Kriminalität Zunehmende Attacken gegen Politiker: „Wir wollen uns nicht einmauern“

Trier · Die Bürgermeister und Landräte nehmen Warnungen vor Attacken ernst, verfallen aber nicht in Panik.

 Das Handout der Polizei Hagen zeigt die mutmaßliche Tatwaffe, mit der der Bürgermeister von Altena (Nordrhein-Westfalen) am 27.11.2017 angegriffen und verletzt wurde. Der für seinen Einsatz in der Flüchtlingspolitik bekannte Bürgermeister Hollstein ist Opfer einer vermutlich ausländerfeindlichen Messerattacke geworden. Der Täter verletzte ihn mit dem Messer am Hals.

Das Handout der Polizei Hagen zeigt die mutmaßliche Tatwaffe, mit der der Bürgermeister von Altena (Nordrhein-Westfalen) am 27.11.2017 angegriffen und verletzt wurde. Der für seinen Einsatz in der Flüchtlingspolitik bekannte Bürgermeister Hollstein ist Opfer einer vermutlich ausländerfeindlichen Messerattacke geworden. Der Täter verletzte ihn mit dem Messer am Hals.

Foto: dpa/---

Geht es nach dem Landeskriminalamt (LKA) sollten sich Kommunalpolitiker nicht mehr ganz so unbedarft in der Öffentlichkeit bewegen. „Bei Veranstaltungen mit Zugang für jedermann nach Möglichkeit Begleitperson mitnehmen!“ und „Keine Verabredungen, Spaziergänge und sonstige Freizeitbeschäftigungen an abgelegenen Orten!“, heißt es in den fünfseitigen „Verhaltensempfehlungen für die Sicherheit von Amts- und Mandatsträgern“, die das LKA kürzlich unter anderem an die Landräte und Bürgermeister im ganzen Land verschickt hat. „Ich fühle mich nun gleich viel sicherer“, meint ein Ortsbürgermeister ironisch.

Doch die Empfehlungen haben durchaus einen ersten Hintergrund. Ende November war der Bürgermeister der sauerländischen Stadt Altena, Andreas Hollstein (CDU), Opfer einer Messerattacke geworden, bei der er verletzt worden war. Der Täter war ein 56-jähriger Mann mit – so die Polizei –„mutmaßlich fremdenfeindlicher Motivation“.Solche Vorfälle seien längst keine Seltenheit mehr, heißt es in der Mitgliederzeitschrift des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. „Immer wieder werden Politiker Opfer von Beleidigungen, Drohungen oder Angriffen“, warnt der kommunale Spitzenverband und erinnert an den Messerangriff auf Henriette Reker, einen Tag bevor sie im Oktober 2015 zur neuen Kölner Oberbürgermeisterin gewählt wurde. Der Städte- und Gemeindebund fordert, ein Kompetenzzentrum bei Staatsanwaltschaften einzurichten, bei dem Hassmails, Bedrohungen und andere Angriffe gegenüber Mandatsträgern bearbeitet werden.

Der Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe nimmt die Sicherheitshinweise des LKA und des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz ernst. Aber er will auf keinen Fall darauf verzichten, zu Veranstaltungen und zu Ereignissen in der Stadt zu gehen. „Mir ist wichtig, im direkten Kontakt mit den Bürgern zu bleiben – und für alle Anliegen auch spontan ansprechbar zu sein. Nur, weil es bedauerliche Einzelfälle gibt, in denen Bürger aggressiv auf Politiker reagieren, können wir uns nicht einigeln und uns hinter Verwaltungsmauern verschanzen. Offenheit und Transparenz sind die besten Wege, Kritikern zu begegnen“, sagt Leibe. Einen tätlichen Angriff hat er bislang nicht erlebt. Allerdings wurde er schon mehrmals über das soziale Netzwerk Facebook beleidigt.

 Der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), gibt am Tag nach dem Messerangriff auf ihn eine Pressekonferenz im Rathaus.

Der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), gibt am Tag nach dem Messerangriff auf ihn eine Pressekonferenz im Rathaus.

Foto: dpa/Oliver Berg

Beleidigt und bedroht werden häufig auch Mitarbeiter der Verwaltungen, vor allem in Jugend- und Sozialämtern,  Ausländerbehörden oder auch im Bürgerbüro, wie es aus der Bitburg-Prümer und Trier-Saarburger Kreisverwaltung heißt. Selbst Morddrohungen gegenüber Mitarbeitern habe es schon gegeben, sagt ein Sprecher der Bitburger Kreisverwaltung. In solchen Fällen werde die Polizei eingeschaltet, um den Täter zu Hause aufzusuchen – für eine sogenannte Gefährderansprache. Jede Beleidigung eines Mitarbeiters werde angezeigt. Nachdem Privatautos auf dem Mitarbeiterparkplatz beschädigt worden seien, seien dort Videokameras installiert worden, sagt der Sprecher. Wenn Besucher der Kreisverwaltung Mitarbeiter bedrohten oder beleidigten, würden die Täter „rauskomplementiert“ und erhielten ein Hausverbot, sagt Thomas Müller. Vor allem die Mitarbeiter des Job-Centers und der Ausländerbehörde seien speziell auf solche Situationen vorbereitet. Einlasskontrollen soll es aber in der Trier-Saarburger Kreisverwaltung nicht geben.

Im Trierer Rathaus arbeitet man derzeit an einem Sicherheitskonzept. Vor allem in den publikumsträchtigen Ämtern wie dem Bürger- oder dem Sozialamt gehe es darum, zu verhindern, „dass Mitarbeiter in ihrem Büro alleine sind oder keine Hilfe holen könnten, wenn es zu einem Vorfall kommt, wenn ein Bürger aggressiv oder ausfallend wird“, erklärt Rathaussprecher Michael Schmitz. Aus diesem Grund werde es auch Zugangskontrollen geben.  Aber: „Wir wollen uns nicht einmauern, natürlich sollen die Ämter und die Büros für die Bürger gut erreichbar bleiben.“ Vorangiges Ziel ist laut Leibe „die Sicherheit der Menschen im Rathaus –  sowohl der Mitarbeiter als auch der Gäste“. Hass und Gewalt würden sich oft gegenüber den Mitarbeitern von Verwaltungen entladen.

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