DFB-Pokal 1.FC Kaiserslautern gegen 1.FC Nürnberg: Vom Depp zum Pokal-Helden

Kaiserslautern · Kaiserslauterns Torhüter Lennart Grill patzt und wird nach dem 6:5-Erfolg im Elfmeterschießen gegen Nürnberg dennoch zum gefeierten Matchwinner.

 Kaiserslauterns Torwart Lennart Grill sorgt erst durch einen leichtsinnigen Fehler für die Verlängerung und anschließend für den Siegesjubel beim Elfmeterschießen.

Kaiserslauterns Torwart Lennart Grill sorgt erst durch einen leichtsinnigen Fehler für die Verlängerung und anschließend für den Siegesjubel beim Elfmeterschießen.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Dieses Spiel wird Lennart Grill nie vergessen – garantiert! „Es tut uns vielleicht gut, dass wir mit dieser Dramatik gewonnen haben – vielleicht haben wir das Spiel gebraucht“, sagte der Torhüter des 1. FC Kaiserslautern nach dem Pokalkrimi gegen den Zweitligisten 1. FC Nürnberg. Die Roten Teufel hatten die Zweitrundenpartie im DFB-Pokal nach einem „denkwürdigen Abend auf dem Betzenberg“ (FCK-Trainer Boris Schommers) im Elfmeterschießen mit 6:5 gewonnen, den entscheidenden Elfmeter parierte Grill gegen Handwerker. Der 20-Jährige wurde zum „Man of the Match“ (Mann des Spiels) gewählt – und das, obwohl er in der 89. Minute noch zum Unglücksraben mutiert war.

Was war passiert? Eigentlich war in dieser 89. Minute die Partie schon entschieden – zugunsten des 1. FC Kaiserslautern. Die Roten Teufel führten mit 2:1, und der Matchwinner stand eigentlich auch schon fest: Timmy Thiele, der Angreifer des FCK, hatte beide Treffer erzielt. Jeweils vom Elfmeterpunkt. In der achten und 74. Minute. Den zweiten Strafstoß hatte er sogar zweimal verwandelt, weil er wiederholt werden musste (ein Lauterer war zu früh in den Strafraum gelaufen). „Da war ich kurzzeitig etwas verärgert, dann dachte ich: Gut, dann schieße ich ihn eben ein drittes Mal rein.“ Gedacht, getan: Thiele blieb eiskalt vom Punkt, und die FCK-Fans träumten schon vom Achtelfinale.

Doch dann trat Lennart Grill, der nur beim 1:1 von Lukas Jäger (15.) überwunden worden war, in Erscheinung: Er hielt den Ball sicher in den Händen, bereit zum Abschlag. Dann legte er den Ball auf den Boden, hatte jedoch in seinem Rücken den Clubberer Michael Frey übersehen. Der schnappte sich den Ball und schob unbedrängt zum 2:2 ein – lähmendes Entsetzen unter den FCK-Fans. „Im ersten Moment überragte auch bei mir der Schock, jetzt kann ich darüber lachen. Ein bisschen Spannung hat noch nie geschadet“, sagte Grill. Und das Spiel, das schon entschieden war, begann plötzlich wieder bei null. Verlängerung!

Imponierend, wie die Mannschaft auf Grills Patzer reagierte. „Bei Lennis Fehler war ich kurzzeitig schockiert, aber dann muss man als Mannschaft zusammenhalten“, sagte Doppeltorschütze Thiele. Florian Pick, der wegen einer Erkältung nach 69 Minuten zum Unmut der Fans ausgewechselt worden war und das Geschehen von der Bank verfolgte, war ebenfalls konsterniert: „Es geht um viel Geld, und wir waren fast schon durch nach 90 Minuten. Als Lenni den Alleingang von Dovedan pariert hatte, wusste ich, dass es für uns ein Superspiel wird.“ Die zweite Hälfte der Verlängerung gestalteten die Nürnberger drückend überlegen, doch Grill machte seinen Fehler wieder wett und hielt alles, was auf seinen Kasten kam: Einen Freistoß von Geis in den Winkel (107.), den Schuss von Dovedan (110.) und einen Kopfball von Hack (112.). Mit seinen Paraden führte er den FCK ins Elfmeterschießen – und das hielt eine weitere Pointe bereit: Im Gäste-Tor stand nämlich nicht mehr Nürnbergs Torhüter Patric Klandt, denn der hatte sich in der 115. Minute ohne Fremdeinwirkung verletzt. In Klandts Trikot steckte Feldspieler Enrico Valentini, da der FCN sein Wechselkontingent bereits erschöpft hatte. „Mehr passt in einen Pokalfight nicht rein“, sagte Lauterns Trainer Schommer.

Zum großen Pokalhelden beim Showdown vor der Westkurve wird aber nicht der von den knapp 3000 Club-Fans frenetisch angefeuerte Valentini, sondern Lennart Grill. Nachdem die ersten elf Schützen allesamt sicher getroffen hatten, tauchte der FCK-Torhüter in die untere rechte Ecke, parierte den Elfmeter von Handwerker und verschwand anschließend unter der Lauterer Jubeltraube. „So ein extremes Spiel habe ich noch nicht erlebt. Erst der Patzer von Lenni, und dann hält er auch noch den letzten Elfmeter“, schüttelte Thiele den Kopf.

„Das freut mich für die Fans, für die Mannschaft und für meinen fünfjährigen Sohn Frederik, der heute Geburtstag hat. Solche Geschichten schreibt nur der Fußball“, sagte FCK-Coach Schommers, der sich ab Donnerstag mit dem nächsten Drittliga-Gegner Kickers Würzburg (Samstag, 14 Uhr, Fritz-Walter-Stadion) beschäftigen will. „Aus diesem Spiel können wir viel mitnehmen für die Partie gegen Würzburg. Das ist ein Erfolgserlebnis gegen eine starke Mannschaft und hat gezeigt, dass man zusammen kämpfen, beißen und kratzen muss. Das ist nun die Messlatte für den Liga-Alltag.“

Die Lauterer Fans unter den 21 714 Zuschauern genossen nach dem Coup in der ersten Runde gegen den Bundesligisten FSV Mainz 05 nun den überraschenden Triumph gegen den Zweitligisten aus Nürnberg. Im DFB-Pokal stehen die in der Liga auf einem Abstiegsplatz rangierenden Pfälzer nun im Achtelfinale und dürfen sich auf einen attraktiven Gegner (ausgelost wird am Sonntag ab 18 Uhr) und eine fette Einnahme von 702 000 Euro freuen.

Tore: 1:0 (8.) Thiele (Foulelfmeter), 1:1 (15.) Jäger, 2:1 (74.) Thiele (Foulelfmeter), 2:2 (89.) Frey.

Elfmeterschießen: 1:0 Kraus, 1:1 Geis, 2:1 Röser, 2:2 Hack, 3:2 Starke, 3:3 Dovedan, 4:3 Kühlwetter, 4:4 Frey, 5:4 Hemlein, 5:5 Sörensen, 6:5 Bjarnason, Grill hält gegen Handwerker.

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