Zu viel Bürokratie: Aufruhr an den Grundschulen

Mainz · Wütende Lehrer, verunsicherte Eltern: Die seit Herbst 2008 geltende neue Grundschulordnung führt zum Aufruhr an den Grundschulen im Land. Die Pädagogen beklagen den hohen bürokratischen Aufwand, der zulasten des Unterrichts gehe.

(fcg) Der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) hat wenige Tage nach der Nagelprobe - Ende Januar gab es die ersten Halbjahreszeugnisse nach der Reform - eine landesweite Umfrage gestartet, an der sich 803 der 988 Grundschulen (81,3 Prozent) beteiligt haben. Das Ergebnis: Fast alle Lehrer fühlen sich allein gelassen und überfordert, weil sie zusätzlich zum Unterricht die Schüler umfänglich verbal beurteilen und Lern-Dokumentationen schreiben müssen. Weit über 120.000 Stunden Mehrarbeit seien dadurch entstanden. "Jeder Lehrer hat pro Kind pro Tag nur noch 7,2 Minuten Zeit", rechnet VBE-Experte Wolfgang Weller vor, Rektor einer Schule in Koblenz.

Die neue Grundschulordnung gilt für rund 11.000 Lehrer und 156.000 Schüler im Land. Sie schreibt vor, dass Lehrer das individuelle Lernverhalten jedes Schülers in jedem Fach dokumentieren müssen. Anschließend müssen Lern- und Förderpläne erstellt werden, die mit den Eltern besprochen werden müssen.

Das "begrüßenswerte Ziel" der Reform, die Kinder individuell stärker zu fördern, werde durch den Formalismus konterkariert, klagt der VBE-Landesvorsitzende Johannes Müller. Für die Eltern werde das Chaos ausbrechen, weil sie die neuen, "individuellen" und damit kaum vergleichbaren Noten nicht verstehen würden, wenn sie nicht stärker den Kontakt zu den Lehrern suchten, kritisiert Müller. Gerade bei "Problemkindern" zeige aber die Erfahrung, dass Eltern teils sogar mit Bußgeldandrohungen zum Erscheinen in der Schule gezwungen werden müssten.

Besonders verärgert sind die Pädagogen, weil die neue Grundschulordnung überraschend mitten im Schuljahr eingeführt wurde und Lehr- und Personalpläne damit Makulatur waren. Sie erheben schwere Vorwürfe ans Bildungsministerium, das keine Hilfestellung leiste. So gebe es zu wenige Fachberater, für die gesamte Region Trier etwa nur sechs. "Die Schulen stehen im Regen", sagt VBE-Landesgeschäftsführer Hjalmar Brandt.

Ist die Grundschulreform sinnvoll? Welche Erfahrungen haben Sie oder Ihre Kinder gemacht? Was meinen Sie? Schreiben Sie uns einfach direkt mit Hilfe der Kommentarfunktion unten!

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