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Die Maske des roten Todes. Sechste Klasse, Kunstunterricht. Während meine Mitschüler und ich die Pinsel schwangen, las unser Kunstlehrer uns Gruselgeschichten von Edgar Allan Poe vor.

Im Laufe eines Schuljahrs sind einige zusammengekommen - aber keine Erzählung hat mich so fasziniert wie "Die Maske des roten Todes". Weil ich die Farben der Zimmer in Prinz Prosperos Schloss nicht nur im Farbkasten, sondern auch in meiner Fantasie sehen konnte. Genauso, wie ich die Schläge der Uhr zu jeder vollen Stunde hören konnte. Ein Geräusch, das Poes Figuren das Unheil ankündigt. Das ihnen während eines prächtigen, dekadenten, rauschenden Fests jede Stunde wieder ihre Sterblichkeit bewusstmacht. Damals wusste ich natürlich nicht, was "Memento mori" bedeutet. Aber irgendwie hatten wir wohl alle die Ahnung, dass der verschwenderische und ignorante Prinz sterben wird. Denn gemalt hat von uns niemand mehr, als unser Lehrer das Erscheinen einer Gestalt mit einer roten Maske ankündigte, die das pompöse Fest jäh unterbrach. Vielmehr warteten wir mit offenen Mündern gespannt auf den Ausgang der Geschichte. Ob Poe als Lektüre für Sechstklässler geeignet ist? Vielleicht eher nicht. Allerdings kann ich mich auch nicht erinnern, dass "Die Maske des roten Todes" jemals Alpträume bei mir verursacht hätte. Sondern nur eine starke Faszination.

Rebecca Schaal

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