Mainz/Hachenburg „Schindlers Liste“ und eine Zeitzeugin

Mainz/Hachenburg · Rheinland-pfälzischer Landtag gedenkt Holocaust-Opfern. Henriette Kretz überlebte in einem Nonnenkloster.

 Die Abgeordneten des Landtags in Rheinland-Pfalz kommen am Sonntag zum Gedenktag für die Holocaust-Opfer erstmals in diesem Jahr zusammen.

Die Abgeordneten des Landtags in Rheinland-Pfalz kommen am Sonntag zum Gedenktag für die Holocaust-Opfer erstmals in diesem Jahr zusammen.

Foto: dpa/Andreas Arnold

(dpa/lrs) Bei der ersten Plenarsitzung 2019 gedenken die Landtagsabgeordneten in Mainz der Opfer des Nationalsozialismus. Landtagspräsident Hendrik Hering, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und eine Zeitzeugin werden an dem bundesweiten Gedenktag für die Holocaust-Opfer am Sonntag sprechen. Der Landtag erinnert bei der Sondersitzung an die zunehmende Verfolgung und Entrechtung der Juden nach den Novemberpogromen von 1938 und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im vergangenen Jahr stand die Erinnerung an die Opfer der NS-Justiz im Mittelpunkt.

Die Zeitzeugin Henriette Kretz überlebte nach Mitteilung der Landesregierung den NS-Terror in einem Nonnenkloster. Ihre Eltern wurden vor ihren Augen erschossen. Sie lebt heute im belgischen Antwerpen. Ihre Lebenserinnerungen hat sie in dem Buch festgehalten: „Willst du meine Mutter sein? Eine Kindheit im Schatten der Schoah.“

Das Landesmuseum Mainz, in dem der Landtag während des Umbaus des Deutschhauses tagt, bietet am Gedenktag zwei Führungen. Dabei geht es um von den Nazis geschmähte Kunstwerke, Arbeiten von Emigranten und um von jüdischen Familien beschlagnahmte Gemälde. Auch die Provenienzforschung des Museums ist ein Thema.

Ein Multiplex-Kino in Hachenburg (Westerwald) zeigt nach einer Provokation der AfD kostenlos Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ für alle und rechnet mit mehreren Hundert Zuschauern. In dem 25 Jahre alten Spielfilm geht es um den deutschen Unternehmer Oskar Schindler (1908–1974), der während des Nazi-Regimes mehr als 1000 Juden vor dem Vernichtungslager gerettet hat. Der Film diene der offensichtlich notwendigen historischen Bildung. „Das Kino möchte damit beitragen, diese Lücke zu schließen.“

Der Direktor der USC Shoha Foundation, Stephen Smith, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Schindlers Liste“ sei ein wichtiger, anspruchsvoller und in Deutschland nach wie vor aktueller Film. Die 1994 von Spielberg gegründete gemeinnützige Organisation ermutige die Menschen, den Film zu sehen sowie die von der Shoah Foundation gesammelten Zeugnisse von Überlebenden, die Schindler gerettet hat.

Zudem könnten die deutschsprachigen Lernressourcen kostenlos genutzt werden. Die Shoa Foundation nahm weltweit Schilderungen von Überlebenden des Holocaust auf Video auf.

Das Kino hatte zunächst mit einer Provokation der AfD für Aufsehen gesorgt: Es hatte ausschließlich Mitgliedern dieser Partei freien Eintritt zu der Vorstellung geboten. Aufgrund der „sogar international hohen Resonanz“ entschied die Geschäftsführung dann jedoch, allen Interessierten den Eintritt zu dem „vielfach ausgezeichneten Meisterwerk“ zu erlassen und die Kosten zu übernehmen.

Nach der Vorstellung soll es „eine Gesprächsmöglichkeit“ geben. In den beiden Sälen mit 170 und 200 Plätzen stünden jeweils zwei kirchliche Vertreter und die Kino-Geschäftsführerin Karin Leicher dafür bereit. Eine politische Diskussion im Saal werde es aber nicht geben. „Wir werden keinerlei Partei eine Plattform bieten“, sagte Leicher.

Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Landtag, Joachim Paul, kündigte an, dabei zu sein. Aus dem Parteiprogramm der AfD eine Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus herauszulesen, sei nicht redlich.

Gemeint sei vielmehr: „Als patriotische Partei stehen wir für ein größtmögliches, Jahrhunderte umfassendes ganzheitliches Geschichtsbewusstsein und die Erkenntnis, dass die Historie aller Länder und Völker von Höhen und Tiefen geprägt ist.“

(dpa)
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