Basketball Gladiator Kelvin Lewis über Dracula und eine folgenreiche Station in Ungarn

Trier · Vor dem Heimspiel am Samstagabend gegen die Artland Dragons Quakenbrück (20 Uhr/Arena Trier) spricht Gladiator Kelvin Lewis im Volksfreund-Porträt über Dracula, zu kleine Trikots und eine folgenreiche Station in Ungarn.

 Triers Nummer 1: Kelvin Lewis hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Heute Abend trifft er mit den Gladiatoren auf Quakenbrück.

Triers Nummer 1: Kelvin Lewis hat in seiner Karriere schon viel erlebt. Heute Abend trifft er mit den Gladiatoren auf Quakenbrück.

Foto: Sebastian J. Schwarz/sjs / Sebastian J. Schwarz

Das Jahr in Sopron, diesem schmucken Städtchen im Nordwesten Ungarns – Kelvin Lewis wird es nie mehr vergessen, da ist er sich sicher. Die Monate bei Erstligaclub Soproni KC, sie hatten Folgen für den 30-Jährigen. Folgen, die nichts mit Basketball zu tun haben, ihn jedoch bis heute begleiten, ihn täglich zum Strahlen bringen – auch in Trier.

Es ist Mittwochnachmittag: In drei Tagen steht für Lewis und die Römerstrom Gladiators Trier das Heimspiel gegen die Artland Dra­gons Quakenbrück an (Samstag, 20 Uhr/ Arena Trier). Draußen wirft die Januar-Sonne zum ersten Mal seit Tagen ein paar ihrer Strahlen in die Gassen der Trierer Innenstadt. Drinnen im Café bestellt Lewis Cappuccino und Apfelschorle. Er sagt: „Das war eine verrückte Zeit 2016, viel hin und her.“ Nach dem Training am Vormittag in Sopron sei er fast täglich mit der Bahn nach Wien gefahren, knappe 45 Minuten habe das gedauert. „Nachmittags bin ich wieder zurück, damit ich pünktlich zum Abendtraining wieder in Sopron war.“ Den Stress damals – Lewis hat ihn gerne in Kauf genommen. Er grinst.

Karla grinst nicht. Sie blickt ernst, sehr ernst. Mit weit aufgerissenen Augen fixiert sie ihren Papa. Fast so, als prüfe sie dessen Worte auf ihre Richtigkeit. In Feldbach, nicht weit von Graz in der Steiermark entfernt, hat die Kleine vor rund viereinhalb Monaten das Licht der Welt erblickt. An diesem Mittwoch im Januar sitzt sie auf dem Schoß ihrer Mama Kathi, Papa Kelvin direkt gegenüber. „Sie ist bei jedem Heimspiel der Gladiators dabei“, erzählt Kathi Lewis, „es scheint ihr zu gefallen, ihren Papa spielen zu sehen“.

Als Kathi Lewis ihren heutigen Ehemann 2016 kennenlernt, arbeitet die gebürtige Österreicherin in der Marketingabteilung einer Wiener IT-Firma. „Als er mir sagte, dass er Basketball-Profi in Ungarn ist, konnte ich gar nichts damit anfangen – ich hatte keine Ahnung von diesem Sport“, erinnert sie sich amüsiert. „Das hat sich mittlerweile natürlich geändert.“ Sie lacht, ihr Ehemann auch. Karla fallen die Augen zu – dabei wird ihr Papa gleich doch noch so viel Spannendes erzählen. Die Geschichte mit dem viel zu engen Trikot in Island zum Beispiel, oder die aus dem Eis-See in Finnland und die mit den ahnungslosen Gegenspielern auf dem Feld …

Kelvin Lewis, der Gladiator mit der Trikotnummer 1: Er hat was zu erzählen, denn er hat was erlebt. Als der 30-Jährige im Herbst 2018 seinen Vertrag an der Mosel unterzeichnet, steht fest: Trier wird seine neunte Profi-Station. Lewis kommt in Texas zur Welt, geht in Triers Partnerstadt Fort Worth zur High-School, studiert später in Houston unter anderem Geschichte und spielt für das Collegeteam der Houston Cougars. Danach packt er seinen Koffer, setzt sich in den Flieger und macht sich auf den Weg nach Europa.

Der Shooting Guard spielt für Teams in Schweden, Finnland, Griechenland, Island, Rumänien und Ungarn. Egal ob in Tampere, Sopron, Rhodos oder Timisoara – Lewis ist kein Basketballer, der sich nur zwischen Halle und Apartment bewegt. Er betont: „Es ist ein Segen, diesen Job ausüben zu dürfen. Mir war und ist es sehr wichtig, mich mit der Kultur und den Menschen in den jeweiligen Ländern, in denen ich spiele, auseinanderzusetzen.“ Begeistert berichtet der Gladiator von seinen Reisen durch Rumänien, von beeindruckenden Städten wie Cluj, Bukarest oder Timisoara. „Auch in Transsilvanien bin ich gewesen – kann gut sein, dass mir Dracula über den Weg gelaufen ist. Er hat sich aber nicht zu erkennen gegeben.“

Auch die Zeit in Finnland bei Kauhajoki Karhu Basket hat es in sich. Mit dem Team aus der 13 000-Einwohner-Stadt im Süden des Landes holt der US-Amerikaner den Meistertitel – zum ersten Mal in der Geschichte des Clubs. „Das war sensationell, echt unvergesslich – genau wie das Saunahaus.“ Eigens für Spieler und Betreuer habe der Verein mehrere Saunen bereitgestellt – mit dazugehörigem Eis-See. „Die Finnen lieben es“, erzählt Lewis lachend: „Erst in die Sauna, dann ins Eiswasser: Ich habe das einmal mitgemacht, danach war ich krank – das war nichts für mich. Ich bin danach nur noch in die Sauna. Auf die Abkühlung habe ich lieber verzichtet.“

Die Erlebnisse während seiner Europa-Stationen haben ihn geprägt, ihn abgehärtet: Er hat gegen den Abstieg gespielt, aber auch fünf Meisterschaften gewonnen.

In Trier hat er sich in 14 Spielen zu einem Leistungsträger entwickelt, kommt im Schnitt auf 25 Minuten, 10,4 Punkte, 1,3 Assists und 2,6 Rebounds. Lewis findet: „Meine Leistungen sind solide bisher, aber ich will unbedingt beständiger werden, besonders in meinem Sprungwurf und in der Defense. Ich will dem Team mehr geben.“ Er sei noch nicht zufrieden mit sich, noch nicht bei 100 Prozent. „Doch ich werde dahinkommen, daran arbeite ich täglich hart“, sagt Triers Nummer 1.

Was hat es eigentlich auf sich mit der Zahl auf seinem Trikot? Gibt’s einen Grund, warum er sich für die 1 entschieden hat? Lewis fängt laut an zu lachen, als er die Frage hört. Dann sagt er: „Ursprünglich hatte ich immer die 5 oder die 23, im Sinne von 2+3 – weil wir zu fünft sind in der Familie mit meinen Eltern, meinem Bruder, meiner Schwester und mir – doch dann kam die Station in Egilsstaðir auf Island.“ Die 5 und die 23 seien dort schon vergeben gewesen, da habe man ihm die 2 angeboten. Die allerdings habe er abgelehnt, da sie dem Spieler gehörte hatte, der kurz vor seinem Eintreffen gefeuert worden war – blieb das Shirt mit der Nummer 1. „Aber das hatten die nur noch in Größe M.“ Viel zu klein für den 1,93-Meter-Mann. Genommen habe er es trotzdem. Lachend erinnert sich der Texaner: „In dem engen Ding sah ich aus wie ein richtiger Schrank – das hatte was.“

Derweil hat Karla ihre Augen wieder geöffnet. „Wir fühlen uns echt wohl in Trier“, sagt der 30-Jährige, während er seine Tochter anlächelt. „Die Gegend ist wunderschön, die Menschen sind angenehm. Es fühlt sich gut an, hier zu leben – und ich kann mich gut verständigen.“ Denn: Egal ob im Restaurant oder im Supermarkt – Lewis spricht Deutsch, seine Frau Kathi hat es ihm beigebracht. Ein Vorteil, nicht nur im Alltag, auch auf dem Platz: „Witzig ist, dass viele meiner deutschen Gegenspieler nicht damit rechnen, dass ich sie verstehe. Deswegen stelle ich mich auf dem Feld immer gerne daneben, wenn sie miteinander sprechen, und versuche mitzubekommen, was sie sagen – manchmal hilft‘s“.

Das Spiel zwischen Trier und Artland am Samstag ist ab 20 Uhr live im Internet unter www.airtango.live zu sehen.

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