Lebensgefährliche Kräuter

Wittlich · Kräutermischungen sind weder legal noch ungefährlich. Trotzdem greifen besonders Jugendliche immer häufiger zu den Drogen, die über das Internet verkauft werden. Die Kriminalpolizei Wittlich warnt: Der Konsum kann sogar tödlich enden.

Wittlich. Als Kräutermischungen, Raumdüfte oder Badesalze werden sie im Internet angeboten. Doch wer sie kauft, kauft sie für den Rausch: "Legal Highs" (sinngemäß: erlaubte Rauschmittel) tauchten erstmals 2008 auf dem Markt auf und haben sich zu einem Trend in der Drogenszene entwickelt - auch in der Region.
"Die Bezeichnung suggeriert, dass der Besitz legal sei", sagt Bernd Rehm, Leiter des Fachkommissariats Rauschgiftdelikte von der Kriminalpolizei Wittlich. "Und viele glauben: Was legal ist, kann nicht schädlich sein." Doch beides ist falsch.
Rehm erinnert sich an einen Fall vom vergangenen November: "Da erlitt ein 33-jähriger Mann aus Wittlich nach dem Konsum von Kräutermischungen einen Herzstillstand und fiel ins Koma. Entgegen allen Erwartungen erwachte er daraus wieder - doch heute ist er ein Pflegefall."
Risiko ist unkalkulierbar


Rehm sagt, im Zuständigkeitsbereich der Kriminalpolizei Wittlich - der erstreckt sich auf den Landkreis Bernkastel-Wittlich, den Landkreis Vulkaneifel, den Eifelkreis Bitburg-Prüm und den Altkreis Zell des Landkreises Cochem-Zell - habe es noch keine Todesfälle gegeben, die auf den Konsum von Kräutermischungen zurückzuführen seien. Die Gefahr, den Rausch mit dem Leben zu bezahlen, bestehe aber. Auswirkungen wie Panikattacken, Kreislaufprobleme oder Bewusstlosigkeit seien keine Seltenheit. Auch die Langzeitwirkungen seien nicht einzuschätzen.
Verantwortlich dafür sind die synthetischen Cannabinoide, mit denen die Kräuter angereichert werden. Die Mischungen werden vom Konsumenten meist geraucht. "Die Wirkung ist wesentlich potenter als das im Cannabis befindliche THC." Das Problem: "Der Konsument weiß nie, welcher Stoff wirklich in der jeweiligen Kräutermischung ist." Das mache die Dosierung problematisch und die Wirkung unvorhersehbar.
Die synthetischen Cannabinoide werden in Deutschland seit 2009 im Betäubungsmittelgesetz nach und nach als verboten aufgeführt. Der Besitz, Erwerb oder der Handel damit ist daher auch strafbar. Doch durch chemische Veränderungen würden, erklärt Rehm, immer neue synthetische Cannabinoide entwickelt. Bei alledem, sagt der Leiter des Fachkommissariats, halten die Drogenproduzenten meist wenig von Hygienevorschriften.
Die Wittlicher Kriminalpolizei arbeitete im vergangenen Jahr an einem Verfahren gegen einen sogenannten Internet-Headshop mit und nahm fünf Tatverdächtige im niederländischen Venlo fest.
Dort fand sie auch die Produktionsstätte, wo "in ein- und demselben Mischer unterschiedliche Stoffe gemischt wurden. Die wechselseitige Wirkung ist beim Konsumenten nicht vorhersehbar." Der Großteil der Kräutermischungen werde zwar immer noch über das Internet vertrieben. "Mittlerweile werden die Drogen aber auch in den eigenen vier Wänden hergestellt und von dort an Kunden verkauft."
In der Region habe es weitere ähnliche, wenn auch nicht ganz so gravierende Fälle wie den des 33-jährigen Mannes aus Wittlich gegeben. Was Rehm am meisten Sorgen macht: Besonders unter Jugendlichen nehme der Konsum deutlich zu.
Extra

416 Rauschgiftdelikte hat die Kripo Wittlich im Jahr 2012 erfasst. Dabei lag die Aufklärungsquote bei 92,6 Prozent. Im Jahr davor waren es 474 Fälle. Die Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor. Ein Herunterbrechen der Statistik auf die von der Kripo abgedeckten Landkreise ist nicht möglich. Die Rauschgiftdelikte, die unter das Betäubungsmittelgesetz (BTM) fallen, umfassen sämtliche Drogen von Cannabis bis Heroin. Wenn neue Drogen, wie die Legal Highs auftauchen, wird das BTM-Gesetz entsprechend erweitert. sosExtra

Der Umgang mit Legal Highs ist illegal und grundsätzlich strafbar, wenn der jeweilige darin enthaltene Wirkstoff bereits in das Betäubungsmittelgesetz aufgenommen worden ist. Enthält eine Kräutermischung ein synthetisches Cannabinoid, das noch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, greifen gegebenenfalls die Strafvorschriften des Arzneimittelgesetzes. Strafbar sind in diesem Fall Herstellung und Verkauf. Weitere Informationen zum Thema gibt es im Internet unter www.betaeubungsmittelrecht.info eib

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