SKI-LANGLAUF: Ein märchenhafter Genuss

BERNDORF. Am Wochenende wird in Oberammergau zum 33. Mal der König-Ludwig-Lauf, der wichtigste Ski-Volkslauf in Deutschland, ausgetragen. Bereits zum 13. Mal dabei ist der 70-jährige Johann Meyer aus Berndorf. Er ist einer von rund 3000 Teilnehmern - und wenigstens am Start auf Augenhöhe mit den Stars der Szene.

Die Vorbereitung verlief bislang alles andere als optimal. Nicht ein Mal hat Johann Meyer (70) aus Berndorf (Kreis Daun) in diesem Winter auf seinen Langlauf-Skiern Spuren im umliegenden Wald ziehen können. Das Training im Keller auf dem Heimtrainer und am selbst gebauten Gummibänder-Zug zur Simulation der Armbewegung - alles schön und gut. Seine gewissenhafte Präparierung der Skier, die unter Verwendung mehrerer Wachse, Tücher und eines Thermometers rund drei Stunden in Anspruch nimmt - natürlich wichtig. Doch nichts kann das Training auf Brettern ersetzen. Deshalb müssen es die letzten acht Tage vor dem Start rausreißen. Am Sonntag, 6. Februar, fällt für Meyer und seinen Freund Karl-Heinz Braun (73, ebenfalls aus Berndorf), der Startschuss zum 33. König-Ludwig-Lauf in Oberammergau. Mit rund 3000 Startern ist er der wichtigste Ski-Volkslauf in Deutschland(siehe Hintergrund) . Johann Meyer will wieder gut durchkommen, vielleicht wieder so gut wie im Jahr 2000, als er über 21 Kilometer Gesamt-224. und Vierter in seiner Altersklasse (Herren 66) wurde. Seit Freitag bereitet er sich mit Karl-Heinz Braun in Bayern auf das Rennen vor. Braun geht erstmals auf die Strecke zwischen Ettal und Oberammergau, zum 13. Mal wird sich Meyer in einer der 40 Loipenspuren am Start einreihen. Die Bedingungen sind gut. 90 Zentimeter Schnee werden vermeldet. Zum Training steht ein fünf Kilometer langer Rundkurs zur Verfügung. Meyer: "Wir können unser Auto abstellen, den Kurs sieben bis acht mal durchlaufen, und sind dann direkt wieder am Wagen. Ideal." Langlauf als Leidenschaft: "Das Gleiten ist ein berauschendes Gefühl", sagt Meyer. Er geht wie Braun über die 23-Kilometer-Distanz in klassischer Technik an den Start. Am Start wird er wohl wieder recht weit vorne stehen, da die Startaufstellung auch nach dem Datum der Anmeldung vorgenommen wird. Wer früh dran ist, darf weiter nach vorne. "Nach vier Kilometern werden aus dem 40 Loipen zwei. Dann kommen die Letzten zum Stehen. Massenkarambolagen kommen immer wieder vor", nennt Meyer einen Vorteil.Fliegende Russen, fehlende Power

Doch nicht nur die Gnade eines geringeren Sturzrisikos wird gewährt. Wer näher an der Startlinie steht, ist auch näher dran an der internationalen Elite im Weltcup, von der ein Teil solche Läufe als Training für große Wettkämpfe - in diesem Jahr die nordische Ski-WM in Oberstdorf - nutzen. "1997 stand ich am Start neben Johann Mühlegg", sagt Meyer. Mit ihm hätte er sich unterhalten können, mit vielen anderen ist das nicht möglich: "Vor dem Start herrscht ein internationales Sprachengewirr." Kein Wunder, Langläufer aus Russland, Norwegen, Tschechien, Italien oder Spanien sind dabei. Eine halbe Stunde lang vor dem Start stehen die Läufer wie nervöse Rennpferde in der Starterbox. Anspannung und Kälte machen den Muskeln zu schaffen. Sind dort noch alle Läufer auf einer Augenhöhe, trennt die Strecke schnell die Spreu vom Weizen. Meyer: "Einmal war ich noch in der ersten Runde, da fegten schon die Russen vorbei." Eine Runde war da zwölf Kilometer lang. Meyer, der mit selbst gebauten Brettern als Kind hinter dem Elternhaus erste Ski-Erfahrungen sammelte, ficht das nicht an - im Gegenteil: "Ich bin in den vergangenen Jahren schneller geworden, obwohl ich älter geworden bin." Der 70-Jährige hat die Schlüsselstellen der Strecke, die je nach Schneelage immer ein wenig variiert, kennengelernt und sein Trinkverhalten optimiert. Vor dem Rennen gibts reichlich Nudeln zum Frühstück, Traubenzucker ist dagegen tabu. Meyer: "Davon haben wir früher viel geschluckt, doch er bringt nur kurzfristig Power." Wenigstens in Fragen der Ernährung ist Meyer eine optimale Vorbereitung gewiss.

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