Kirchheim an der Weinstraße Schock im Weinort-Idyll: Mutter und Sohn sterben

Kirchheim an der Weinstraße · In einem kleinen Ort an der pfälzischen Weinstraße fallen morgens Schüsse. Polizisten erschießen nach ersten Erkenntnissen einen Mann, der sie mit einer Schere angreift. Auch die Mutter des Angreifers stirbt – allerdings wohl nicht durch Polizeikugeln.

Der Tatort des Dramas ist von der Straße nicht einsehbar. Eine große Plane der Feuerwehr verdeckt am Freitag in dem pfälzischen Ort Kirchheim den Blick auf das Haus in der Weinstraße Nord. Von hier gab es nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler am Morgen den verzweifelten Notruf einer Mutter, ihr Sohn habe Drogen genommen, sei aggressiv und greife sie an. Es folgt ein Polizeieinsatz mit Schüssen – am Ende sind Sohn und Mutter tot und zwei Polizisten schwer verletzt.

Das Geschehen stellt sich für die Ermittler bislang so dar: Der 25-jährige Sohn greift die Polizisten nach deren Eintreffen gegen 8.30 Uhr mit einer Schere an. Die beiden Beamten greifen deshalb in Notwehr zu ihren Pistolen und feuern mehrere Schüsse ab. Der Mann wird getroffen und tödlich verletzt.

Auch seine Mutter stirbt, den Ermittlern zufolge wird sie aber nicht von Polizeikugeln getroffen, zumindest seien äußerlich keine Schusswunden erkennbar. Sie habe schwere Kopfverletzungen und Verletzungen erlitten, die auf Stichwunden hindeuten, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber. Ob der Sohn seine Mutter getötet hat, müssen nun die Ermittlungen ergeben. Die beiden Polizisten werden ebenfalls durch Stiche schwer verletzt. Die 31-jährige Beamtin muss sofort operiert werden, ist aber außer Lebensgefahr.

In dem kleinen Ort mit seinen knapp 2000 Einwohnern sind die Menschen geschockt. „Da gab es schon mal Streit“, erzählt eine Anwohnerin. Dass der Sohn seine Mutter im Drogenrausch angegriffen haben soll, überrasche sie aber.

Grell glänzen die weißen Schutzanzüge der Spurensicherer in der Oktobersonne. Weintrauben an den Fassaden und Holzfensterläden: Es wäre ein idyllisches Bild in der engen Straße, wären da nicht die Polizisten mit Schutzwesten sowie Feuerwehrleute und Ermittler. Vor dem Tatort stehen Kisten mit Papiertüten. „Beweismaterial“, sagt Thorsten Mischler vom Polizeipräsidium Ludwigshafen.

Ein Polizeitransporter versperrt vor einer Metzgerei die Durchfahrt zum Tatort. Zu sehen ist ein zweistöckiges Haus, die Rollläden im Erdgeschoss sind geschlossen. Im zweiten Stock sind weiße Gardinen zu erkennen, ein Tor führt in einen kleinen Vorhof. Alles wirkt gepflegt. Was in dem Haus im Schatten der Andreaskirche geschehen ist, versuchen nun aber die Ermittler herauszufinden.

Der Vater der Familie war zur Tatzeit nicht zu Hause. Oberstaatsanwalt Ströber berichtet später, dass der 25-jährige Sohn wegen psychischer Probleme in Behandlung gewesen sei. Unweit des Tatorts rauscht der Verkehr Richtung Bad Dürkheim und Ludwigshafen. „Das sieht aus wie immer, aber die Tat schockiert den Ort schon“, sagt ein älterer Mann und scharrt mit den Füßen im bunten Herbstlaub.

Der vielleicht prominenteste Kirchheimer ist Modeschöpfer Harald Glööckler, der sich ebenfalls entsetzt zeigt über die Tragödie. „Ich bin schockiert über diese schreckliche Geschichte“, sagt der 53-Jährige. Der Vorgang zeige einmal mehr, wie trügerisch vermeintliche Idylle sein könne. „Immer mehr Menschen sind heutzutage überfordert mit dem Leben und den Umständen und wissen sich nicht zu helfen“, meint Glööckler. Sein Mitgefühl und Beileid gehöre den Angehörigen der Opfer.

(dpa)
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