Wenn der Gerichtsvollzieher klingelt

Wittlich · Der Gerichtsvollzieher steht auf der Beliebtheitsskala der Bürger sicher nicht weit oben. Klingelt er an der Tür, muss man sich möglicherweise von einem liebgewonnenen Wertgegenstand trennen. Im Amtsgerichtsbezirk Wittlich verrichten zwei Beamte diesen Job. Einer von ihnen ist Mario Lux.

 Gerichtsvollzieher Mario Lux klebt ein Pfandsiegel (Kuckuck) auf einen BMW. TV-Foto: Winfried Simon

Gerichtsvollzieher Mario Lux klebt ein Pfandsiegel (Kuckuck) auf einen BMW. TV-Foto: Winfried Simon

Wittlich. Mario Lux ist Gerichtsvollzieher. Sein Auftrag: Vollstreckung. Als verlängerter Arm der Gläubiger treibt er die Schulden anderer Leute ein. Wenn der 39-Jährige zu einem "Kunden" fährt, hat er stets ein kleines Täschchen dabei. In ihm befinden sich kleine aufklebbare Siegelmarken, im Volksmund auch Kuckuck genannt (siehe Extra). Ein solches Pfandsiegel klebt er auf Wertgegenstände, die so sperrig sind, dass er sie nicht gleich in seinem Fahrzeug verstauen kann.
Auf Möbel, Autos, Fernsehgeräte, Schmuck oder ganze Briefmarkensammlungen kann er das Siegel kleben, damit ein Gläubiger an sein Geld kommt. Der Kuckuck kommt heutzutage aber nicht mehr so oft zum Einsatz, wie in früheren Jahren, berichtet Lux. In vielen Fällen würden die Schuldner das zu zahlende Geld in Raten abstottern. Hinzu kommt, dass eine Wohnung nicht einfach so leergepfändet werden kann. Das Gesetz billigt jedermann ein Existenzminimum zu. Es dürfen beispielsweise keine Sachen, "die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienen", gepfändet werden. Außerdem sind in vielen Fällen die Gegenstände einfach nicht wertvoll genug, um sie zu Geld zu machen. "Ein zehn Jahre altes Fernsehgerät einzukassieren macht keinen Sinn", sagt Lux, "das bringt kaum was." Die gepfändeten Gegenstände - sperrige Güter holt eine vom Amtsgericht beauftragte Spedition ab - werden, je nachdem wie viel anfällt, ein- oder zweimal im Jahr versteigert. Dann kommen hauptsächlich Autos und Mobiliar unter den Hammer. Und wenn der Schuldner dem Gerichtsvollzieher die Tür vor der Nase zuschlägt ? "Das kommt sehr selten vor", sagt Lux, "In 100 Fällen vielleicht einmal." Dann zückt er einen vorbereiteten Durchsuchungsbeschluss. Im schlimmsten Fall muss die Polizei ihm helfen. Das kommt schon mal bei Mietzinsforderungen vor - bei Menschen, die monatelang ihre Miete nicht zahlen und nach mehrfacher gerichtlicher Aufforderung sich immer noch weigern, die Wohnung zu räumen.
Frust haben die Schuldner immer, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht, sagt Lux. Er bekommt auch das ein oder andere zu hören. "Die schimpfen, aber fast nie über mich, sondern über den Gläubiger." Tätlich angegriffen wurde der kräftige Mann, der den Job seit 1999 macht, noch nie. Nur einmal sei es bei einer Zwangsräumung zu einer kleinen Rangelei gekommen. Lux weiß, dass es auch Härtefälle gibt. Gelegentlich erlebt er Situationen, in denen er mit den Betroffenen Mitleid empfindet und auf dem Nachhauseweg ins Grübeln kommt. Doch in seinem Beruf müsse man eine "professionelle Distanz" haben, erklärt er. Schließlich müsse man auch an den Gläubiger denken, dem das geforderte Geld zustehe.Extra

Der Gerichtsvollzieher setzt Geldforderungen des Gläubigers gegen den Schuldner durch. Er kann Vermögensgegenstände, zum Beispiel Möbel, Fahrzeuge oder Schmuck beschlagnahmen (pfänden). Nach einer erfolglosen Pfändung kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die eidesstattliche Versicherung (Offenbarungseid) abnehmen. Dabei muss der Schuldner ein Verzeichnis seines Vermögens vorlegen und die Richtigkeit an Eides statt versichern. Die Gläubiger erhalten durch dieses Verzeichnis Kenntnis über die aktuelle Vermögenssituation ihres Schuldners und somit auch Aufschluss über eventuelle Pfändungsmöglichkeiten. Auch kann ein Gerichtsvollzieher eine Wohnung zwangsweise räumen und Dokumente amtlich zustellen. Ferner kann er mit dem Schuldner auch einen Ratenplan aufstellen und die Ratenzahlungen überwachen. Früher kennzeichnete der Gerichtsvollzieher beschlagnahmte Gegenstände, indem er ein Pfandsiegel mit aufgedrucktem Staatssiegel (in Preußen: Adler), den sogenannten "Kuckuck", aufklebte. Diese Pfandmarken sind auch heute noch gebräuchlich, tragen aber nicht mehr das Staatssiegel, sondern nur noch die Bezeichnung "Pfandsiegel" und den Namen des Amtsgerichts, dem der Gerichtsvollzieher angehört. Quelle: Wikipedia

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