Pilgerweg Unterwegs im Zeichen der gelben Muschel

Hontheim/Wittlich/Klausen · Eine Teilstrecke des berühmten Jakobsweges führt durch die Eifel, über Wittlich nach Trier. Unser Reporter hat die Wanderstiefel geschnürt und sich auf dem Eifel-Camino umgesehen und umgehört.

 In der Eberhardsklause in Klausen können müde Pilger für wenig Geld eine Nacht in der Pilgerherberge verbringen. In der Nähe ist die Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung, eine wichtige Station des Eifel-Camino. 

In der Eberhardsklause in Klausen können müde Pilger für wenig Geld eine Nacht in der Pilgerherberge verbringen. In der Nähe ist die Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung, eine wichtige Station des Eifel-Camino. 

Foto: TV/Adrian Froschauer

Viele Wege führen nach Santiago de Compostela, einer davon durch die Eifel. Die spanische Stadt ist das Ziel des Jakobsweges, des wahrscheinlich berühmtesten und am am stärksten frequentierten Pilgerweges in Europa (siehe Info). Spätestens seit Hape Kerkelings Reisebericht-Bestseller „Ich bin dann mal weg“ aus dem jahr 2006 ist der Camino de Santiago, wie er auf Spanisch heißt, auch in Deutschland so gut wie jedem ein Begriff.

Doch er ist nicht nur ein einzelner, langer Pfad – ein riesiges, komplexes Netz aus Jakobswegen in ganz Europa führt zum mutmaßlichen Grab des Apostels Jakobus. Und einer dieser Wege führt von Namedy im Landkreis Mayen-Koblenz über Mayen mitten durch den Kreis Bernkastel-Wittlich nach Trier: der sogenannte Eifel-Camino.

Wo genau verläuft der Weg? Woran erkenne ich ihn? Was kann ich entlang des Weges entdecken? Wo kann ich rasten? Sind in der Eifel überhaupt viele Pilger unterwegs? Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden: Ich schnüre selbst die Wanderstiefel und erkunde einen Abschnitt des Eifel-Camino. Ich bin dann mal ... naja, Sie wissen schon.

Von Namedy nach Trier sind es mehr als 100 Kilometer. Da ich keinerlei Erfahrung im Pilgern habe, beschränke ich mich also lieber auf den Abschnitt, der durch den Landkreis Bernkastel-Wittlich führt (siehe Grafik): Meine Tour beginnt in Hontheim an der katholischen Pfarrkirche St. Margaretha. Hier finde ich erste Hinweise auf den Jakobsweg: Überall entlang des Weges, auf Schildern, auf Steinstelen, als Aufkleber an Laternen und Straßenschildern, zeigt die Jakobsmuschel an, wo es langgeht. Sie ist das Pilgerabzeichen der Santiago-Pilger und ist an allen Jakobswegen zu finden, meistens als gelbes Symbol auf blauem Grund.

Ich folge also den Muscheln und befinde mich bald auf dem Weg in Richtung Wispelt. Entlang der B 421 komme ich an grünen Wiesen und vier malerischen Kapellchen vorbei. Außer mir sind viele Wanderer unterwegs, auch Spazier-, Gassi- und Müßiggänger. Aber Pilger? Ein älteres, mit Nordic-Walking-Stöcken und riesigen Rucksäcken bewaffnetes Paar scheint dazu zu gehören. Als ich die beiden anspreche, sind sie aber verwirrt. „Nein, wir pilgern nicht“, sagt die Frau. „Von dem Jakobsweg hier wusste ich gar nichts; ich dachte, den gibt es nur in Frankreich und Spanien.“ Ihr Mann fügt hinzu: „Wir wandern hier eigentlich nur so für uns.“ Als ich die beiden auf die Jakobsmuscheln aufmerksam mache, sagen sie nur: „Na, schau mal einer an!“

Aber es sind auch meistens nicht die Eifeler selbst, die (bewusst) den Eifel-Camino entlang wandern. Die reisen normalerweise aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland an. Das hat mir Alois Meyer im Vorfeld meiner Tour erklärt. Meyer ist Ortsbürgermeister von Klausen, meiner letzten Station. Dort hat die Gemeinde in der Eberhardsklause eine Pilgerherberge eingerichtet. „Wir haben derzeit rund 1300 Übernachtungen im Jahr“, sagt er. „Viele holen sich aber auch einfach nur ihren Stempel ab, das dürften auch nochmal mehr als 1000 Personen im Jahr sein.“

Von denen läuft mir allerdings keiner über den Weg. Weiter geht’s durch den Wald und über Weiden nach Bausendorf. Auch hier, in der Pfarrkirche St. Servatius, können Pilger sich einen Stempel für ihren Pilgerpass abholen. Darauf weist die kleine Jakobsmuschel direkt am Kirchentor hin. Ich mache mich weiter auf den Weg nach Süden in Richtung  49. Während ich den Galgenberg hinauf schnaufe und schwitze, schaut mir eine Schafherde neugierig (und ich könnte schwören auch ein wenig schadenfroh) zu.

So langsam wird es richtig warm. Der Winter ist dann mal weg. Nun beginnt die Pilgersaison, erklärt Alois Meyer: „Die Saison beginnt im Frühjahr mit den ersten Sonnenstrahlen und zieht sich dann über das ganze Jahr bis in den Spätherbst. Die ersten Pilger für dieses Jahr sind schon unterwegs. Vor allem an dem vergangenen sonnigen Wochenende waren es viele.“

Auf dem Weg nach und durch Wittlich komme ich nicht immer an den malerischsten Stellen vorbei. Auf einem Fahrradweg entlang der B 49 rauschen auf der einen Seite Autos, auf der anderen Fahrräder an mir vorbei. Auch eine junge Frau mit großem Hund und noch größerem Rucksack ist hier unterwegs – eine Pilgerin? Nein, auch hier Fehlanzeige. „Wir nutzen heute nur das gute Wetter, um mal eine größere Tour zu machen“, sagt sie. Aber: „Den Pilgerweg kenne ich. Da hängen doch überall in Wittlich diese blauen Sticker.“ Ihren Namen will die Frau nicht verraten, aber ihre Golden-Retriever-Dame heißt Jackie und kriegt sich gar nicht mehr ein vor Aufregung und Freude über einen Menschen, der nicht auf einem Fahrrad sitzt.

Die blauen Sticker mit der gelben Jakobsmuschel kleben entlang des gesamten Weges durch die Stadt an Laternen und Straßenschildern. Mir sind sie vorher noch nie aufgefallen, obwohl ich in Wittlich arbeite.

Auch die Wittlicher Bürger ignorieren die Aufkleber und Pfeile. Ich komme mir fast vor, als würde ich streng geheimen Hinweisen folgen, während ich mich von der Markuskirche zum Pfarrheim und schließlich aus der Stadt zum Lindenhof lotsen lasse.

Nun habe ich noch etwa elf Kilometer vor mir. Mein Ziel: die Wallfahrtskirche „Maria Heimsuchung“ in Klausen. An der Schwarze-Muttergottes-Kapelle und der Heiligkreuz-Kapelle vorbei geht es durch den Wald und zwischen A 1 und Altrich (verdammt nochmal!) wieder über Hügel. Am Wegesrand sitzt ein älterer Mann auf einer Parkbank, als würde er auf irgendetwas warten. Pilgert er vielleicht über den Jakobsweg? „Ach, geh mir weg mit dem Kerkeling!“, schnaubt er auf Nachfrage nur. Ach so, na dann ...

Als ich endlich in Klausen ankomme, begrüßen mich einige Pferde, auf einer Koppel am Wegesrand, indem sie mich anstarren und sofort zum Zaun gelaufen kommen, als ich zurück starre. Irgendwie scheinen Pseudo-Pilger wie ich es den Tieren entlang des Weges angetan zu haben.

In der Eberhardsklause, direkt unterhalb der Wallfahrtskirche, können Pilger sich nicht nur einen weiteren Stempel abholen, sondern eine wohlverdiente Rast einlegen. Ortsbürgermeister Alois Meyer erklärt: „Die Gemeinde hatte im Ortszentrum das leer stehende, ehemals gastronomisch genutzte Gebäude gekauft mit dem Ziel hier ein ‚multifunktionales Dorfzentrum‘ einzurichten.“ Man habe die Zimmer renoviert und zur Pilgerherberge umfunktioniert. Denn: „Das bot sich im Wallfahrtsort Klausen mit den beiden Pilgerwegen Mosel- und Eifel-Camino ja geradezu an.“

An einer Steinstele mit Jakobsmuschel laufen Eifel- und Mosel-Camino zusammen. „Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg“, steht auf der Stele. Der Weg: weiter über Klüsserath und Schweich. Das Ziel: Trier. Das sind aber noch 45 Kilometer. Und ich bin eben doch Reporter und kein Pilger. Ich bin dann mal da. Und bleib dann mal hier.

 „Nur wer sein Ziel kennt findet den Weg“, verkündet diese Steinstele bei Klausen. Hier laufen Eifel- und Mosel-Camino zusammen und führen als ein Weg weiter nach Trier.

„Nur wer sein Ziel kennt findet den Weg“, verkündet diese Steinstele bei Klausen. Hier laufen Eifel- und Mosel-Camino zusammen und führen als ein Weg weiter nach Trier.

Foto: TV/Adrian Froschauer
 Die gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund weist Pilgern auf dem Camino den Weg – wie hier am Pariser Platz in Wittlich.

Die gelbe Jakobsmuschel auf blauem Grund weist Pilgern auf dem Camino den Weg – wie hier am Pariser Platz in Wittlich.

Foto: TV/Adrian Froschauer
 Hier geht‘s lang! Gelbe Muscheln auf blauem Grund, wie hier bei Klausen, weisen den Pilgern den (Jakobs-)Weg.

Hier geht‘s lang! Gelbe Muscheln auf blauem Grund, wie hier bei Klausen, weisen den Pilgern den (Jakobs-)Weg.

Foto: TV/Adrian Froschauer
 Der Weg  führt an der Schwarze-Muttergottes-Kapelle bei Wittlich vorbei.

Der Weg  führt an der Schwarze-Muttergottes-Kapelle bei Wittlich vorbei.

Foto: TV/Adrian Froschauer

Weitere Informationen zum Eifel-Camino gibt es im Internet: www.eifelcamino.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort