Schöngeist im Schwalbennest

TRIER. Gut zehn Jahre wirkt Josef Still als Domorganist in Trier und als Orgelsachverständiger des Bistums. Nach wie vor sprüht er vor Ideen und hat sich als Kenner der Orgellandschaft im Trierer Land profiliert.

König - Stumm - Breidenfeld - Nikolaus Frantzen - Sebald - Oehms - Haerpfer - Hugo Mayer: Orgelbauer, die Spuren in der Orgellandschaft des Bistums hinterlassen haben. "Von Balthasar König stammt die älteste erhaltene Orgel im Bistum: aus dem Jahre 1715. Sie steht in Niederehe bei Hillesheim", erzählt Josef Still. Von Orgelbaumeister Hubert Fasen restauriert, hat sich das Instrument zu einem Geheimtipp für Orgelfreunde entwickelt - zur Freude von Still.Bewunderung für Orgelbauerfamilie Stumm

"Die Stumms", erläutert der Orgelsachverständige, "haben über Generationen an einem ausgereiften technischen System gearbeitet." Allerdings hätten sie auch Tiefschläge einstecken müssen: Um 1830 sollte der Dom eine neue Orgel bekommen. "Die Stumms hatten den Auftrag so gut wie in der Tasche, da hatte einer der Einflussreichen am Dom von den Qualitäten eines Münsteraner Orgelbauers Wilhelm Breidenfeld gehört, welcher prompt den Auftrag bekam", sagt der dreifache Familienvater aus dem niederbayerischen Deggendorf. Breidenfeld ließ sich in Trier nieder und bereicherte die Orgellandschaft maßgeblich. Still: "Der Münsteraner war sehr experimentierfreudig. Die Stumms verhielten sich hingegen konservativ." Gleichwohl verfällt er beinahe in Ehrfurcht, wenn der Name Stumm fällt - und von daher rührt sein Einsatz für die Restaurierung der historischen Welschnonnen-Orgel in Trier. "Auf dem flachen Land sah es mit Orgeln bis zum Ende 19. Jahrhunderts im allgemeinen schlecht aus", sagt Still. Deshalb besitze die Haerpfer-Orgel aus dem Jahr 1870 in Wallerfangen bei Dillingen einen besonderen Stellenwert. Die Haerpfers hatten bis vor wenigen Jahren ihren Betrieb im lothringischen Bolchen/Boullay (Moselle) und waren im saarländisch-lothringischen Grenzland sehr aktiv. Still erläutert: "Eine Haerpfer-Orgel ist vor wenigen Jahren nach Trier/Christkönig gelangt. Sie stand ursprünglich in Fremersdorf bei Merzig. Als die Pfarrei eine neue Orgel anschaffte, verkaufte sie das alte Instrument nach Trier." Mit Bischof Reinhard Marx hat der 46-jährige Domorganist keine Schwierigkeiten: "Der hat eine kräftige Stimme, da weiß man, woran man ist. Der schafft mühelos den richtigen Anfangston. Und die Frage, ob er mit dem Singen fertig sei oder nicht, erübrigt sich." Der Gottesdienst strengt den Lehrndorfer-Schüler nicht an: "Stimmung aufgreifen und verstärken, zu einem bestimmten liturgischen Punkt hinführen, das ist motivierend. Die Ambivalenz inspiriert." Für die Internationalen Orgeltage hat Still eine neue Region entdeckt: Osteuropa. Interpreten aus Riga, Warschau, Prag, Budapest und Bulgarien kommen. Mit Petar Entchev - bulgarischer Primarius im Dienst des Städtischen Orchesters Trier - spielt Still Werke für Geige und Orgel. Und noch eine Neuerung: Es werden zwei Reisen nach Warschau verlost. Die Kooperation mit dem Städtischen Orchester bewährt sich erneut bei den Moselfestwochen: Still spielt ein Konzert für Orgel und Orchester des Polen Mieczeslaw Surzynski. Dem Abendlob und der "Musik aus dem Schwalbennest" gilt seine besondere Fürsorge - wegen der Nachwuchsförderung, ein Herzensanliegen.Von Worms nach Xanten

In seiner Freizeit widmet sich der Domorganist dem Wassersport. Bei den Trierer Kanufahrern ist er Vorstandsmitglied. Dort und beim Verein Trierisch hat die Trierer Mundart verstehen gelernt. Aber sprachlich hält er's mit dem Bayerischen. "Da sorgt schon meine Frau dafür", meint er. Als nächstes ist eine Rheinfahrt von Worms nach Xanten geplant. Und wenn Dresden 800-jähriges Bestehen feiert, dann besteht die Hommage der Kanufahrer mit Josef Still in einer Fahrt auf Moldau und Elbe von Prag bis Magdeburg- der Trierer Domorganist ist eben ein musikalischer Kosmopolit.

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