel und Rolle und weniger mit Maschinen" arbeiten, das Handwerk des Malers und Lackierers hat sich über die Jahrzehnte verändert. "Wie haben anfangs die Farben noch selbst gemacht, es gab nur wenig fertige", sagt Gerhard. So habe er gelernt, Leimfarbe anzurühren. Die Zutaten: Kreide und Lithopone, ein künstliches ungiftiges Weißpigment, werden in Wasser aufgelöst. Nach dem quellen wird die Substanz mit Leim als Bindemittel vermischt. Für bunte Farben wurden Trockenpigmente verwendet. "Für Außenanstriche haben wir meistens Kalk mit Wasser angerührt." Es habe auch keine fertigen Lacke gegeben. "Auch die haben wir selbst hergestellt."

Gerhards haben auch später ihre Farben immer selbst gemischt. Zuerst händisch mit fertigen Farben. Heute erledigt das die Farbmixanlage, in der "Hunderttausende von Farben" hinterlegt sind. "Sie kann auch Farbtöne spektral lesen", sagt Gerhard, "beispielsweise von Ihrem Pullover. Diesen Ton kann sie fast 100-prozentig mischen." Inzwischen gebe es auch Computerprogramme, mit denen man per Foto verschiedenfarbene Anstriche simulieren kann.

"Als ich gelernt habe, haben wir noch die Wände gewalzt", erzählt Gerhard. Dabei wurden Muster - teilweise auch mehrfarbig - mit einer Strukturwalze auf die Wand gerollt. "Und wir haben auch viel schabloniert." Die Schablonen habe er selbst hergestellt und einzeln ausgeschnitten. "Das war Aufwand." Die größte Fläche, an die er sich erinnert, hatte 16 Schläge oder Vorlagenmuster. Heute würde nur noch selten mit Schablonen gearbeitet, meist für Bordüren.
In den 1960er Jahren habe sich dann die Tapete durchgesetzt. "Früher war das aufwändiger als heute", sagt Gerhard, "weil sie noch einen Rand hatten, den wir abschneiden mussten."

Den Betrieb hatte der Vater 1939 in Thalfang eröffnet. "Ich hatte schon immer Interesse an dem Handwerk gehabt." Und so absolvierte er nach seiner Schulzeit die Handelsschule, bevor er 1955 die Malerlehre bei seinem Vater begann. Ein Jahr später setzte er seine Ausbildung in Rheinböllen (Rhein-Hunsrück-Kreis) fort. Direkt danach kehrte er in den familieneigenen Betrieb zurück.

1964 zog es ihn wieder in die weite Welt, nach Heilbronn, wo er ein halbes Jahr die Meisterschule besuchte. Seit 1965 hat Gerhard den Meisterbrief - der nun, nach 50 Jahren, sozusagen golden ist. Allerdings habe er bei der Verleihung der Urkunde im Herbst wegen Krankheit nicht dabei sein können. Kurios: Gerhard war nie Geschäftsinhaber. "Der Betrieb ging 1991 direkt von meinem Vater auf meinen Sohn über." Und doch war er der Boss: "Ich hatte das Sagen."

Als er 1955 anfing, hatte der Vater nur ein umgebautes Auto, "eine Art Pritschenwagen", sagt Gerhard. "Später hatten wir dann einen Kastenwagen." Heute zählt der Betrieb fünf Fahrzeuge, davon einen LKW. Dieser transportiert auch das Gerüst, das bei Arbeiten an Fassaden notwendig ist. Nur bei größeren Gebäuden leiht die Firma Gerüste aus. Denn die Firma verschönerte auch Kasernen etwa in Idar-Oberstein, Birkenfeld und Baumholder. "Wir haben auch viel im Fertighaussektor gearbeitet. Da waren wir viel unterwegs." Mit ein Grund, weshalb erst vor rund zwölf Jahren die erste Frau beschäftigt wurde. "Wir haben viel auf dem Bau gearbeitet, da gab es keine Toiletten." Heute mit den mobilen Klosetts sei das einfacher. Auch würde die Firma inzwischen vermehrt in privaten Häusern anstreichen und verputzen.
Heute hat das Unternehmen zwölf Beschäftigte, davon zwei Auszubildende und zwei Meister. "Ein Lehrling war immer hier", sagt Gerhard. In guten Zeiten beschäftigte der Betrieb bis zu 30 Mitarbeiter. Einer von ihnen war - und ist immer noch - Lothar Gerhard.Extra

Lucky, die Leseratte, hat die Farbe seines Zimmers satt. Ein Tapetenwechsel muss her. Und dafür ist der Maler und Lackierer zuständig. Diese streichen nicht nur Wohnungs- und Hauswände und tapezieren, sondern lackieren auch Fenster oder Möbel. So werden diese vor Wind und Wetter geschützt. Um die Wand gleichmäßig zu streichen, verwenden Maler vor allem Pinsel und Rollen. Vorher spachteln sie Löcher zu. Die Ausbildung zum Maler und Lackierer dauert drei Jahre. Die meiste Zeit verbringen die Auszubildenden im Betrieb. Sie lernen aber auch in der Schule. Nach der Ausbildung kann sich der sogenannte Geselle weiterbilden, zum Beispiel zum Meister oder Techniker. Er kann aber auch an Hochschulen studieren, zum Beispiel Architektur. red

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