Zwischen Defense, Dylan und Dostojewski

Trier · Er mag Indie-Rock und die Beatles, liest russische Klassiker und träumt von den Playoffs: Der neue TBB-Flügelspieler Nate Linhart (24) hat ein paar Wochen gebraucht, um sich in der Liga zu akklimatisieren. Im Porträt sagt der Amerikaner, was ihm an der BBL und an Deutschland gefällt. Für Basketball-Bundesligist TBB Trier steht am Samstag das nächste Heimspiel gegen Bayreuth an (20 Uhr, Arena).

 Straßenmusiker? Nein! TBB-Neuzugang Nate Linhart spielt zwar Gitarre, normalerweise aber nicht – wie hier fürs Foto – in der Trierer Fußgängerzone. TV-Foto: Andreas Feichtner

Straßenmusiker? Nein! TBB-Neuzugang Nate Linhart spielt zwar Gitarre, normalerweise aber nicht – wie hier fürs Foto – in der Trierer Fußgängerzone. TV-Foto: Andreas Feichtner

Trier. Mittwoch Nachmittag in der Trierer Innenstadt. Ein paar Schleierwolken verlieren gegen die Spätoktober-Sonne. Die Anarcho-Blechbläser-Kombo Moop Mama macht auf dem Hauptmarkt, später vor der Porta Nigra Werbung für ihren abendlichen Auftritt im Casino. Und der junge Mann, der mit Akustikgitarre in der Simeonstraße posiert, könnte gut als Musiker durchgehen: Da sitzt Nate Linhart, 24 - mit Fünf-Tage-Bart, dunkler Ray Ban vor den Augen, Griffbrett unter den Fingern. Der Amerikaner ist nicht als Songwriter in Trier, sondern als Profi-Sportler. Aber er ist eben vielseitig. Auf dem Parkett und jenseits. "Ich spiele da, wo ich dem Team am besten helfen kann", sagt Linhart. Da ist es dem Zwei-Meter-Mann egal, ob er auf den Positionen Shooting Guard oder Small Forward spielt oder er auch mal Power Forward eingesetzt wird. In der Offensive setzte er zudem beim klaren Sieg gegen Bremerhaven Akzente. Da machte Linhart 14 Punkte - und sein bisher bestes BBL-Spiel.
Trainer Henrik Rödl mag diese Flexibilität und den Einsatz des einstigen College-Kollegen von Dru Joyce. Die Umstellung sei nicht ganz leicht gewesen, sagt Linhart, der bisher im Schnitt knapp 20 Minuten pro Spiel zum Einsatz kommt. Linhart hatte zuletzt in den USA in der D-League gespielt, einer Liga, in der es vor allem darum gehe, sich selbst zu präsentieren: "Team-Basketball spielt dort keine Rolle. Auch das Zuschauer-Interesse hält sich in Grenzen. Das ist in der BBL ganz anders. Es geht hier auch physisch ganz anders zur Sache. Da musste ich mich dran gewöhnen - aber so langsam habe ich richtig Spaß daran." Linhart sieht sich leistungsmäßig noch längst nicht am Limit ("Ich kann besser spielen."). So langsam kommt aber Routine rein: Die andere Spielweise, das Leben in einem noch eher fremden Land - das alles gefällt Linhart: "Die Leute hier sind entspannter als in den Staaten, nicht so gehetzt."
Da gibt es auch innerhalb Europas große Unterschiede. Der aus Ohio stammende Flügelspieler machte seine ersten Europa-Erfahrungen in der österreichischen Provinz, in Fürstenfeld. Auch Trier gilt nicht als Welthauptstadt des Stresses. Aber es ist seine Heimat, derzeit, wenn auch vielleicht nur für eine Weile: Die kleine Wohnung in Trier-Ost, in der Linhart dann auch mal zum Buch greift. Klassiker haben es ihm angetan, wie Kerouacs "On the Road" oder Salingers "Fänger im Roggen". Derzeit arbeitet er sich durch Dostojewskis "Schuld und Sühne". Oder er covert Dylan oder Death Cab for Cutie auf der Gitarre. Eine kleine gemeinsame Gitarrensession gab es auch schon mit Oskar Faßler. Aber viel wichtiger ist Linhart, mit dem Team das Parkett zu rocken: "Wir haben ein starkes Team. Wenn es gut läuft, können wir die Playoffs erreichen." Dann müsste Linharts Europa-Erkundungstour nach der Saison zwar etwas warten - er war noch nie in Berlin, Paris, London oder Amsterdam. Aber das wäre dann wahrlich kein Problem.Extra

TBB Trier - Bayreuth (Samstag, 20 Uhr, Arena Trier): "Jeder Trainer hat seine eigene Vorstellungen", sagt Nate Linhart vor dem Heimspiel am Samstag gegen Bayreuth. Das könne sich schnell bemerkbar machen. Beim BBC feiert Cheftrainer Marco van den Berg seine Premiere, nachdem ein Fehlstart seinen Vorgänger Andreas Wagner den Job gekostet hat. TBB-Trainer Henrik Rödl warnt davor, den Gast (bisher erst ein Saisonsieg) zu unterschätzen. Die Bayreuther hätten bisher teilweise unter ihren Möglichkeiten gespielt. AF

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort