Verkehr in der Innenstadt „Seit 1994 ist die Innenstadt kaputt“

Wittlich · Zur Belebung des Wittlicher Zentrums fordert Stadtrat Bernhard Kossendey die Verkehrsführung der 1990er-Jahre zurück – nicht alle Händler sind seiner Meinung.

 Die obere Burgstraße in Wittlich dürfen seit vielen Jahren nur noch Fußgänger passieren: Dort will die FWG-Stadtratsfraktion gerne wieder Autos in die Wittlicher Innenstadt durchfahren lassen, damit mehr Kunden in die Stadt kommen.

Die obere Burgstraße in Wittlich dürfen seit vielen Jahren nur noch Fußgänger passieren: Dort will die FWG-Stadtratsfraktion gerne wieder Autos in die Wittlicher Innenstadt durchfahren lassen, damit mehr Kunden in die Stadt kommen.

Foto: Christian Moeris

Früher war alles besser: Da blühte der Einzelhandel in Wittlichs Innenstadt noch – wie auch in unzähligen anderen Kleinstädten der Republik. In den guten alten Zeiten, als noch jedermann seine Besorgungen bei den Einzelhändlern in der Innenstadt statt bei Amazon, Ebay und Co. erledigte, war Ladensterben noch ein Fremdwort.

Doch nach Ansicht der FWG-Fraktion im Wittlicher Stadtrat soll die gesunkene Kundenfrequenz in der Innenstadt  nicht nur im  Onlinehandel, sondern zu großen Teilen auch in der 1994 geänderten Verkehrsführung gründen. „Seitdem ging es mit der Kundenfrequenz bergab“, sagt FWG-Mitglied Bernhard Kossendey.

Obwohl seine Partei zuletzt vor vier Jahren im Wittlicher Stadtrat mit einem Antrag gescheitert ist, die obere Burgstraße wieder für den Verkehr freizugeben, wird der Schlüsseldienstler aus der Schlossstraße nicht müde, die bestehende Verkehrsführung in der Innenstadt anzuprangern. „Die Politik will den Verkehr aus der Innenstadt heraus halten. Wenn sich daran nichts ändert, werde ich das auch in zehn Jahren noch kritisieren“, sagt Kossendey.

Wer ihm das nicht abnimmt, hätte ihn auf einer der jüngsten Stadtratssitzungen erleben sollen, als er zum Thema Verkehrsführung hochging wie eine Rakete und den Ratsmitgliedern nochmal in aller Deutlichkeit seine Position darlegte. Diese geht allerdings weit über die Forderungen seiner Fraktion hinaus.

Denn Kossendey wünscht sich mehr als nur die Öffnung der oberen Burgstraße für den Auto- und Lieferverkehr sowie die Neustraße in beide Fahrtrichtungen für den Verkehr freizugeben. Er will verkehrsführungstechnisch zurück ins Jahr 1993, denn mit der Änderung der Verkehrsführung im Jahr 1994 habe man die Innenstadt kaputtgemacht, sagt Kossendey. „Man soll vom Türmchen durch die obere Burgstraße, die Neustraße, über Marktplatz, Pariser Platz und Karrstraße wieder im Kreis fahren dürfen. So wie es früher einmal war.“ Das sei notwendig, sagt Kossendey, weil es den Onlinehandel gebe und es den Kunden deshalb so einfach wie möglich gemacht werden müsse, in der Innenstadt einzukaufen.“

Von den großen Parkplätzen am Viehmarkt oder Rommelsbach sei der Weg in die Stadt zu weit, um mal eben einen Kaffee zu trinken, sagt Kossendey. Zudem sei es wichtig, dass man wieder überall, wie auch auf dem Marktplatz, kostenfrei parken dürfe. Doch was halten die anderen Händler von Kossendeys Visionen und der Forderung der FWG? Was sagt man im Rathaus dazu? Der TV hat nachgefragt.

Burgstraße: Bis auf den Betten- und Matratzenhändler Claus Kranz kann sich in der oberen Burgstraße niemand vorstellen, den Verkehr dort wieder fließen zu lassen. Kranz: „Ohne Öffnung bleibt die Innenstadt so tot, wie sie ist.“ Die anderen Händler sehen das anders. Ingrid Weber, Inhaberin der Blumenhandlung Schneiders, sagt: „Wenn ich keine Ware mehr nach draußen vor die Türe stellen kann, weil dort Autos fahren, wäre das geschäftsschädigend.“

So sieht es auch Elke Schultes, Inhaberin des Supermarktes Nah und Gut:  „Viele Leute kommen von draußen herein, weil ich dort Ware  präsentieren kann. Wenn da wieder Autos fahren, wäre das nicht mehr machbar“, sagt Schultes. Die Forderung der FWG könne sie daher nicht nachvollziehen.

Neustraße: In der Neustraße, die man einseitig hinab bis über den Marktplatz befahren und in der man eine halbe Stunde frei parken darf, ist man zu den FWG-Plänen geteilter Meinung.  „Die obere Burgstraße zu öffnen ist sinnvoll. Die Neustraße beidseitig befahrbar zu machen weniger, weil dann die Parkplätze wegfallen“, sagt Birgit Gelbe, Inhaberin des Sportfachgeschäftes Schmitz.

Carmen Metzen, Inhaberin des Reisebüros, sagt: „Die Neustraße wird von der Stadt wie ein Waisenkind behandelt. Man sollte sie entweder verschönern, damit sie als Fußgängerzone attraktiv wird, oder man gestaltet sie optisch gänzlich zur Verkehrsstraße um.“

Viele Leute würden es vermeiden, dort durchzufahren, sagt Metzen, weil sie die undurchsichtige Situation in der verkehrsberuhigten Spielstraße überfordere.

 In den Straßen der Wittlicher Innenstadt will die FWG-Fraktion mehr Autos, die Kunden transportieren, sehen.

In den Straßen der Wittlicher Innenstadt will die FWG-Fraktion mehr Autos, die Kunden transportieren, sehen.

Foto: Christian Moeris

Stadtverwaltung:  „Wir teilen die Meinung Kossendeys, die Kundenfrequenz sei wegen der Änderung der Verkehrsführung gesunken, nicht“, sagt Rainer Stöckicht, Pressesprecher der Stadt Wittlich. Die Kundenfrequenz sei einzig wegen des geänderten Kaufverhaltens der Kunden gesunken, die einen Teil ihrer Einkäufe online erledigen würden. Darüber hinaus wäre es für die Fußgänger und Radfahrer gefährlich, erklärt Stöckicht, die obere Burgstraße und die Neustraße in beide Richtungen für Autofahrer zu öffnen.

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