50 Jahre „Tor des Monats“ Toppmöller & Co.: Regionale Kicker und ihre Geschichten zum Tor des Monats

Region/Hamburg · 50 Jahre alt und immer noch begehrt: Das Tor des Monats ist in der ARD-Sportschau eine Institution. Superstars wie Amateure, ganz Junge wie hoch betagte Senioren, kuriose wie spektakuläre Tore wurden ausgezeichnet. Die Kult-Wahl bietet einen Fundus an Geschichten – auch Fußballer aus der Region haben einige Kapitel mitgeschrieben.

50 Jahre Tor des Monats: So waren Kicker aus der Region Trier beteiligt
Foto: dpa/Harald Tittel

Die alten (Post-)Säcke sind schon lange weg beim Tor des Monats. Bis Ende 1996 waren sie fester Bestandteil, wenn in der ARD-Sportschau die siegreichen Schützen aus den Zuschauer-Zuschriften den Gewinner zogen. Heute wird telefonisch und online abgestimmt. Auch sonst hat sich seit dem Start 1971 einiges bei der Kult-Wahl geändert. Doch die Wertschätzung für den Wettbewerb ist geblieben.

„Wir haben festgestellt, dass das Tor des Monats für die Beteiligten immer noch eine sehr hohe Relevanz hat, egal wie berühmt sie sind“, sagte Sportschau-Chef Steffen Simon. „Man merkt, dass es den Profis etwas bedeutet, wenn sie die Münze bekommen.“ 557 Tore wurden bis heute ausgezeichnet. In diesem Monat wird die vom früheren Sportschau-Chef Klaus Schwarze erfundene Wahl 50 Jahre alt. Eine Geschichte mit Kuriositäten, ausgewöhnlichen Siegern und Rekorden. Auch einige Fußballer aus der Region erinnern sich noch heute sehr gerne an ihre Kunststücke zurück.

So, wie Klaus Toppmöller. Der heute 69-Jährige aus Rivenich (Kreis Bernkastel-Wittlich) traf in seiner Zeit beim damaligen Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern (1972 bis ’80) in 204 Einsätzen 108 Mal ins Schwarze. Der Treffer am 21. April 1979 zur zwischenzeitlichen 1:0-Führung der Roten Teufel bei Eintracht Frankfurt (Endstand: 2:2) genießt aber einen ganz besonderen Stellenwert bei ihm: „Ich hatte mit Bruno Pezzey einen hartnäckigen Bewacher, doch die Flanke von rechts kam so maßgenau, dass ich mit einem wuchtigen Flugkopfball traf.“ Oftmals war Toppmöller nach Vorlagen von außen zur Stelle: „Sepp Pirrung und Hannes Riedl haben das mit ihren Finten immer wieder gut gemacht, toll angetäuscht und nach innen geflankt. Vieles war einstudiert.“

An ein paar weitere Glanzlichter kann sich Toppmöller auch Jahrzehnte später noch gut erinnern: „Unter meinen drei Toren am 10. April 1976 beim 4:3 bei Bayern München war auch ein Außenristtor aus 20 Metern. Doch wenn im gleichen Monat auch bei der Nationalmannschaft schöne Treffer fielen, bekamen die oft mehr Stimmen.“ So wie damals Erich Beers 30-Meter-Knaller zum 1:1-im deutschen EM-Qualifikationsspiel in Spanien.

„Einfach super“ ist die Erfindung des Tor des Monats aus Sicht von Toppmöller, der selbst dreimal das DFB-Trikot trug und dabei einmal erfolgreich war (am 22. Mai 1976 beim 2:0 im EM-Qualifikations-Rückspiel gegen Spanien): „Schöne Treffer sind das A und O im Fußball. Da geht einem das Herz auf. Früher war ich immer gespannt darauf, ob ich es mit einem meiner Tore in die engere Auswahl geschafft hatte.“ Über die auch heute noch bei Profis wie Amateuren begehrte Tor-des-Monats-Münze verfügt Toppmöller indes nicht mehr: „Sehr schade – die ist mir mal geklaut worden.“

Ein Club aus der Region tauchte erstmals 1987 in der Liste schönsten Treffer der jeweiligen Monate auf: Am 28. März jenes Jahres nahm Eintracht Triers Angreifer Karl Dubois gegen die aufgerückte Hintermannschaft des VfL Hamm fast exakt von der Mittellinie aus Maß und traf über den nicht schnell genug zurückeilenden Torwart der Westerwälder hinweg zum 1:3. Am Ende siegte der SVE im Auswärtsspiel der seinerzeit noch drittklassigen Oberliga Südwest mit 4:1. „In einem Heimspiel gegen Südwest Ludwigshafen ist mir in diesen Jahren noch mal so ein ähnliches Ding gelungen“, sagt der 55-Jährige, der im nordsaarländischen Wadern einen Getränkehandel betreibt und dem Fußball noch über seinen in der D-Jugend kickenden Filius Simon und den Förderverein des Sechstligisten FC Noswendel-Wadern verbunden ist.

Als er damals einen Anruf bekam und man ihn zur Übergabe der Medaille ins WDR-Studio nach Köln einladen wollte, dachte Dubois zunächst an einen Scherz: „Ich arbeitete damals in einem Büro. Als man mir den Anruf durchstellte, ging ich davon aus, dass mich da einer auf den Arm nehmen will und habe aufgelegt.“ Doch die Fernsehmacher blieben hartnäckig, bekamen Dubois, der insgesamt fünf Jahre in Trier spielte („Eine wunderschöne Zeit, auf die ich heute sehr gerne zurückblicke.“) noch an die Strippe. Vor dem Auftritt im Studio wurde er von Adidas eigens eingekleidet: „Das war damals schon was.“

Knapp neun Jahre nach Dubois’ Geniestreich traf mit Jürgen Roth-Lebenstedt ein Spieler des FSV Salmrohr aus noch größerer Distanz – als Torwart wohlgemerkt: Als es kurz vor Schluss im Duell der Regionalliga West/Südwest 1:2 stand, stürmte Gastgeber Rot-Weiß Oberhausen mit Mann und Maus, und auch Schlussmann Jörg Dohn hatte längst seinen Kasten verlassen. „Zweimal davor hatte ich schon überlegt, den Ball ganz weit abzuschlagen, entschied mich dann aber dafür, Rudi Thömmes in Höhe der Mittellinie zu bedienen. Unser Trainer Horst Brand forderte mich auf, es bei der nächsten Aktion mal zu probieren“, berichtet der 58-Jährige. Gesagt, getan: Als er erneut einen Eckball abgefangen hatte, drosch der FSV-Keeper den Ball nach vorne, und dieser trudelte zum 1:3 über die Torlinie. „Ein Oberhausener Fan hatte das Spiel privat gefilmt. Er fragte mich noch, ob er das Video bei der ARD einreichen kann. Klar sagte ich und war super stolz, dass ich dann die Wahl gewann.“ Auch in der Ausscheidung zum Tor des Jahres mischte Roth-Lebenstedt mit seinem Treffer aus rund 80 Metern weit vorne mit. Am Ende bekam er hier die drittmeisten Stimmen. Sieger wurde Nationalspieler Oliver Bierhoff mit seinem Golden Goal zum 2:1 im EM-Finale gegen Tschechien.

Es war für den Torwart „eine wunderschöne Geschichte in meiner Laufbahn“, die er wenig später wegen den Spätfolgen einer schweren Knieverletzung mit 33 Jahren beenden musste. Anschließend wirkte der in Kinderbeuern lebende Roth-Lebenstedt als Trainer in Wittlich, Koblenz und als Coach der zweiten Mannschaft und der Torleute bei Eintracht Trier. Vor rund 15 Jahren hat sich „JRL“, wie sie ihn auf dem Fußballplatz oft riefen, aus dem Trainergeschäft zurückgezogen: „Ich habe meine Milch gegeben. Meist schaue ich mir noch Bundesligafußball an, am liebsten Borussia Dortmund.“ Das Tor des Monats ist für ihn ein „großer Inklusionsfaktor: Hier sind Profis, Frauen, Jugend in einem Wettbewerb vereint“.

In Trier wurde er geboren, spielte ab Mitte der Neunziger je zwei Jahre für die Eintracht und dann für den SV Prüm. Das Tor des Monats März 2002 markierte Nicola Lalla indes für einen Club aus seiner saarländischen Heimat: Im Oberliga-Spitzenspiel von Borussia Neunkirchen gegen den FK 03 Pirmasens setzte der Angreifer zum Fallrückzieher an und traf etwa vom Fünfmeterraum-Eck aus zum 3:0 (Endstand: 3:1). „Ein schöner Frühlingstag, ein Topspiel mit vielen Zuschauern im Ellenfeld, ein Sieg von uns und dann noch so ein Treffer von mir: Es war ein Tag wie gemalt“, schwärmt Lalla. Dieser Treffer war das erste Tor des Monats eines Neunkircher Spielers. Da ließ sich die ARD für die Übergabe etwas ganz Besonderes einfallen und arrangierte die Medaillen-Übergabe mit Vereinslegende Stefan Kuntz, dem heutigen U21-Trainer des DFB.

Noch heute schaut sich Lalla das damalige Kunststück immer wieder an – auf Drängen seines 13-jährigen Sohnes Jordi, der für den SC Gresaubach spielt. Der 43-jährige Papa hat gerade beim Saar-Verbandsligisten SV Losheim für eine weitere Saison als Spielertrainer zugesagt.

Das bislang letzte Tor mit regionaler Beteiligung fiel am 6. Oktober 2015 im Kasseler Auestadion. Eintracht Triers Verteidiger Christian Telch erinnert sich: „Es war kein gutes Spiel von uns, da dachte ich mir, versuch’ es doch mal direkt, zumal mir dort etwa zwei Jahre vorher ein ähnliches Tor gelungen war.“ So packte er aus rund 35 Metern den Hammer aus und traf genau in den Winkel des Kasseler Gehäuses zum 1:0. Am Ende siegte der SVE im Regionalliga-Auswärtsspiel beim KSV Hessen gar mit 2:0. Sein Treffer erzielte 41 Prozent der Stimmen – einer der Spitzenwerte in 50 Jahren des Monats. Auch hier fand die Übergabe in besonderem Rahmen statt: Triers erster Tor-des-Monats-Schütze Dubois ehrte Telch, der nach den zwei Jahren in Trier noch drei Saisons für den FC Homburg auflief und inzwischen in Diensten des nordbadischen Verbandsligisten VfR Mannheim steht. „Hier kann ich Fußball und Beruf miteinander verbinden“, so der 33-Jährige.

Am Sonntag, 18.30 Uhr, zeigt die ARD die Sendung: „50 Jahre Tor des Monats - Retorspektive“.

(dpa)
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