Verwaltung verschluckt sich an Schulmilch

Lieferanten, die ihre Milch günstig in Schulen und Kindergärten verkaufen, erhalten einen Zuschuss von der Europäischen Union. Seit 1. Januar müsste die Kreisverwaltung deren Beihilfeanträge bearbeiten. Bei kreisweit drei Betrieben geht es um etwa 300 Euro im Monat - trotzdem ist die Verwaltung bisher nicht in der Lage, die Anträge zu bearbeiten.

 Das Wittlicher Peter-Wust-Gymnasium erhält bisher keine geförderte Milch: Alessa, Laura, Andre, Fiona und Lisa genießen dennoch ihren Kakao. TV-Foto: Klaus Kimmling

Das Wittlicher Peter-Wust-Gymnasium erhält bisher keine geförderte Milch: Alessa, Laura, Andre, Fiona und Lisa genießen dennoch ihren Kakao. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bernkastel-Wittlich. Gesunde Ernährung für den Nachwuchs: Mit diesem Ziel fördert die Europäische Union (EU) den Verkauf von Milch an Schulen und Kindergärten mit 75 Millionen Euro im Jahr. Niedrige Preise sollen die Kinder animieren, mehr Gesundes zu trinken.

In Rheinland-Pfalz erhalten 13 Lieferanten einen EU-Zuschuss für die verbilligte Abgabe von Milch an Schulen, Kitas und Kindergärten. Betriebe aus dem Landkreis Bernkastel-Wittlich sind zwar nicht dabei, allerdings werden dort 18 Einrichtungen beliefert.

Drei Anbieter haben dafür im November 2010 insgesamt 300 Euro Beihilfe erhalten. Ihre Zuschüsse mussten sie bisher bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier beantragen. Seit 1. Januar sind, wie bereits seit September bekannt, die Kreisverwaltungen zuständig. Dort müssen Molkereien, Lebensmittelhändler und Frischdienste ihre Beihilfe monatlich beantragen - wenn sie Einrichtungen im Kreis beliefern. Vorher erhalten sie eine einmalige Zulassung und einen Berechtigungsschein für je ein Schuljahr.

Bezuschusst werden Milch, Kakao, Milch mit Fruchtsaft, Käse und Joghurt - mit 18,15 Cent pro Kilogramm Milch. In der Region erhalten die Firmen Heiko - Rollende Lebensmittelmärkte (Neuendorf, Eifelkreis Bitburg-Prüm), Eifel-Lebensmittel (Trier-Ehrang) und St. Hildegardishaus gGmbH (Ulmen) Beihilfe.

Doch die Verwaltung übernimmt ihre neue Aufgabe bisher nur auf dem Papier. Laut Kreis-Pressesprecher Manuel Follmann ist sie nicht ausreichend vorbereitet. Bei der ADD hatte sich zuletzt ein Mitarbeiter in 60 Prozent seiner Arbeitszeit mit der Schulmilch befasst. Jetzt müssten die Akten auf 36 Behörden im Land verteilt werden, erläutert Follmann. Dies sei noch nicht geschehen. Zudem habe es zwar Veranstaltungen mit der ADD gegeben, die Information der Mitarbeiter sei jedoch "noch nicht abschließend erfolgt". Beihilfeanträge vom Januar sollen im Februar bearbeitet werden.

Die ADD bestätigt, dass die Beihilfe-Akten zum Teil noch nicht übergeben sind. Das liege daran, dass die Anträge bisher nicht nach Landkreisen sortiert waren, sagt ADD-Sprecherin Miriam Lange. Dies müsse man nun pro Lieferant "aufdröseln". Neue Anträge könnten auch ohne Aktenkenntnis abgewickelt werden, das Verfahren sei standardisiert. Die ADD habe alle Kreise im November informiert, bei Fragen stünden die Mitarbeiter weiterhin bereit.

Die Schulmilch-Beihilfe scheint nicht nur der Kreisverwaltung, sondern auch potenziellen Nutzern bisher wenig bekannt zu sein. Kantinenbewirtschafter Klaus Rosen hat "noch nie davon gehört". Seit vier Monaten verkauft er im Kiosk des Peter-Wust-Gymnasiums in Wittlich-Wengerohr Milch und Kakao für 80 Cent. Interesse an Zuschüssen hätte er - zumal er vielleicht bald 2000 Schüler an Cusanus-Gymnasium und Realschule plus mit Essen versorgen darf. "Dort könnten wir auch Käse und Joghurt günstig anbieten."

Die Grundschule Morbach erhält seit vier Jahren geförderte Milch. "Es war Zufall, dass uns eine andere Schule davon berichtet hat", sagt Ilka Mettler, Vorsitzende des Fördervereins. Für die Kinder sei der Verkauf "etwas sehr Gutes". Viele brächten heute gar kein Frühstück mehr mit. Die Schule verkauft ihnen 0,25 Liter Milch, Kakao oder Bananenmilch für 35 Cent - mit Erfolg: "Die gekühlte Milch wird sehr gut angenommen, besonders im Sommer."

Auskunft zur Schulmilch gibt die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, Fachbereich für Landwirtschaft und Weinbau.

Hintergrund

Empfänger verbilligter Schulmilch im Kreis: Laut Unterlagen der ADD Trier erhalten derzeit 18 Einrichtungen geförderte Schulmilch: Kindergarten Morbach, Grundschule Morbach, Integrierte Gesamtschule Morbach, die Kindergärten Bischofsdhron, Weiperath, Hundheim, Morscheid, Gonzerath und Merscheid, Grundschule Haag/Merscheid, Grundschule Malborn, katholischer Kindergarten Gondershausen, Kindertagesstätte Arche Noah Thalfang, Kindergarten Regenbogen Thalfang, Grundschule Enkirch, Realschule plus Traben-Trarbach, Kindergarten Traben und Bildungs- und Pflegeheim Maria Grünewald in Wittlich. (cweb)

Meinung

Verwaltung im Schneckentempo

Die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich hat seit fünf Monaten gewusst, dass sie ab 1. Januar die Schulmilch-Beihilfe betreuen soll. Jetzt ist es soweit, und man fühlt sich nicht vorbereitet. Das ist nicht nachvollziehbar. Zumal bei der ADD Trier nur ein Mitarbeiter die Anträge aus ganz Rheinland-Pfalz betreut hat. Die Kreisverwaltung ist nach eigenen Angaben nicht ausreichend informiert. Dabei ist der Aufwand wirklich überschaubar: Es geht um Anträge von nur drei Betrieben. Und um lächerliche 300 Euro. Verwaltungsmühlen mahlen selten schnell, aber der Kreis legt ein wahres Schneckentempo hin. c.weber@volksfreund.de

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