Hurra, wir leben noch!

Oldenburg · Sportlich ist die TBB Trier noch lange nicht pleite: Sensationell gewinnt der wirtschaftlich angeschlagene Basketball-Bundesligist von der Mosel das Match in Oldenburg. Ob dieser Erfolg dem insolventen Verein hilft, ist fraglich. Und Trainer Henrik Rödl übt deswegen leise Kritik an der Liga.

 Schreit die Anspannung hinaus: TBB-Trainer Henrik Rödl mit geballten Fäusten am Spielfeldrand in Oldenburg, auch Spieler und Co-Trainer hält es nicht mehr auf den Sitzen. Foto: Ulf Duda

Schreit die Anspannung hinaus: TBB-Trainer Henrik Rödl mit geballten Fäusten am Spielfeldrand in Oldenburg, auch Spieler und Co-Trainer hält es nicht mehr auf den Sitzen. Foto: Ulf Duda

Oldenburg. Es war eine Mischung aus Stolz, Rührung und eigenem ungläubigen Erstaunen, mit der Henrik Rödl vor die Kameras und Mikrofone trat: Just am Samstagabend um 22.20 Uhr pfiffen hinter dem Coach der TBB Trier mehr als 4000 Zuschauer die auseinandergenommene Formation der EWE Baskets Oldenburg gnadenlos in Grund und Boden. Doch im Fokus stand allein der Gäste-trainer, von dem alle wissen wollten: Wie kommt so ein Sieg nach einer Woche scheinbarer Schockstarre zustande?Erst am Freitag hatte Trier Insolvenz angemeldet, in der Kasse des Clubs klafft eine Lücke von mehreren Hunderttausend Euro. Die Liga bestrafte die TBB mit acht Punkten Abzug wegen des Verstoßes gegen die Lizenzbestimmungen. Auch das vorzeitige Saison-Aus wegen Geldmangels ist immer noch möglich."Wahnsinnig stolz" sei er auf das Team, sagte der Mann im schwarzen Anzug und mit dem leuchtend gelben TBB-Logo auf dem schwarzen Hemdkragen nun nach dem 80:60 (46:32) bei favorisierten Gegner Oldenburg. Und er gestand ein: "Ich wusste vor dem ersten Sprungball auch nicht so recht, was denn heute Abend hier heraus kommen würde. Die Mannschaft hat so viel durchgemacht in letzter Zeit. Es hat ein unglaublicher Druck auf allen gelastet. Aber die Jungs haben das fantastisch gemacht."Es muss wohl eine Art Rütlischwur gewesen sein, der den wegen eines Trauerfalls ohne Jermaine Anderson angereisten Trie rern zu diesem Auftritt verholfen hatte. Als Fallobst, mit dem niemand mehr rechnet, wollte sich keiner der Trierer Basketball-Profis präsentieren - ob als eindeutiges Signal mannschaftlicher Geschlossenheit oder aus der persönlichen Motivation heraus, sich selbst bei potenziellen neuen Arbeitgebern vorteilhaft in Szene zu setzen."Wir hatten uns vorher geschworen, zusammenzuspielen, zu kämpfen, die Ruhe zu bewahren. Und das hat das Team in unglaublicher Weise umgesetzt", sagte Rödl, in dessen Augen nach Spielende Tränen zu sehen waren. Nicht ein Mal waren die Hausherren, die als Sechster vor den Duellen gegen die Schwergewichte der Liga und dem Derby gegen die Artland Dragons den Sprung unter die Top vier anstrebten, gegen den Tabellenletzten in Führung gegangen. Bereits der Dreier von Samenas schickte Trier auf die Siegerstraße. Frei nach Che Guevara (lebte von 1928 bis 1967) waren die Trie rer als krasser Außenseiter in die Partie gestartet: "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!" Mit dieser Art positivem Fatalismus war Che, eine Mischung aus Urvater aller heutigen Linken und Sexsymbol, einst aufgebrochen, um Kuba aus der Hand der Imperialisten zu befreien. Um solche Ziele geht es bei den Trierer Basketballern zwar nicht, aber sie folgen einem ähnlichen Leitmotiv wie der Revolutionär: Was haben wir noch zu verlieren? Packen wir\'s an! Sein Unverständnis über das Ausmaß der Sanktionen mit dem Abzug von acht Punkten hatte Rödl schon vor dem Spiel geäußert: "Es ist ein sehr hartes Holz, wenn man den Eindruck gewinnt, dass es einem genommen wird, die Liga sportlich zu halten." Ob der Knaller von Oldenburg Auslöser für ein wirtschaftliches Feuerwerk bei der TBB sein kann, ist unklar. Gespannt sein dürfen die Fans der Trierer auf den nächsten Heimauftritt des angeschlagenen Erstligisten. Und auf die Reaktionen vom Parkett und von den Rängen.TBB Trier: Harris (6), Lukovic (14), Schmidt (4), Mönninghoff (5), Samenas (14), Chikoko (17), Vrabac (4), Leonhardt (n.e.), Bucknor (16), Kramer (0).

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