TBB-Geschäftsführer Sebastian Merten im Interview zur Insolvenz des Vereins

Trier · TV: Herr Merten, auf der Pressekonferenz Mitte März, auf der die Insolvenz öffentlich geworden ist, hieß es plötzlich, Sie seien nie als Geschäftsführer der TBB Trier tätig gewesen, obwohl dies von Saisonbeginn an von Vereinsseite so offiziell verkündet worden war.

Was steckt dahinter?
Sebastian Merten: Das lässt sich sehr einfach erklären. Eine Aktiengesellschaft wird rechtlich von einem Vorstand vertreten, dessen Vorsitz bei der TBB Trier bei Sascha Beitzel liegt. Der Titel Geschäftsführer repräsentiert bei einer AG im Allgemeinen eine leitende Funktion unterhalb des Vorstands mit klar abgegrenzten Verantwortlichkeiten. Konkret lautet meine Funktionsbezeichnung Geschäftsführer Marketing & Vertrieb. Zudem sollte in meinem Fall die Rolle des Geschäftsführers einerseits eine professionelle Repräsentanz der TBB im Außenverhältnis sicherstellen und zudem einen Zwischenschritt hin zu weiteren Aufgaben und einer zukünftigen Vorstandsfunktion darstellen.

Wie lautet der genaue Titel Ihres Postens und welche Aufgaben beinhaltet er?
Merten: Wie schon erwähnt fungiere ich offiziell als Geschäftsführer Marketing & Vertrieb. Neben der tagesgeschäftlichen Sponsorenakquise und -betreuung stand im laufenden Jahr die Aktivierung unseres Jubiläums im Fokus meiner Aufgaben. Dies umfasste unter anderem die Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Trier, die bekannten Plakataktionen mit verschiedenen Graffiti-Künstlern und einiges mehr. Hinzu kommt eine repräsentative Vertretung der TBB Trier in der Öffentlichkeit, etwa auf diversen Veranstaltungen und natürlich die Vertretung der TBB im Rahmen von BBL Meetings, was mit der BBL so abgestimmt ist. Die Finanzplanung oder Erstellung der wirtschaftlichen Rahmendaten gehörte nicht in mein Aufgabenspektrum oder meine Verantwortlichkeit.

Waren Sie für den Bereich Finanzen zuständig?
Merten: Nein.

Wenn nicht, wer hat sich dann beispielsweise um die Erstellung eines Finanzplans gekümmert?
Merten: Die Finanzplanungen wurden bei der TBB Trier durch den Geschäftsstellenleiter in Abstimmung mit dem Vorstand unter dessen Verantwortlichkeit erstellt.

Wie eng haben Sie mit Sascha Beitzel und Bernd Haasenritter zusammengearbeitet?
Merten: Wir sind ein kleines Team, bei dem jeder operativ tätig ist und zupacken muss. Dennoch herrschen klare Aufgabenverteilungen und Verantwortlichkeiten vor, über die wir uns selbstverständlich regelmäßig ausgetauscht haben.

Inwiefern wussten Sie, wer sich von beiden um welche Aufgaben kümmert?
Merten: Die Zuständigkeiten sind seit meinem Start bei der TBB klar geregelt und haben sich seither nicht geändert.

Wann und wie haben Sie das erste Mal mitbekommen, dass es finanziell eng werden könnte?
Merten: Der Etat der TBB ist in jeder Saison auf Kante genäht. Das ist jedem Mitarbeiter bewusst und auch mir, seit ich vor knapp viereinhalb Jahren hier gestartet bin. Daraus wurde ja auch nie ein Geheimnis gemacht. Das aktuelle Problem ist mir bekannt, seit ich darum gebeten wurde die Buchhaltung zu prüfen, das jetzige Ausmaß war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht absehbar. Zuerst wurde von einem Liquiditätsproblem ausgegangen. Diese gab es auch in der Vergangenheit schon und wurden von Privatleuten gedeckt. Nachhaltige Prüfungen verdeutlichten dann, dass eine wesentliche Etatlücke vorliegt, deren Ausmaß durch weitere Prüfungen immer deutlicher und leider auch immer größer wurde.

Befürchten Sie strafrechtlich belangt werden zu können?
Merten: Lassen Sie mich vorweg anmerken: In allererster Linie geht es darum, einen Fortbestand der TBB zu sichern und daran arbeiten wir nun mit aller Kraft. Natürlich stellt man sich in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage, ob man durch eigenes Zutun etwas hätte verhindern können, aber ich habe mir im Zusammenhang mit diesen Problemen nichts zu Schulden kommen lassen.

Inwiefern haben Sie selber Fehler gemacht?
Merten: Diese Frage stelle ich mir auch Tagein und Tagaus. Vielleicht war ich zu sehr auf meine konkreten Aufgabenbereiche konzentriert und habe nicht hinterfragt, was in anderen Abteilungen gut oder schlecht läuft. Im Rückblick ist nun klar, dass in unserer Buchhaltung etwas nicht gepasst hat und auch wenn es nicht mein Aufgabenbereich war, hätten wir dies vielleicht durch eine frühere Überprüfung anders oder besser lösen können.

Wie ist es zu erklären, dass der Verein der Liga Ende 2014 einen Überschuss von 90 000 Euro vermeldet und wenige Monate später Insolvenz anmelden muss mit dem Eingeständnis: es fehlen 800 000 Euro?
Merten: Hinsichtlich der Zusammenstellung dieser Daten bin ich der falsche Ansprechpartner. Die Meldung der Datensätze an die Liga erfolgt in jeder Saison zum 15. Januar des Jahres, mit einem Stand zum 31. Dezember des Vorjahres. Zu diesem Zeitpunkt wurden unsererseits erste Liquiditätsprobleme registriert und man ist noch davon ausgegangen, die vor der Saison eingereichte Planung sei weiterhin stimmig, die Liquiditätsprobleme könnten ausgeglichen werden. Inhaltlich waren im Verhältnis zum Saisonbeginn keine gravierenden Änderungen aufgetreten. So lagen wir in den Bereichen Ticketing und Sponsoring zu diesem Zeitpunkt klar im Plan. Wie es dann derart schnell zur Eskalation der finanziellen Situation kommen konnte, wird nun in aller Tiefe aufgearbeitet werden. Hiermit ist ja auch der vorläufige Insolvenzverwalter bereits befasst.

Viele TBB-Fans haben sich an uns gewendet mit der Frage, wie konnte es zu diesem Loch im Etat kommen? Die Frage möchte ich gerne weitergeben: Wie sind die 800 000 Euro zu erklären?
Merten: Mittlerweile meine ich, dies relativ konkret aufgearbeitet zu haben. Es sind einige unglückliche Verkettungen zusammengekommen. Dies betrifft Teile der Saisonkostenplanung und auch andere Kostenfaktoren wie beispielsweise die der Saisonvorbereitung. Auch diese Dinge werden wir dem vorläufigen Insolvenzverwalter weiter darlegen.

Entgegen den bisher öffentlich gewordenen Meldungen, die TBB-Angestellten hätten lediglich für die Monate Januar, Februar und März kein Gehalt erhalten, liegen uns nun Informationen vor, dass bereits die November und Dezember-Gehälter nicht fristgemäß gezahlt wurden. Was sagen Sie dazu?
Merten: Dass Gehälter zwischen Monatsbeginn und Monatsmitte angewiesen werden, ist solange ich bei der TBB tätig bin, ein völlig normaler Vorgang. Das hängt mit der stark schwankenden Einnahmeseite, Zahlungseingängen von Sponsoring-Partnern oder den Spieltageinnahmen ab. Derartige Vorgänge sind bei Vereinen unserer Größe und sogar bei einigen kleineren Profifußballvereinen der zweiten oder dritten Liga in bestimmten Phasen völlig normal.

Inwieweit war der Verlust des Hauptsponsors Extra-Reisen mitverantwortlich für die Insolvenz?
Merten: Das hatte keinen Einfluss auf die Insolvenz. Wir haben die vereinbarte Abschlagszahlung beim Ausstieg erhalten und zusätzlich beschlossen, das Trikot für einzelne Spiele an Sponsoren zu verkaufen, so dass wir letztendlich bei nahezu der gleichen Summe herauskamen, die wir auch bei Fortbestand des Vertrages erhalten hätten.

Wie ist Ihr Verhältnis derzeit zu Bernd Haasenritter, Sascha Beitzel sowie zu Henrik Rödl, Thomas Päch und Frank Baum?
Merten: Natürlich sind wir alle aufgrund der aktuellen Umstände sehr angespannt. Uns liegt dieser Verein sehr am Herzen und daher ist diese Insolvenz sehr belastend für alle Beteiligten. Ich bin aber aktuell sehr intensiv in meine eigentlichen Aufgabenbereiche im Marketing und sehr stark in die Aufarbeitungen im Finanzbereich eingebunden, zudem haben definitiv die Planungen für die Saison 2015/16 und die Sicherung des Basketball Standortes Trier vor allem anderen Vorrang. Zu Bernd Haasenritter sei allerdings ergänzend noch festzuhalten, dass er in den Tagen und Wochen nach seiner Kündigung bei allen aufkommenden Fragen immer erklärend zur Verfügung stand. Das ist in seiner Situation sicherlich alles andere als selbstverständlich.

Wie geht es für Sie nun weiter beruflich?
Merten: Das ist aktuell noch nicht entschieden. Aktuell stecke ich meine ganze Kraft in die Regelung des Fortbestandes der TBB und arbeite eng mit unserem vorläufigen Insolvenzverwalter zusammen. Das hat absolute Priorität. Anschließend wird sich dann zeigen, wie es weitergeht.

Wie sehen Sie die Chancen, dass es auch in Zukunft Profi-Basketball in Trier geben wird?
Merten: Es gibt sehr viele Menschen in Trier und der gesamten Region, die am Fortbestand des Basketball-Standorts ein großes Interesse haben. Deshalb bin ich auch sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, auch in Zukunft in Trier professionellen Basketball anzubieten.

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