"Was sagen Sie dazu?" Stadt fragt Bürger zum Thema Kultur

Wohin kann Wittlichs Weg als Kulturstadt führen? Darüber diskutierten 80 Interessierte. Zu Wort kam jeder, denn statt eines Podiums nebst Publikum gab es acht Tische, an denen über vier Themenschwerpunkte in Gruppen gesprochen wurde. Ein Wunsch vieler: Die Vielfalt des kulturellen Angebots sollte gebündelt und besser kommuniziert werden.

 Gemeinsam geht's besser: Alle geben Tipps, einer schreibt mit, dann geht es zum nächsten Tisch und Thema. TV-Foto: Sonja Sünnen

Gemeinsam geht's besser: Alle geben Tipps, einer schreibt mit, dann geht es zum nächsten Tisch und Thema. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. Was passiert, wenn man offiziell in die Synagoge einlädt, um in Wittlich nach einer gewissen Erholungspause über das Thema Kultur zu reden? Es kommen 80 gut gelaunte, freundliche Damen und Herren: Künstler, Vereinsvorstände, Sänger, Erzieher, Bibliothekare, Musiker, Pädagogen, Schauspieler, Architekten, Autoren, Galeristen, Fotografen, Beamte, Veranstalter und so weiter und so fort: Eine gemischte Gruppe, die sich in dieser Form noch nie getroffen hat und sich offensichtlich freut, sich gegenseitig kennenzulernen.

"Das ist ein Quantensprung"



"Dass so viele da sind. Boah, ey!", sagt eine Frau und lacht. Der Mann, der ihr gegenüber steht, sagt: "Ich habe neue Wittlicher kennengelernt. Wir kennen uns ja untereinander kaum. Hier macht ja sonst jeder sein eigenes Ding." "Das wäre vor zwei Jahren nicht möglich gewesen. Das ist schon ein Quantensprung", sagt ein anderer. "Kommunikation ist doch das Allerwichtigste. Und der Abend ist schön wittlicherisch", ist ein weiterer Kommentar.

Einer, den viele kennen, der Intendant des Mosel Musikfestivals, Hermann Lewen, sagt: "Es ist beachtlich, wie viele unterschiedliche Leute sich überhaupt freiwillig mit Kultur befassen. Das Interesse scheint ja sehr groß zu sein. Es gibt sehr viel hier, aber man muss den ein oder anderen Edelstein mehr schleifen, damit Wittlich eine eigene Identität bekommt." Denn das, was eine Marke ausmacht, daran wird man in Wittlich noch arbeiten müssen im Hinblick auf ein Profil als "Kulturstadt".

Vielleicht schon zu viel Vielfalt



Die ersten Hausaufgaben kann Bürgermeister Joachim Rodenkirch nach der über zweieinhalbstündigen Veranstaltung mitnehmen. Er hält sich während der an acht Tischen im 15-minütigen Wechsel geführten Gespräche im Hintergrund. Und er freut sich, dass die Einladung beim in Wittlich in der Vergangenheit eher spaltenden Thema Kultur eins erreicht hat: Eine Art "Wir-Gefühl" scheint wieder da zu sein.

Dass das große Wir noch aus vielen Ichs besteht, weiß er auch: "Die riesige Vielfalt des kulturellen Angebots der Kleinstadt ist vielleicht schon zu viel der Vielfalt", sagt er in seinem Schlusswort, und weiter: "Jetzt ist der erste Impuls gesetzt. Vieles findet statt, aber vieles wird nicht wirklich wahrgenommen. Deshalb müssen wir an der Wahrnehmung arbeiten."

Wie das gehen kann, dazu gibt es Vorschläge: Eine bessere Vernetzung und Präsentation der Angebote als interaktiver Onlinekalender oder Broschüre, als überschaubarer Kulturkalender - auch speziell für Kinder und Jugendliche, die Nutzung von Internet-Plattformen wie facebook, eine informative Übersicht über Veranstaltungsorte und -räume, eine verstärkte Nutzung von Marktplatz und Stadtpark als Veranstaltungsorte - das sind unter anderem Zwischenergebnisse.

Gelobt werden Haus der Jugend und Stadtbücherei, die Aktion "Kunst an Hecken und Zäunen", das Openair-Kino, das starke Angebot im musikalischen Bereich sowie die Arbeit der Vereine. Bemängelt wird das fehlende Kino und ein fehlender, verdunkelbarer Ort für Theaterprojekte.

Kurz: Viele Ideen kommen zusammen. Offen bleibt dabei, was Wittlichs Alleinstellungsmerkmal sein kann, um das kulturelle Profil insbesondere für die Außendarstellung zu werden. Man will "zum Leuchtturm, aber nicht zum Elfenbeinturm" werden.

Der mit dem offenen Forum gebotene Einstieg auf dem Weg dahin wird durchweg gelobt. Am Tag danach kommentiert eine Teilnehmerin den Abend wie folgt: "Ich bin noch ganz beflügelt. Tut gut, wenn man das Gefühl hat, von Politikern wahrgenommen zu werden mit seiner Meinung. Mal gucken, was sie aus dem ganzen Ideenpool nun machen."

Zunächst will die Stadt noch weitersammeln: Auf ihrer Internetseite will sie dafür eine Möglichkeit schaffen. Und am Dienstagabend wird noch inoffiziell viel geredet: bei einem Glas Wein, ganz "wittlicherisch". sos

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