Was blüht denn da - und wo?

Trier · Mehr als vier Jahrzehnte lang haben Hobbybotaniker und Biologen die Region durchstreift, um akribisch die Standorte von Blumen und Farnen festzuhalten. Jetzt ist das Mammutwerk erschienen: Die "Flora der Region Trier" wird heute im Lesesaal der Trierer Stadtbibliothek vorgestellt.

 Mitautor Hans Reichert ist jahrzehntelang durch die Wiesen, Wälder und Auen der Region gestreift, um Blumen und Farne zu kartieren.

Mitautor Hans Reichert ist jahrzehntelang durch die Wiesen, Wälder und Auen der Region gestreift, um Blumen und Farne zu kartieren.

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Trier. Zierliche Fetthenne, rauhaarige Platterbse, falsche Hundsrose, Stinkgänsefuß: Nein, das ist keine Aufzählung der teilnehmenden Gruppen am Trie rer Rosenmontagszug - es sei denn, die Karnevalisten entschließen sich für das Motto "Blumen aus der Gegend". In diesem Falle könnte die "Flora der Region Trier" allerdings noch mehr als 2100 weitere Kostümideen liefern. Das zweibändige Nachschlagewerk über alle Blumen und Farne, die in den Tälern von Mosel, Saar und Sauer und in den Wäldern, Wiesen und Auen von Eifel, Hunsrück und Hochwald wachsen, ist im Trierer Michael Weyand Verlag erschienen.
Das Werk ist Ergebnis jahrzehntelanger akribischer Fleiß- und Expertenarbeit. Dutzende Hobbybotaniker haben dafür in den vergangenen 40 Jahren die Region durchstreift. Dabei ging es nicht nur darum, die gefundenen Gewächse und ihre Unterarten zu bestimmen, sondern in erster Linie deren Standorte auf topographischen Karten festzuhalten.
Die Bücher liefern allerdings nicht nur detailliert Auskunft, welche Blumen und Farne in der Region wo zu finden sind. Sie vergleichen das Vorkommen auch mit Daten seit dem 19. Jahrhundert.
So hatte der Trierer Multi-Gelehrte Heinrich Rossbach seine "Flora von Trier" 1880 vorgelegt - auch auf diese Aufzeichnungen greift die neue Flora zurück und weist so Veränderungen nach. Während beispielsweise der Keulen Bärlapp bis zu den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts noch "hinter dem Marcusberg" wuchs, fehlt diese Ortsangabe im festgestellten Verbreitungsgebiet nach 1980.
Die liebevoll und sorgfältig gestalteten Bände wirken durch die Ortsangaben leicht anachronistisch: Als die Autoren und Mitarbeiter in den 1970ern mit der Arbeit zu dem Buch begannen, gab es allerdings noch keine handelsüblichen GPS-Geräte, mit denen Geo-Daten per Knopfdruck festgehalten werden können. Die Mitarbeiter behalfen sich mit Raster-Gittern, die über topographische Landkarten gelegt wurden. Die Daten der Gitter sind mit Verweis auf die entsprechenden Karten als Fundstellen im Buch hinterlegt.
Die Bücher sind aber ohnehin weit mehr als eine bloße Bestand- und Standortauflistung: Die geologischen Besonderheiten der Region vom Saartal bis in die hohe Eifel, von der Sauer bis in den Hunsrück, werden im ersten Kapitel verständlich und zusammenfassend beschrieben.
Das Kapitel "Erforschung" liefert Kurzbiografien von Dutzenden Hobbybotanikern und Biologen, die in den letzten Jahrhunderten in der Region tätig waren. Zum Beispiel Peter Josef Busch (1871 bis 1957), in Veldenz an der Mosel geboren, Sportlehrer am Trierer Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, der bei seinen Wanderungen bis ins hohe Alter seine botanischen Entdeckungen notierte und sich insbesondere für den Schutz der Eifelmaare einsetzte. Oder der Bitburger Peter Göbel (1923 bis 2012), der ab 1948 für 39 Jahre die Försterei von Ernzen leitete und als Experte für die wilden Orchideen der Südeifel galt.
Insbesondere durch diese Begleitkapitel ist die "Flora der Region Trier" auch für interessierte Laien ein spannendes Werk zum Durchblättern und Schmökern.
Die Finanzierung der Druckausgabe war allerdings nicht einfach. Zumal gutes Papier verwendet wurde, die insgesamt 1636 Seiten der beiden Bücher hochwertig gebunden sind und 2000 Abbildungen enthalten. "Aber es haben sich viele Sponsoren gefunden", freut sich Verleger Michael Weyand. 200 Doppelbände seien schon vor dem eigentlichen Druck verkauft worden. "Nicht nur in die Region, auch in die Niederlande, nach Frankreich und Luxemburg", sagt Weyand. woc
"Flora der Region Trier", 1636 Seiten in zwei Bänden, über 2000 farbige Abbildungen, 17 mal 23 Zentimeter, Hardcover, Verlag Michael Weyand, ISBN 978-3-942 429-29.0, 79,95 Euro.
Extra

Die "Flora der Region Trier" wird am heutigen Dienstag, 17. Januar, 18 Uhr, im Lesesaal der Stadtbibliothek in der Weberbach öffentlich vorgestellt. Der gebürtige Trierer Dr. Ralf Hand, Biologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter des botanischen Museums Berlin-Dahlem, stellt die Flora vor. Mitautor Dr. Hans Reichert, pensionierter Lehrer des Gymnasiums Hermeskeil, hält dabei einen Vortrag mit dem Titel "Vom Kräuterbuch bis zum modernen Florenwerk - kurze Historie vom 16. Jahrhundert bis heute". woc

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