Wahrheiten im Wald

Trier · Raus aus der Halle, rein in den Wald: Vor dem Spiel der Römerstrom Gladiators Trier bei den Crailsheim Merlins am Samstag (19.30 Uhr) hat der TV Trainer Marco van den Berg auf einem Waldspaziergang begleitet und zugehört, was er über seine Zukunft in Trier, kritische Stimmen und eine neue Trainingshalle zu sagen hat.

 Gladiators-Trainer Marco van den Berg mit seinen Hunden Fjodor (vorne) und Bob im Trierer Weißhauswald. TV-Foto: Marek Fritzen

Gladiators-Trainer Marco van den Berg mit seinen Hunden Fjodor (vorne) und Bob im Trierer Weißhauswald. TV-Foto: Marek Fritzen

Foto: (g_sport

Trier. Es ist 10.28 Uhr an diesem regnerischen Novembermorgen. Gerade ist Marco van den Berg mit seinem Wagen auf dem Parkplatz im Trierer Weißhauswald vorgefahren, hat die Heckklappe geöffnet und seine Begleiter herausgelassen: Cocker-Spaniel Bob und Flat Coated Retriever Fjodor. Jetzt noch ein, zwei klare Ansagen auf Holländisch an die beiden Vierbeiner, dann geht's in den Wald.

"Auswärts spielen wir zu oft wie kleine, brave Jungs, wie pretty boys. Es müssen sich Führungsspieler herausbilden, die in den entscheidenden Situationen vorangehen. Simon Schmitz, Jack Eggleston und Brandon Spearman haben beim Heimsieg über Baunach wieder einmal bewiesen, dass sie das können."

Sein Job lässt ihn nicht los, auch hier oben nicht, hoch über seiner neuen Heimatstadt. Mehrmals in der Woche ist der Trainer von Basketball-Zweitligist Römerstrom Gladiators Trier in dem riesigen Waldgebiet im Trierer Nordwesten oder im Hochwald unterwegs. Der 51-Jährige schätzt die Ruhe, weit entfernt vom Stress unten in der Stadt. Hier, so sagt er, komme er zur Ruhe.
Nur den Basketball, den kann er nicht vergessen. Besonders die Auswärtsniederlagen der letzten Wochen schwirren ihm noch immer durch den Kopf.
"Die Pleite in Hanau war peinlich, klar. Aber wir werden uns auswärts steigern, das war im vergangenen Jahr genauso. Auswärts ist es für junge Teams immer schwer. Das ist kein Phänomen, das nur bei uns existiert - man denke nur an die deutliche Niederlage von Heidelberg bei uns vor ein paar Wochen. Ich muss sagen, mich beunruhigt das nicht, im Gegenteil, ich sehe das Team derzeit sogar insgesamt weiter als in der vergangenen Saison."

Regentropfen prasseln auf den bunten Laubteppich am Waldboden, Bob und Fjodor suhlen sich im Matsch am Wegesrand, van den Berg hat sich seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Seit Juli 2015 lebt er an der Mosel. Seine Frau und seine Tochter wohnen nach wie vor im holländischen Groningen, die Neunjährige geht dort zur Schule, seine Frau macht gerade ihren Doktor in Psychologie. Die Familie sieht sich nur alle paar Wochen. Aber, und das betont er immer wieder, alle drei kämen gut damit klar, man telefoniere mehrmals täglich. Sein Vertrag an der Mosel läuft im Sommer aus.

"Ich würde sehr gerne über den Sommer hinaus bleiben, aber das habe nicht ich zu entscheiden, sondern die Fans. Ich finde, man sollte die Anhänger befragen, ob sie mich weiter als Trainer sehen wollen. Wenn sich eine Mehrheit dafür ausspricht, bleibe ich, wenn nicht, dann räume ich meinen Stuhl im Sommer - Ich meine das ganz ernst."

Nach den teilweise deutlichen Auswärtsniederlagen in Nürnberg, Paderborn, Dresden und in Hanau waren zuletzt auch kritische Stimmen unter den Anhängern laut geworden. Der Tenor: der Coach setzt zu wenig Impulse von außen.

"Kritik ist wichtig, sehr wichtig, ich bin immer offen dafür, solange jemand auf mich zukommt und mit mir direkt darüber spricht. Um Kritik, die anonym im Internet geäußert wird, kümmere ich mich allerdings nicht. Nur mal das Beispiel Hanau: Wir haben gegen sie fünfmal die Verteidigung umgestellt, von außen alles versucht, aber manchmal reicht es halt nicht. Generell erwarte ich schon sehr viel Eigenverantwortung von meinen Spielern auf dem Feld. Mentalität ist die Basis (50 Prozent), Technik (30 Prozent), dann kommt Taktik (20 Prozent).

Marco van den Berg läuft mit den Hunden eine kleine Treppe am leerstehenden Restaurant Weißhaus hinab. Unten, hinter dem Zaun, da liegt Trier im Regen. Ein Thema, das den Coach seit seinem Amtsantritt stetig beschäftigt, ist die Vision von einer eigenen Basketball-Trainingshalle in der Stadt. Nur so könnten Nachwuchstalente aus der Region effektiv gefördert werden, nur so könnte es Trier in absehbarer Zeit wieder in die Bundesliga schaffen.

"Wenn man dem Trierer Basketball nachhaltig ein eigenes Gesicht geben und erfolgreich sein will, dann geht das nur über hervorragende Jugendarbeit. Kilian Dietz, Sebastian Herrera, Rupert Hennen oder Nils Maisel sind die besten Beispiele. Aus diesem Grund brauchen wir eine Halle, die wir gemeinsam mit den anderen Trie rer Basketballvereinen zu jeder Zeit nutzen können. Oberbürgermeister Wolfram Leibe steht auch dahinter, das stimmt mich zuversichtlich, dass es klappen wird."

Es ist kurz vor zwölf Uhr als van den Berg wieder den Parkplatz mit seinem Auto erreicht. Er packt Bob und Fjodor in den Kofferraum.

"Ich fühle mich wohl in Trier und würde hier sehr gerne über den Sommer hinaus etwas aufbauen."

Dann fährt er zurück in die Stadt, das nächste Training steht an.
Extra

Heute Abend (Samstag, 19.30 Uhr) treten die Gladiators auswärts bei Bundesliga-Absteiger Crailsheim Merlins an. Das Team des 34-jährigen finnischen Trainers Tuomas Iisalo ist mit mehreren Ex-Bundesligaspielern gespickt und peilt den direkten Wiederaufstieg an. "Neben dem MBC gehört Crailsheim zu den spielerisch stärksten Teams der Liga. Man kann keine zwei, drei Spieler herausheben, sie sind als Mannschaft sehr gefährlich", sagt Triers Trainer Marco van den Berg. Fehlen wird neben den Langzeitverletzten Pablo Coro und Thomas Henkel auch Ryan Nicholas (Gehirnerschütterung). mfr

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