Corona in der Osterzeit Zwischen Lockern und hartem Lockdown

Trier · Der Trier-Saarburger Landrat fordert: Menschen brauchen wieder mehr Freiheiten. Die Landkreise wollen die Corona-Testkapazitäten in den Kommunen deutlich ausbauen.

Die Außengastronomie in Trier ist momentan geöffnet. Menschen können in Biergärten, wie hier am Zurlaubener Moselufer, Essen und Getränke unter freiem Himmel genießen.

Die Außengastronomie in Trier ist momentan geöffnet. Menschen können in Biergärten, wie hier am Zurlaubener Moselufer, Essen und Getränke unter freiem Himmel genießen.

Foto: Marius Kretschmer

Trotz weiter steigender Corona-Zahlen – die landesweite Inzidenz stieg am Sonntag auf 106 – und immer lauter werdender Rufe nach einem harten Lockdown wird auch immer mehr über Öffnungen und Lockerungen gesprochen.

Nachdem das Saarland angekündigt hat, das gesamte Bundesland zur Modellregion zu machen, in der unter Pandemiebedingungen mehr Normalität geprobt  werden soll, wächst auch hierzulande der Druck, den Menschen wieder mehr Freiheiten zurückzugeben. „Wir müssen langfristig weg von Inzidenzen als alleinigem Kriterium. Die Krankheitssituation, die Belastung der Krankenhäuser, die Impf- und die Testsituation muss mit in die Beurteilung“, fordert der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU).

Er ist Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landkreistags und dieser hat nun Eckpunkte vorgelegt, wie Öffnungen möglich gemacht werden können. Das Stichwort ist: testen. „Solange es noch an Impfstoff mangelt, muss intensiv getestet werden“, sagt Schartz. Der Landkreistag schlägt dazu die Gründung von lokalen Testnetzwerken vor, in denen in einem Ort, Kommune, Ärzte, Apotheker, Einzelhandel, Gastronomie und Gesundheitseinrichtungen zusammenarbeiten und gemeinsam Testmöglichkeiten schaffen. Diese sollen deutlich länger geöffnet haben als die Testzentren, die es bereits in vielen Orten gibt. 

Die Idee dahinter: Mit einem negativen Test sollen die Menschen 24 Stunden „ein Stück Freiheit“ zurückgewinnen und einen Mehrwert erhalten. Es liege im Interesse des Gastronomen, wenn jemand, der eigentlich zum Einkaufen in einen Ort kommt, anschließend auch für das Lokal „frei getestet“ ist, und umgekehrt helfe der Test vor dem Res­taurantbesuch am Abend auch am nächsten Morgen beim Einkauf oder im Fitnessstudio, sagt Schartz. Man werde durch die Gesundheitsämter das Testpersonal mit Schulungen unterstützen, kündigt Schartz an. Die Genehmigung der lokalen Testnetzwerke würde zügig von den Gesundheitsämtern erteilt.  Man brauche „Freiräume“ in der Gesellschaft und könne das mit  solchen lokalen Lösungen schaffen, „unabhängig von einer genauen Inzidenzzahl oder ob man ‚Modellkommune’ ist oder nicht“. 

Das Land hatte angekündigt, nach Ostern  – anders als das Saarland – in ausgewählten Kommunen unter genauen Vorgaben und mit einer Ausweitung der Testkapazitäten Lockerungen zuzulassen, etwa Kinos oder Theater zu öffnen.  Als praxisnah und lebenstauglich bezeichnet der rheinland-pfälzische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga die Vorschläge des Landkreistages. „Aufgrund der fortschreitenden Impfung der vulnerablen Gruppen ist es nun an der Zeit, sich von der reflexartigen Reaktion der pauschalen Lockdowns zu verabschieden. Der Inzidenzwert kann nicht der alleinige Parameter für die Entscheidung ‚Schließung oder Öffnung’ bleiben“, sagt Dehoga-Landespräsident Gereon Haumann. Hotels, Gastronomie, Kultur, Einzelhandel und Sport bräuchten dringend dauerhafte und verlässliche Öffnungsperspektiven. Mit einer umfassenden Teststrategie ließen sich diese umsetzen, sagt Haumann. „Der Ausbau der Schnelltestungen ist ein wirksames Mittel in der Pandemiebekämpfung, dass das unkontrollierte Ausbreiten des Virus eindämmen und mehr Transparenz in das Infektionsgeschehen bringen kann. Zumindest bis eine ausreichende Impfquote erreicht ist.“

Schartz sieht die technischen Voraussetzungen für den Vorschlag des Landkreistages gegeben.  Die Gesundheitsämter setzten alle das Programm Sormas ein. Dieses unterstützt die Ämter bei Erfassung und Überwachung von Kontaktpersonen von positiv Getesteten.  Bund und Land müssten nun dafür sorgen, dass Sormas sich  mit  Kontaktnachverfolgungs-Apps verbinden könne, fordert Schartz.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat entschieden, die Lucca-App zur Kontaktnachverfolgung einzusetzen. Damit können sich Besucher von Restaurants, Kinos, Theatern, Fußballspielen oder Konzerten digital einchecken. Sie hinterlassen für den Fall einer Corona-Warnung ihre Kontaktdaten. Nutzer tragen  ihre Daten in die App ein, die dann einen sich laufend  ändernden QR-Code generiert. Auch der Gastgeber, also der Kinobetreiber oder der Gastwirt braucht Luca auf einem mobilen Endgerät. Beim Betreten einer Einrichtung werden über die Codes Daten anonymisiert erfasst. Im Falle einer bestätigten Infektion werden die Daten mit einem Gesundheitsamt ausgetauscht. Damit entfällt die derzeit noch übliche schriftliche Erfassung von Kontaktdaten etwa beim Res­taurantbesuch.

Schartz ist überzeugt, dass der Vorschlag des Landkreistages flächendeckend zu mehr Normalität führen kann. „Dann kann auch die Differenzierung zwischen den Sparten im Einzelhandel oder die Unterscheidung von Innen- und Außengastronomie aufgehoben werden“, so Schartz. Kulturelle, sportliche oder Vereinsveranstaltungen könnten dann wieder starten. Virologen und Intensivsmediziner sehen solche Lockerungen trotz der Verbindung mit Tests kritisch. Deutschland stehe vor Beginn einer massiven dritten Corona-Welle, die zu einer Überlastung der Intensivstationen führen könnte. In Rheinland-Pfalz werden zur Zeit 114 Covid-Patienten auf Intensivstationen behandelt, in der Region sind es zehn

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