Rekordbesuch im blau-weißen Festzelt

Kartenbestellungen im Frühjahr, ausverkaufte Abende bereits im August: Das Wittlicher Oktoberfestzelt schließt in der Nacht zum Montag nach vier Wochenenden. 50 000 Menschen haben sich dann im 20. Jahr der Veranstaltung auf bayerische Art amüsiert.

Wittlich. "Nach dem Oktoberfest ist vor dem Oktoberfest", sagt Winfried Bungert. Das gilt nicht nur für die Organisatoren des größten Oktoberfests im Land. Auch die Gäste denken im Frühjahr an den Herbst unterm Zelthimmel auf Zeit. Sie wollen Karten. Bevor im 20. Jahr das erste der vier Feierwochenenden begann, waren die meisten Karten weg. Die gestrige Party mit den "Atzen" war seit August ausverkauft. "Das hatten wir noch nie", sagt Winfried Bungert. Ein Grund: Wegen der Neueröffnung des Warenhauses Bungert fiel ein Wochenende weg. Bei gleicher Nachfrage ist dann die Auslastung höher. Aber 2010 wollten fast 5000 Menschen mehr mitfeiern als 2009.

Vereine, Kegelklubs, Betriebe - sie kommen gruppenweise. Das Einzugsgebiet ist mittlerweile überregional. Aus Hamburg oder Frankfurt reist man nicht nach München, sondern nach Wittlich. Eine Gruppe aus Belgien hält das seit 15 Jahren so. "Das ist ein Highlight, auf das sich die Menschen freuen wie auf die Kirmes oder das Weinfest", erklärt Dirk Bölinger von der Firma Bungert.

Dass Betrunkene über die Stränge schlagen, bleibt nicht aus. Angesichts der Gesamtbesucherzahlen ist die Zahl gering. "Das war bislang ein ruhiges Jahr, worüber wir sehr froh sind", sagt Winfried Bungert. "Grundsätzlich ist das ein Oktoberfest. Natürlich trinken die Menschen dort Bier. Die meisten wissen, wann Schluss ist. Wir können nicht verhindern, dass zu viel getrunken wird. Das regeln die Gruppen meist selbst."

Und die Köpfe im Hintergrund: Damit bei der Massenveranstaltung möglichst alles glatt läuft, kooperieren Veranstalter, Security, Ordnungsamt und Polizei. Sie trafen sich auch vergangene Woche, nachdem rund ein Dutzend Körperverletzungen und Klagen über betrunkene aggressive Heranwachsende aktenkundig geworden waren und haben beschlossen, die Kontrollen beim Bierausschank zu verstärken. Dazu wird überlegt, 2011 nur noch Erwachsene ins Zelt zu lassen (der TV berichtete).

Beste Werbung ist die Mundpropaganda



Den Alkohol verbieten will keiner, denn wie Festzelt, Musik, Essen gehört das spezielle Oktoberfestbier, das in 50-Liter-Fässern nach Wittlich transportiert wird, einfach dazu. Und wie viel wird aus den Maßkrügen getrunken? "Vergangenen Samstag waren es über 10 000 Liter", sagt Dirk Bölinger.

Dazu wird deftig gespeist, wobei sich die Familiensonntage mit Frühschoppenkonzert zum Selbstläufer entwickelt haben. "Vergangenen Sonntag kamen 2500 Gäste. Wir hatten über 1000 Mittagessen", sagt Dirk Bölinger. Steigerungen gibt es auch beim Bustransfer nach Trier und erstmals nach Bitburg: Die Nachfrage sei dreimal höher als 2009. Seit dem ersten Oktoberfest auf dem Bungert-Parkplatz, den Umzügen aufs Erdbeerfeld und dann ins Industriegebiet ist die Veranstaltung zu einer Marke geworden wie das Stammhaus Bungert. "Das Beste ist, wenn einer weiter erzählt: ,Das ist toll, da kannst du hingehen!'", erklärt Winfried Bungert eines der Erfolgsrezepte. Zu seinem ersten Festerlebnis sagt er: "Das war in dem Jahr auf dem Parkplatz. Es gab Spanferkel am Spieß. So einen guten Schweinebraten habe ich danach nicht mehr gegessen." Dirk Bölinger war einst mit seiner Patentante auf dem Erdbeerfeld dabei. Heute organisiert er das Spektakel hinter den Kulissen. "Was keiner denkt: Es steckt viel, viel Arbeit in dem Fest. Aber das ist ja etwas, was die Gäste nicht sehen sollen." Die gigantische Illusion im Industriegebiet endet nach Sonntagnacht. Dann dauert es allein zwei Tage, den Zelt-Innenhimmel abzubauen, der in die Reinigung muss. Er wird übrigens nicht gemietet, er gehört der Firma.Bei der Abschlussbesprechung ist dann Thema, was verbessert werden kann, bis der Bungert-Himmel 2011 wieder über den Feiernden hängt. Denn nach dem Fest ist vor dem Fest. Extra Bungert Oktoberfest: 4500 Menschen kann das 100 mal 45 Meter große, alljährlich gemietete Festzelt im Industriegebiet aufnehmen. Der Aufbau dauert drei Wochen, der Abbau rund eineinhalb Wochen. Rund 170 Mitarbeiter von der Thekenkraft über Security, Malteser und Mitglieder des Technischen Hilfswerks (THW) kümmern sich um die Gäste. 260 Bierzeltgarnituren für je zehn Personen stehen im Zelt. 90 Meter insgesamt sind die Getränketheken lang. Die reinen Bierleitungen sind zusammen 350 Meter lang. Jedes Jahr gibt es Neuerungen: Aktuell hat sich das neue Küchenzelt bewährt, auch Kassen und Toiletten wurden umstrukturiert. Jeden Freitag wird die Zufahrtsbeschilderung für Busse und Autos auf- und dann sonntags wieder abgehängt. Über 2500 Haxen, über 3000 Rostbratwürste und rund 12 000 Laugenbrezeln werden unter anderem verzehrt. Wenn die letzten Gäste gegen 1.30 Uhr das Zelt verlassen, dauert das Aufräumen bis gegen 3 Uhr. Fast 50 000 Biergläser werden für die Veranstaltung bereitgehalten. Stammband ist die Gruppe "Aischzeit", die seit 17 Jahren für die Gäste spielt. (sos)

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