Die Bedrohung erreicht eine neue Dimension

Ein Rückschlag im Abstiegskampf und ein deftiger Image-Schaden: Regionalligist Eintracht Trier bemüht sich nach dem 1:2 gegen Leverkusen II und darauf folgenden Ausschreitungen im Moselstadion um Schadensbegrenzung.

 Deprimierter Kapitän: Josef Cinar nach dem Spiel. Nach der Niederlage gegen Leverkusen II hatte die Polizei damit zu tun, die Spieler zu schützen. TV-Foto: Hans Krämer

Deprimierter Kapitän: Josef Cinar nach dem Spiel. Nach der Niederlage gegen Leverkusen II hatte die Polizei damit zu tun, die Spieler zu schützen. TV-Foto: Hans Krämer

Trier. Man darf davon ausgehen, dass Peter Pries (66) seinen Job bei Eintracht Trier durchaus gerne macht. Er war schon Stadionsprecher, als noch viel, viel mehr Zuschauer zu Eintracht-Spielen kamen als die 1500 beim tristen 1:2 (1:0) gegen Leverkusen II. Aber irgendwann reicht's auch ihm. Er hätte die "Schnauze voll", raunzte er bei der Pressekonferenz nach dem Spiel. Er würde sich überlegen, ob er als Stadionsprecher weiter machen wolle oder nicht. Das hatte freilich nichts damit zu tun, dass Eintracht Trier trotz früher Führung in der Nachspielzeit noch mit 1:2 verlor und damit auf einen Abstiegsplatz sackte. Es war das, was folgte. Während Eintracht-Trainer Reinhold Breu auf dem Podium im Vip-Zelt betont sachlich die Partie analysierte, skandierten einige Zuschauer von draußen: "Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot."

Eine im Trierer Sport neue Dimension der Bedrohung . Zumal es nicht nur bei aggressiven Aussagen blieb. Leverkusens Trainer Ulf Kirsten bestätigte, dass er bespuckt worden sei. Der Ex-Nationalspieler nahm die Spuck-Attacke nach dem ersten Auswärtserfolg in der Saison aber mit Humor: "Es muss wohl ein Trierer Fan gewesen sein. Es war ja kein Leverkusen-Fan im Stadion." Zu lachen gab es sonst nichts. Triers Offensivspieler Sahr Senesie, derzeit verletzt, gab an, von einem Zuschauer geschlagen worden zu sein.

Und noch lange nach dem Spiel trennte ein Polizeiaufgebot die Spieler von aufgebrachten Trierer Fans. Ob die Geschehnisse vom DFB aus ein Nachspiel haben werden, kann Geschäftsstellenleiter Dirk Jacobs noch nicht einschätzen. Der Verein verurteile das Verhalten einiger Zuschauer "aufs Schärfste". Es sollen Konsequenzen folgen. Die Polizei werde sich Videos anschauen und prüfen, ob gegen einzelne Personen vorgegangen werden kann. "Es kann nicht sein, dass wir hier fast Berliner Verhältnisse haben", sagt Jacobs, der weitere Stadionverbote für eine Maßnahme hält. "Wir werden gegen die Verursacher mit aller Entschiedenheit vorgehen", kündigt er an. Bei diesen Begleitumständen geriet der sportliche Aspekt in den Hintergrund. Die Eintracht belegt nach zehn Spielen ohne Sieg einen Abstiegsplatz. Schon im Hinspiel hatte Trier in letzter Minute gegen Bayer verloren, danach folgte eine Negativserie.

Meinung

Der Feind in den eigenen Reihen

Es war ein schwarzer Freitag für jeden, dem Eintracht Trier auch nur irgendetwas bedeutet: Die späte Niederlage im Kellerduell gegen Leverkusen, eine sichtlich verängstigte Mannschaft, ein herber Nackenschlag im Abstiegskampf - das ist die eine Seite. Leider die erträglichere: Denn das wirklich Traurige und Deprimierende für jeden Eintracht-Fan spielte sich nach dem Spiel ab. Leverkusen-Trainer Ulf Kirsten wird angespuckt, Eintracht-Spieler Sahr Senesie geschlagen, die Mannschaft verbal massiv bedroht. Von angeblichen Eintracht-Fans. Kein Erzfeind könnte dem Club effektiver schaden als diese wenigen Krawallmacher. Das ist kein Trier-spezifisches Problem. Die Eintracht will gegen sie vorgehen, klar. Aber dennoch gilt: Solche Szenen können sich jederzeit wiederholen. Nach dieser Atmosphäre, die im Stadion herrschte, werden sich manche langjährige Eintracht-Anhänger - nicht nur die mit kleinen Kindern - genau überlegen, ob sie sich das noch einmal antun wollen. Man kann jeden verstehen, der sagt: Danke, Moselstadion, das war's für mich. Das wäre allerdings die nächste Niederlage für Eintracht Trier. Und nicht der erste Sieg einer kleinen, lauten, dummen Minderheit. a.feichtner@volksfreund.de

Partie kompakt

Moselstadion, 1550 Zuschauer StatistikEintracht Trier - Bayer Leverkusen II 1:2 (1:0)Eintracht Trier: Schneider - Dingels (65. Bettmer), Kühne, Cinar, Rakic - Schulz (65. Anicic), Fernandes, Bachl-Staudinger, Wagner - Eckstein, Risser (90. Lacroix). Bayer Leverkusen: Fernandez - Eichmeier, Schultens (46. Erkaya), Petsos, Rubink - Selmani (80. Happe), Kluft, Kaplan, Schumann - Zieba (82. Pardo), Marquet. Trainer: Kirsten Zuschauer: 1550, Schiedsrichter: Foltyn (Mainz) Tore: 1:0 Schulz (8., Foulelfmeter), 1:1 Kaplan (60., Foulelfmeter), 1:2 Kaplan (90+1.) Rote Karte: Andy Rakic (87, grobes Foulspiel) Taktik und Coaching Eintracht-Trainer Reinhold Breu setzte im Gegensatz zum Spiel in Verl (1:1) auf zwei Stürmer (Eckstein und Risser). Nach der frühen Führung stand die Eintracht sehr tief. Schlüsselszene: Ein Foul von Bachl-Staudinger im Strafraum führt zum 1:1 (60.) - danach geht bei der Eintracht komplett die Ordnung verloren. Der Beste: Burak Kaplan - technisch beschlagen, in Trier doppelt erfolgreich. Der 20-Jährige Leverkusener dürfte seine Bundesliga-Karriere (bisher ein Spiel) bald ausbauen. (AF)

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