Rugby-WM: Springboks fordern All Blacks heraus

London (dpa) · Vor 20 Jahren gewann Südafrika das WM-Finale gegen Neuseeland im eigenen Land. Am Samstag stehen sich beide Rugby-Teams im Halbfinale der WM in London gegenüber. Die Rivalität ist riesig.

Die harten und unerbittlichen Tacklings auf dem Feld sind zwei Minuten nach dem Abpfiff bereits vergessen. Die Rugby-Schwergewichte Neuseeland und Südafrika, die am Samstag (17 Uhr) in London das erste WM-Halbfinale bestreiten, pflegen eine ganz besondere Rivalität.

Sie ist geprägt durch großen sportlichen Ehrgeiz und durch gegenseitigen Respekt und Anerkennung. Die Trainer Steve Hansen (Neuseeland) und Heyneke Meyer (Südafrika) haben es sich angewöhnt, dem jeweils unterlegenen Kollegen einen Kasten Bier auszugeben - eine spezielle Art der Wertschätzung.

„Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich Hansen am Samstag ein Bier kaufen könnte“, scherzte Heyneke. In den vergangenen fünf Jahren kam das nicht so häufig vor. Von zwölf Vergleichen gewann Neuseeland zehn, und auch diesmal gelten die All Blacks als Favorit. Die Gala-Show beim Kantersieg gegen den WM-Zweiten Frankreich hat hohe Erwartungen beim zweimaligen Champion erweckt. Von einer klaren Angelegenheit wollte aber kein Neuseeländer sprechen. „Unsere Abwehr muss auf einem Top-Level spielen. Südafrika hat andere Stärken als die Franzosen“, warnte Center Conrad Smith.

Trainer Hansen verwies auf die deutliche Leistungssteigerung der Südafrikaner im WM-Verlauf. Nach der sensationellen Auftaktniederlage gegen Japan wurden die „Springboks“ von Spiel zu Spiel besser, nicht nur bei den Tritten, sondern auch im Lauf- und Pass-Spiel. „Wir müssen uns auch auf unerwartete Dinge vorbereiten“, sagte Hansen. Seine Rekordjäger wollen nicht nur ins Finale am 31. Oktober stürmen, sondern auch das 13. WM-Spiel in Serie gewinnen. Das hat zuvor noch keine Mannschaft in der Turnier-Geschichte seit 1987 geschafft.

In Südafrika überlagert das Match sogar die Diskussionen um die möglicherweise gekaufte Fußball-WM 2006 in Deutschland, zum Nachteil des afrikanischen Landes. Alle Sportfans hoffen auf ein ähnliches Resultat wie 1995, als die Südafrikaner bei ihrer Heim-WM die Neuseeländer im Finale besiegten und sich erstmals den Titel holten. Star-Stürmer Bryan Habana erinnerte nicht nur an den unvergessenen Moment, als Südafrikas Präsident Nelson Mandela im Springbok-Trikot die Webb-Ellis-Trophäe an den damaligen Kapitän Francois Pienaar überreichte.

„Wir werden für alle Südafrikaner spielen, aber es gibt einen Fan, den wir besonders ehren wollen“, sagte Habana unter Verweis auf das Schicksal von Zukisa Kela. Es bewegt das ganze Land. Der Lehrer aus Johannesburg war vorigen Samstag bei einem Überfall in einem Park ermordet worden. Nach Medienberichten aus Südafrika hatte sich Kela, der als Sport-Koordinator auch Rugby lehrte, zuvor von seinen Schülern mit den Slogan „Lang leben die Springboks“ verabschiedet.

Auch das zweite Halbfinale zwischen Australien und Argentinien am Sonntag ist emotional geprägt, allerdings in einer ganz anderen Art. Die Aufregung in ganz Großbritannien über das unglückliche WM-Aus von Schottland hat sich nach fast einer Woche kaum gelegt. Schiedsrichter Craig Joubert (Südafrika), der mit einem umstrittenen Straftritt in letzter Minute Australien das 35:34 gegen die Schotten ermöglichte, ist zum Buhmann der WM geworden. Sogar der internationale Verband bezeichnete Jouberts Entscheidung als nicht-korrekt.

In einer Sportart, in der Kritik an Schiedsrichter-Entscheidungen eigentlich verpönt ist, ist das ein sehr ungewöhnliches Verhalten. Die Sympathien der Zuschauer könnten deshalb bei den Argentiniern liegen, die erstmals in ein WM-Finale einziehen möchten. „Unser Team ist mit dem, was wir erreicht haben, nicht zufrieden“, sagte Flügelspieler Juan Imhoff.

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