Zur Adoption gehört eine große Portion Glück

Wittlich · Seit seiner frühen Kindheit wohnt Michael bei seinen Adoptiveltern in Wittlich. Eine Konstellation, wie es sie immer seltener gibt, denn nur noch wenige Kinder werden zur Adoption freigegeben. Auf ein Kind kommen im Kreis Bernkastel-Wittlich zwölf Paare.

Wittlich. An seinem ersten Geburtstag hat Michael (Name geändert) seine leibliche Mutter das letzte Mal gesehen. Sie war zu Besuch bei ihm und seinen Pflegeeltern, sah, dass es ihm dort gut ging und gab ihn zur Adoption frei.
Das war vor 15 Jahren. Inzwischen ist Michael ein Teenager. An seinen ersten Geburtstag kann er sich nicht mehr erinnern, an seine biologische Mutter auch nicht. Das Ehepaar Felden (Name geändert) sind die einzigen Eltern, die er kennt. Als er acht Monate alt war, haben sie ihn als Pflegekind bei sich aufgenommen, vier Monate später adoptierten sie ihn. Für die Feldens war das kein Neuland, schon ein paar Jahre zuvor hatten sie einen Jungen bei sich aufgenommen.
So früh wie möglich aufklären


"Das war ein Affenglück", sagt Sabine Felden nicht ohne Grund: Nach Auskunft der Gemeinsamen Zentralen Adoptionsstelle (GZA) kamen damals auf ein zur Adoption freigegebenes Kind immerhin acht interessierte Ehepaare. Angerechnet wurde Sabine Felden und ihrem Mann, dass sie auch ein Kind nur zur Pflege aufgenommen hätten.
Als Michael geboren wurde, war seine leibliche Mutter zu jung, um ihn selbst großzuziehen. Seine ersten Monate verbrachte er im Haus St. Anton in Plein, wo unter anderem Kinder minderjähriger Mütter betreut werden. Später kam er zu den Feldens, deren Kinderwunsch unerfüllt geblieben war.
Michael wuchs mit dem Wissen auf, Adoptivkind zu sein. Experten sagen, dass Adoptivkinder so früh wie möglich darüber aufgeklärt werden sollten; das Jugendamt hatte den Feldens geraten, es den Kindern von Anfang an zu erzählen. Immer wieder sprachen sie mit Michael und seinem Adoptivbruder über das Thema, zum Beispiel, wenn im Fernsehen eine Reportage darüber lief. Vielleicht denkt Michael deshalb kaum darüber nach, dass er adoptiert ist. "Ich wusste es ja von Anfang an, das ist ganz normal für mich."
Ob er versucht habe, seine leibliche Mutter ausfindig zu machen? Nein, das habe er nie. Die Begegnung zwischen einem Adoptivkind und seinen leiblichen Eltern kann eine heikle Angelegenheit sein. Experten empfehlen nach Auskunft des Jugendamts Bernkastel-Wittlich deshalb, eine persönliche Begegnung immer gut vorzubereiten - am besten zusammen mit der Adoptionsvermittlungsstelle. Bevor die Kinder ihre leiblichen Eltern kennenlernen, sollten sich zunächst die beteiligten Erwachsenen treffen. In vielen Fällen ist es sogar ratsam, mit einem direkten Kontakt zu warten, bis das Adoptivkind erwachsen geworden ist und das Thema besser verarbeiten kann.
Im Moment möchte Michael keinen Kontakt zu seiner leiblichen Mutter. "Das hier ist meine Mutter", sagt er und meint damit Sabine Felden. "Alles andere würde mich nur verwirren." Ganz ausschließen möchte er jedoch nicht, dass er eines Tages nach seinen leiblichen Eltern sucht. "Vielleicht wird mich das irgendwann mal interessieren. Aber jetzt noch nicht." Auf ein Adoptivkind kamen im Jahr 2010 bundesweit sieben Bewerberpaare, im Kreis Bernkastel-Wittlich waren es ohne Auslandsadoptionen rund zwölf Paare. Das Adoptionsverfahren sieht von Fall zu Fall unterschiedlich aus. Manche Paare warten nach der Bewerbung nur ein Jahr auf ihr Kind, aber auch Wartezeiten von sechs bis sieben Jahren kommen vor. Wer ein Kind adoptieren möchte, muss mindestens 21 Jahre alt sein. Ein gesetzlich geregeltes Höchstalter gibt es nicht, in der Praxis werden Säuglinge und Kleinkinder jedoch selten an Eltern vermittelt, die älter als 35 Jahre sind. Schon seit Jahren nimmt die bundesweite Zahl der Adoptionen ab. Grund: Immer weniger Kinder werden zur Adoption freigegeben. Im Jahr 2010 stieg die Zahl erstmals wieder leicht an. Wie viele Kinder in der Eifel-Mosel-Hunsrück-Region adoptiert werden, ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. Insgesamt leben in den Landkreisen Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm und Vulkaneifel rund 100 Ehepaare mit adoptierten Kindern. Eltern, die ihr Kind im Ausland adoptiert haben, sind hier nicht mit eingerechnet, da diese Adoptionen nicht über das Jugendamt abgewickelt werden. gub

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