Turmrettung erst im neuen Jahr

Trier · Weitaus komplizierter als angenommen gestalten sich die Vorbereitungen zur Rettung des Turms der Gangolfkirche am Hauptmarkt. Der Statik-Sanierung wird laut Fachleuten "ein extrem komplizierter Gerüstbau" vorausgehen, dessen Berechnungen noch nicht abgeschlossen sind. Deshalb verschiebt sich der Start des Großprojekts auf Anfang 2015.

 Die weihnachtliche Hauptmarkt-Idylle bleibt ungetrübt: Das Baugerüst zur Sanierung des Gangolfturms kommt erst 2015. TV-Foto: Roland Morgen

Die weihnachtliche Hauptmarkt-Idylle bleibt ungetrübt: Das Baugerüst zur Sanierung des Gangolfturms kommt erst 2015. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. Der Trierer Hauptmarkt gilt als einer der schönsten Plätze Deutschlands. Renaissance-, Barock- und Klassizismushäuser und die Steipe prägen den Platz. Gekrönt wird das illustre Gebäudeensemble an der Südseite von der Marktkirche St. Gangolf und ihrem markanten Turm. Der sollte, weil statisch instabil geworden, schon seit Wochen Baustelle sein. Doch von Bauarbeiten keine Spur, auch nicht von dem gewaltigen Gerüst, das zur Sanierung nötig ist.
Fans der klassischen Kulisse können erst einmal aufatmen. Die Hauptmarkt-Idylle bleibt in diesem Jahr ungetrübt, was vor allem die Besucher des Weihnachtsmarkts freuen dürfte.
Knifflige örtliche Verhältnisse


Ganz und gar nicht erfreut sind die Verantwortlichen des Sanierungsprojekts, Bistumsarchitekt Josef Eltges (48) und der mit der Planung und Bauleitung beauftragte freie Architekt Karl Feils (47). Grund der getrübten Laune: Das Vorhaben stockt, noch bevor es überhaupt richtig begonnen hat.
Noch niemand in Trier weiß, wie genau das Gerüst konstruiert werden muss - und kann. "Das liegt an den kniffligen örtlichen Verhältnissen", erläutert Eltges. Weil die Gangolfkirche fast vollständig von Häusern umbaut ist, wird das Baugerüst zwangsläufig auch auf Nachbargrundstücken gründen. Doch auch dort sind - wie in den Kirchhöfen - geeignete Aufstellungsflächen Mangelware. Deshalb müssen Kellerabgänge und Grundstücksmauern überbrückt werden. Die schwierigen Verhältnisse spiegeln sich in der Vorbereitung des laut Karl Feils "kompliziertesten Gerüstbaus der vergangenen zehn, 15 Jahre in Trier" wieder: Die Berechnungen des Darmstädter Ingenieurbüros Krebs und Kiefer liegen noch nicht vor. Und ohne Statik keine konkrete Ausschreibung. Dennoch sind Feils und Eltges guter Dinge, dass der Bau der fast 70 Meter hohen Gerüstkonstruktion im Januar oder Februar über die Bühne gehen kann. Und damit den Start der eigentlichen Mission ermöglicht: Der Turm von St. Gangolf, der seine jetzige Gestalt 1507 durch eine von Bürgermeisterwitwe Adelheid von Besselich finanzierte Aufstockung erhielt, bedarf dringend einer statischen Sanierung. Dazu soll auch der stählerne Glockenturm, ein vor gut 80 Jahren eingebauter "Turm im Turm", abgerissen und durch einen klassischen Glockenstuhl aus Holz ersetzt werden und der leicht geneigte Turmhelm einen stabilen Unterbau erhalten. Zudem stehen Steinreparaturen und eine Auffrischung des Außenanstrichs auf dem Programm. Voraussichtliche Bauzeit: rund neun Monate. Wenn alles gut läuft, dürfte das Gangolf-Gerüst bis zur 36. Auflage des Weihnachtsmarkts (23. November bis 22. Dezember 2015) verschwunden sein und das aus Sicherheitsgründen seit 2012 schweigende Geläut endlich wieder erklingen. Unklar ist, ob das Sanierungsprojekt mit den veranschlagten 600 000 Euro (je zur Hälfte von Bistum und Kirchengemeinde aufzubringen) machbar ist oder teurer wird. Bistumsarchitekt Eltges weist auf noch ausstehende Detailuntersuchungen hin: "Wenn wir an den Stellen, an denen wir das Gerüst am Mauerwerk befestigen müssen, mit Kunststoffdübeln arbeiten können, sehe ich kein Problem. Die kosten etwa 15 Cent das Stück. Die Alternative wären chemische Dübel, und die kosten jeweils mehrere Euro." rm.Extra

Eingerüstete historische Gemäuer gehören seit Jahren zum Stadtbild. 2015 wird neben dem Turm von St. Gangolf sich weiterhin die Basilika St. Paulin hinter einer Stahlkonstruktion verbergen. Bis zum Frühsommer soll der Turm fertig saniert sein und in neuer Farbe erstrahlen. Die Gerüstelemente werden dann gleich weiterverwendet für den zweiten Bauabschnitt, die Sanierung des Kirchenschiffs. Die frisch begonnene Sanierung der Kaiserthermen trübt auch dort mit Gerüsten innen und außen die Postkartenidylle bis voraussichtlich 2017. Wenige Meter entfernt wird im kommenden Jahr der dritte und letzte Abschnitt der Palastgarten-Fassade des Kurfürstlichen Palais auf Vordermann gebracht. rm.

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