Schwein haben!

TV-Geistesblitze: Von Glück, Wettkämpfen und Kartenspielen: Nach dem guten Rutsch sind die ersten Wochen eines neuen Jahres mit den besten Wünschen und Hoffnungen verbunden:

Gesundheit, Erfolg und natürlich Glück. All diese Wünsche fassen wir nicht nur in Worte: Sie finden auch in Symbolen, Sitten und Bräuchen ihren Ausdruck. Besonders beliebt ist die Tradition, einander ein Glücksschwein zu schenken.

Die Vorstellungen vom Schwein als Glückssymbol geht auf die Antike zurück und ist damit älter als die moderne Assoziation, wonach das Schwein unrein sei. Bei Griechen und Römern war es ein Sinnbild des Wohlstandes und der Macht: Wer Schweine hatte, verfügte über Nahrung und Geld, hatte somit (materielles) Glück. Bei den Germanen galt das Schwein wegen seiner Vermehrungsfreude außerdem als Garant der Fruchtbarkeit und wurde deshalb zu besonderen Anlässen geopfert und verzehrt. In dieser Tradition steht wahrscheinlich heute noch das Sparschwein, in dessen Leib sich das Geld vermehren soll.

Im Deutschen sagt man Schwein haben, wenn man ausdrücken will, dass jemand Glück, oft auch unverdientes Glück, hat. Das Bild der heute umgangssprachlichen Redewendung geht auf spätmittelalterliche Bräuche zurück. Es gibt zwei verschiedene Erklärungsansätze: Bei städtischen Schützenfesten erhielt der schlechteste Teilnehmer einen Trostpreis - in der Regel ein Schwein, das er unter dem Spott der Bürger nach Hause führen musste. Dazu sagte man noch im 16. Jahrhundert das Schwein (die Sau) heimführen in der Bedeutung "einen unverdienten Gewinn, Trostpreis bekommen". Von diesem Brauch könnte in ironischer Verwendung der Ausdruck "Schwein haben" herstammen. Die andere Erklärung vermutet den Ursprung beim Kartenspiel. Im 16. Jahrhundert wurde das Ass auch Sau genannt und die Ass-Karte zierte eine entsprechende Abbildung. Schwein haben hieß in diesem Zusammenhang, die höchste Karte im Spiel zu besitzen und damit gewinnen zu können. Diese Bedeutung wurde später zu "Glück haben" verallgemeinert.

Natalia Filatkina, Universität Trier, Historisch-Kulturwissenschaftliches Forschungszentrum Mainz-Trier.

In der neuen Wochenend-Journal-Kategorie " TV-Geistesblitze" erklären Wissenschaftler der Region die deutsche Sprache. Haben Sie eine Redewendung oder ein Sprichwort, bei dem Sie der Hintergrund brennend interessiert? Dann senden Sie Ihre Frage per E-Mail an geistesblitze@volksfreund.de oder eine Postkarte an Trierischer Volksfreund, "Geistesblitze", Hanns-Martin-Schleyer-Str. 8, 54294 Trier. Der TV wählt aus allen Einsendungen zehn Redewendungen/Sprichwörter aus, die innerhalb der Serie beantwortet werden.

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