Fußball-Oberliga FC Bitburg kommt zum Derby der Gegensätze ins Moselstadion
Trier/Bitburg · Fußball-Oberliga: Am Freitag empfängt der souveräne Spitzenreiter Eintracht Trier das Schlusslicht FC Bitburg. Die Rollen scheinen klar verteilt zu sein.
An jenem Mittwochabend Anfang August lagen sie kurzzeitig auf Augenhöhe. Für sechs Minuten, nach der Führung durch Pascal Müller. Der Aufsteiger FC Bitburg und der Absteiger Eintracht Trier wiesen virtuell drei Punkte im noch jungen Oberliga-Klassement auf. Doch dann ging die Schere schnell auseinander. Trier gewann die Partie des zweiten Spieltags in Bitburg noch mit 5:1. Und jetzt – nach der 20. Runde – thront der SVE mit formidablen 55 Punkten der Konkurrenz weit enteilt an der Spitze, während der FCB mit 13 Punkten als Tabellenletzter aufpassen muss, nicht frühzeitig den Anschluss zu verlieren.
Am Freitagabend, 19.30 Uhr, stehen sich beide Teams in der Rückrunde im Trierer Moselstadion erneut zum regionalen Fußball-Gipfel gegenüber. Was hat sich in beiden Teams in den vergangenen Monaten getan? Und wie ist die Ausgangslage vor dem Flutlicht-Derby?
Der Anspruch:
Die Eintracht ist nach dem Abstieg aus der Regionalliga mit dem klaren Ziel angetreten, in der Oberliga direkt wieder oben mitzuspielen und im Bestfall den direkten Wiederaufstieg zu realisieren. Auf dem Weg dorthin dürften sich die Moselaner womöglich wohl nur noch selbst im Weg stehen, auch wenn die Saison noch lang ist. „Ich hatte zum Saisonstart einen großen Respekt vor dem Programm mit so vielen Spielen bis zur Winterpause. Dass wir bislang so toll durch die Spielzeit gekommen sind, war nicht vorhersehbar, obwohl wir natürlich das Potenzial für die Top drei in der Liga haben“, sagt Eintracht-Trainer Thomas Klasen. Mit Ausnahme der zweiten Halbzeit in Diefflen, das der SVE krachend mit 1:5 verlor, gab es keine Partie für die Eintracht, in der es laut Klasen „nicht gepasst“ hat. Das spiegelt sich in den Zahlen wider: 18 Siege, ein Remis, eine Niederlage – und das bei 63:17 Toren.
Mit einer bärenstarken Rückrunde katapultierte sich der FC Bitburg in der vergangenen Saison auf Platz eins in der Rheinlandliga und stieg nur drei Jahre nach dem Sprung aus der Bezirksliga bereits in die Oberliga auf. Personelle Kontinuität wird in der Bierstadt großgeschrieben. Finanzielle Mittel, um den Kader wesentlich zu verstärken, fehlen. „Wir haben unsere Mannschaft nicht krass verändert, wussten deshalb, dass es schwer für uns wird. Dennoch hätten wir schon gedacht, dass wir zu Beginn der Rückserie ein paar Punkte mehr auf dem Konto haben als die bisherigen 13“, sagt Trainer Fabian Ewertz. Bis auf die 1:5-Niederlagen im Hinspiel gegen die Eintracht und bei Mitaufsteiger Quierschied hielten die Südeifeler in vielen Partien spielerisch gut mit. Dann patzte mal der Torwart, gab es Fehler in der Abwehr, wurden klare Chancen vergeben oder handelte man sich Platzverweise ein (insgesamt sechs). Der Bitburger Coach macht das in erster Linie an der mangelnden Oberliga-Erfahrung fest. Hinzu kam der Spielplan mit den vielen englischen Wochen, der dem FCB extrem zu schaffen machte. Um in der Endabrechnung zumindest den möglicherweise rettenden siebtletzten Platz zu erreichen, lassen sie beim FCB nichts unversucht und setzen fürs neue Jahr auf wiedergenesene Spieler und Neuverpflichtungen (unter anderem den früheren Trierer Angreifer Amodou Abdullei).
Der Kader:
Das Aufgebot der Eintracht wurde im Sommer sanft verstärkt. Die Mischung aus jungen Wilden (etwa Maxim Burghardt, Mateo Biondic) und erfahrenen Führungsspielern (unter anderem Jan-Lucas Dorow, Daniel Hammel) passt. Es steht ein Team auf dem Rasen, mit dem sich die Fans vollauf identifizieren. Im Zuge von langfristigen Ausfällen wichtiger Säulen (Dorow, Robin Garnier, Kevin Heinz) wird der Kader momentan indes auf eine Probe gestellt, die er bislang trotz manchem Knirschen bravourös meistert.
Coach Klasen stellte nach dem 4:3-Erfolg zuletzt in Ludwigshafen fest: „Unser Pressing war überragend – trotz des Ausfalls wichtiger Spieler und trotz der zahlreichen Partien, die die Jungs schon in den Knochen haben. Das zeigt, dass die Mannschaft topfit ist.“
Fast die Hälfte des Bitburger Kaders ist schon seit Bezirksligazeiten dabei. Verstärkungen kamen vor der Saison auch von der Eintracht: Offensivmann Benjamin Siga ließ hier und da sein Können aufblitzen. Dem unter anderem bei Sporting Lissabon ausgebildeten Techniker fehlt es aber an Konstanz. Verteidiger Janik Faldey hat sich nach einem Jahr, in dem er nur bei Eintracht II in der B-Klasse zum Einsatz kam, freigeschwommen. Seine Leistungen werden immer besser, genauso wie die des zuvor fünf Jahre lang beim 1. FC Kaiserslautern ausgebildeten David Hoor im defensiven Mittelfeld. Arthur Hartwick wechselte von Bezirksligist SV Schleid und setzte immer mal wieder Akzente. Niclas Gerten war in der Vorsaison noch A-Junior beim JFV Bitburg und avancierte auf Anhieb zum Stammspieler. Auf einem vielversprechenden Weg ist mit Matteo Müller ein weiteres Mittelfeldtalent. Die Arbeck-Brüder Kevin und Marc sowie Maximilian Lenerz kamen aufgrund langwieriger Verletzungen bislang kaum oder noch gar nicht zum Einsatz. Mit Anton Moroz fiel just einer der wenigen oberligaerfahrenen Akteure wegen eines Knorpelschadens im Knie aus. Besonders schmerzlich wird Goalgetter und Antreiber Joshua Bierbrauer vermisst. Nach einer Operation an den Adduktoren will er nach der Winterpause wieder einsteigen.
Der Trainer
Manch einer rümpfte die Nase, als klar war, dass Thomas Klasen im Sommer die Nachfolge von Andreas Zimmermann beim SVE antritt – trotz Stallgeruchs, den der 40-Jährige als Ex-Spieler des SVE mitbringt. Schnell schaffte es Klasen, Skeptiker zu überzeugen. Mit einer klaren Philosophie, mit klaren Prinzipien, mit einer klaren Ansprache, mit zielführender Kritik, die zuweilen angesichts der Erfolgswelle deplatziert erschien, aber Klasens Weitblick, schon mögliche Regionalliga-Szenarien ins Tun einzupreisen, dokumentiert: „Ich war als Coach in den vergangenen Wochen auch getrieben durch den engen Spielplan. Es war zeitweise ein ,learning by doing‘. Ich bin sehr glücklich, wie es bisher gelaufen ist, auch wenn mir klar war, dass ich mit dem Kader erfolgreichen Fußball spielen lassen kann. Aber wir haben noch nichts erreicht. Wir müssen weiter hungrig und fokussiert bleiben.“
Fabian Ewertz ist beim FC Bitburg der Inbegriff der Kontinuität: Der frühere Zweitligaprofi von Alemannia Aachen ist seit 2014 im Amt. Damals kickten die Kreisstädter noch in der A-Klasse Eifel. Ewertz gilt als Freund der Spieler, blieb auch nach der Serie von sechs Niederlagen zu Beginn locker und sachlich. Er genießt zudem im Umfeld ein hohes Ansehen. Klares Ziel von Andreas Neuerburg ist es, auf jeden Fall bis 2026 mit dem heute 42-Jährigen weiterzumachen. Dann plant der Geschäftsführer, aus privaten Gründen aufzuhören. „Wir haben damals zusammen angefangen. Es kann dann auch für mich vorbei sein. Aber mal sehen, wie sich bis dahin alles entwickelt“, sagt Ewertz.
Das Derby am Freitag
Acht Gegentore in den vergangenen beiden Liga-Spielen – das schmeckt Triers Coach Klasen überhaupt nicht. „Wir müssen diesen Trend schnellstmöglich wieder durchbrechen“, sagt er mit Blick auf das Duell am Freitagabend zu Hause gegen den Lokalrivalen FC Bitburg. „Für die Region Trier ist die Partie aufs Neue ein Highlight“, sagt der 40-Jährige, der dem Neuling Bitburg großen Respekt zollt: „Es ist schön, zu sehen, wie viele Fans der Verein für das Spiel im Moselstadion mobilisiert. Das zeigt, dass der Verein und sein Umfeld die Oberliga als etwas Besonderes erachten.“
Erster gegen Letzter, beste Offensive gegen schwächste Defensive – trotz der auf dem Papier klaren Ausgangsposition warnt Klasen sein Team vor einem unangenehmen Gegner: „Bitburg hat zuletzt Worms ein 1:1 abgetrotzt und zuvor bei der Niederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern II mit 2:0 geführt. Das zeigt, dass die Mannschaft in der Oberliga angekommen ist und auch Spitzenteams Paroli bieten kann.“
Klasen mahnt sein Team mit einem Blick in die Vergangenheit zu Wachsamkeit: „In der Oberliga-Aufstiegssaison 2021/22 hatte Trier im Derby gegen den FSV Salmrohr eine ähnliche Konstellation wie jetzt. Trier war Erster, der FSV Letzter – und Salmrohr fügte der Eintracht die einzige Heimniederlage in der Saison zu …
Personell stand beim SVE zuletzt noch ein Fragezeichen hinter Ömer Yavuz, den eine Zerrung plagt. Noah Herber und Maximilian Uhlig kommen derweil laut Klasen noch nicht für den Kader infrage.
Das jüngste 1:1 gegen Worms gibt den Bitburgern viel Auftrieb. Die gute Leistung bestätigt Ewertz in der Feststellung, dass sein Team punktemäßig noch deutlich zulegen kann, „wenn wir an kleinen Stellschrauben drehen und erwachsener, cleverer agieren“. Das Erfolgserlebnis gegen den Tabellendritten habe „Mut und Glauben an uns selbst zurückgebracht“. Der FCB-Trainer weiß um die Schwere der Aufgabe im Moselstadion, sieht die Vorzeichen aus Sicht seiner Mannschaft nun aber positiver „Im Hinspiel war die Eintracht mehr als nur eine Klasse besser als wir. Das werden sie nicht verlernt haben. Aber auch wir haben dazugelernt.“ Die Bitburger sind kompakter als Anfang August zu erwarten.“ Einige Verletzungen, zuletzt nicht mehr so souveräne Resultate: An der Eintracht sei die intensive Vorrunde auch nicht spurlos vorüber gegangen, hat Ewertz registriert. Gleichwohl betont er: „Die Eintracht ist haushoher Favorit.“ Thomas Klasen mache „einen tollen Job, hat auch viele junge Spieler sehr gut an das Oberliga-Topniveau herangeführt“. Neben den Langzeitverletzten fehlt den Bitburgern beim Derby im Moselstadion auch der rotgesperrte Maximilian Koch. Wegen rohen Spiels wurde der Abwehrspieler am Sonntag gegen Worms kurz vor Schluss vom Platz gestellt und muss nun zwei Mal zuschauen (das dritte Spiel wurde auf Bewährung ausgesetzt).