Witz der Wahl

Jetzt wird wieder einer dieser Jobs frei, für die man sich fast völlig voraussetzungsfrei bewerben kann. Es muss dem Bewerber nur gelingen, eine Reihe von Mitbürgern dazu zu bewegen, sich mit Unterschrift in eine Liste einzutragen.

Solche Unterschriftengeber, denen es egal ist, ob der Bewerber irgendeine Eignung für die Stelle mitbringt, finden sich offenbar immer in ausreichender Zahl. Dabei ist die jetzt freiwerdende Stelle nicht ganz unbedeutend. Es geht um den nächsten Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich, der am 27 März gewählt wird. Wenn nicht alles täuscht, könnte die Zahl der Bewerber um das Amt auf acht ansteigen. Angesichts der Erfahrung mit der Wittlicher Bürgermeisterwahl, vor der die sich selbst für befähigt haltenden Kandidaten ebenfalls wie Pilze aus dem Boden schossen, und der sich jetzt abzeichnenden ähnlichen Entwicklung fürchten schon manche, dass die Würde des Amtes in Gefahr sein könnte, wenn alle möglichen Menschen antreten dürfen, von denen manche so ungeeignet sind, dass ihre Kandidatur im besten Falle als Witz bezeichnet werden kann.

All jenen, die sich solche Sorgen machen, sei gesagt: Die Einführung der Urwahl war eine gute Entscheidung. Denn als noch Räte und Kreistage ihre Verwaltungschefs bestimmten, waren die Ergebnisse auch nicht vorrangig von der Befähigung des Bewerbers abhängig, sondern viel zu oft von seiner Parteitreue. Seit die Bürger über Landräte und Bürgermeister direkt entscheiden und auch Bewerber ohne Parteibuch eine Chance haben, sind viele alte Verkrustungen aufgebrochen, und die Qualität der Amtsträger ist tendenziell gewachsen. Denn am Ende entscheiden in der großen Mehrheit sehr mündige und verantwortungsbewusste Bürger. Witzkandidaturen sind der Preis, den wir für dieses Stück direkter Demokratie bezahlen müssen. Das können wir gut aushalten.

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