Schwitzen statt frösteln

Seine Verpflichtung war ein Coup. Seine Ansprüche sind hoch, ebenso die Erwartungen an ihn. Eintracht-Offensivspieler Sahr Senesie (23) bringt sich derzeit mit Sonderschichten vor dem offiziellen Trainingsauftakt der Trierer Fußballer am 14. Januar körperlich in Form. Ein Porträt eines Spielers, der trotz seines jungen Alters schon viel erlebt hat.

 Sonderschichten im Fitness-Studio: Sahr Senesie will in Trier wieder angreifen. TV-Foto: Mirko Blahak

Sonderschichten im Fitness-Studio: Sahr Senesie will in Trier wieder angreifen. TV-Foto: Mirko Blahak

Trier. In den deutschen Jugend-Nationalmannschaften hat er mit Lukas Podolski, Mario Gomez oder René Adler zusammen gespielt. Während sie heute A-Nationalspieler sind, hat es Sahr Senesie vorerst in die vierte Liga verschlagen. Seit Mitte November steht er bei Fußball-Regionalligist Eintracht Trier unter Vertrag. An der Mosel startet der 23-Jährige etwas unfreiwillig einen Neuanfang.

Im Sommer 2008 schien es abgemachte Sache, dass Senesie von Borussia Dortmund II zu Zweitliga-Aufsteiger Rot-Weiß Ahlen wechselt. "Doch dann kam ein Super-Angebot aus den USA. Schon einige Spieler haben von dort den Sprung in den englischen Fußball geschafft, der mich fasziniert", sagt der gebürtige Sierra Leoner, der in London Teilhaber im Geschäft seines Cousins ist, in dem betuchte Fußballer wie Frank Lampard oder Michael Ballack ihre Klamotten kaufen.

Senesie unterschrieb in den USA beim Major-League-Soccer-Club Red Bull New York. Zunächst für den Sommer als Gastspieler (ohne Entlohnung), anschließend war ein gut dotierter Einjahres-Vertrag vorgesehen. Gleich im ersten Spiel gegen Washington zog sich der Offensivspieler einen Anriss des Syndesmosebands zu. Der mehrwöchige Ausfall ließ den USA-Traum platzen. Senesie kehrte zurück. Arminia Bielefeld und Rot-Weiß Oberhausen zeigten Interesse, doch daraus wurde nichts.

Da ergriff Eintracht-Trainer Mario Basler die Initiative. Von der Idee, in Trier in der Regionalliga neu anzufangen, hielt Senesie zunächst nicht viel. Erst mit der Zeit fand er Gefallen daran. Senesie, der sehr gläubig ist und drei Stunden vor einem Spiel am Telefon mit seiner Mutter betet, will so schnell wie möglich wieder in Form kommen. Daher trainiert er derzeit täglich in Trier im Fitness-Studio. "Ich will in den Liga-Spielen keine Minute fehlen. Jetzt wird messbar sein, was ich kann", sagt der Angreifer, der in Trier in einem Hotel wohnt. Viel wird von ihm erwartet, weil er bereits als 18-Jähriger für Borussia Dortmund in der Bundesliga spielte. Ist das eine Bürde? "Nein, Druck habe ich bislang immer gehabt."

Nach zwei Saisons mit 21 Erstliga-Einsätzen für Dortmund lag er im Sommer 2005 mit BVB-Trainer Bert van Marwijk über Kreuz. Senesie ging für ein halbes Jahr zu Grashoppers Zürich, anschließend ein Jahr nach Hoffenheim. Dann kehrte er zur Borussia zurück, wo er fortan fast ausschließlich im Regionalliga-Team auflief.

Dortmund ist für Senesie Heimat. Ebenso wie Berlin, wohin er als Fünfjähriger mit seiner Familie aus Sierra Leone übersiedelte. An der Spree begann er mit dem Fußballspielen, von dort ging er nach Dortmund in die U 16 der Borussia. Seit 2000 besitzt Senesie auch einen deutschen Pass. Zu seinem Geburtsland in Westafrika baut er so langsam wieder einen Bezug auf. Dort ist er populär, im März 2008 fragte der Fußball-Verband zunächst erfolglos bei ihm an, ob er fürs Nationalteam spielen wolle. "Nach dem Bürgerkrieg sind die Strukturen noch instabil", sagt Senesie.

In Deutschland will er rasch wieder ins Profi-Geschäft. Ist deshalb im Sommer schon wieder Schluss in Trier? Senesie: "Im Frühjahr werden wir über die Zukunft reden. Man wird sehen, wohin Trier will. Ich brauche - neben dem finanziellen Aspekt - eine sportliche Perspektive."

Eintracht-Ecke

Bringt die für Freitag vorgesehene sportärztliche Untersuchung keine böse Überraschung, wird der umworbene Markus Anfang bei der Eintracht einen Eineinhalb-Jahresvertrag unterzeichnen. Parallel kann er einen Trainerschein machen - den Freiraum dafür werde ihm der Club laut Geschäftsstellenleiter Dirk Jacobs ermöglichen. Nachdem der Vertrag mit Holm Hentschke endgültig vorzeitig aufgelöst wurde, ist der Stürmer auf Clubsuche. "Noch ist nichts fest. Es ist aber gut möglich, dass ich künftig bei einem Verbandsligisten spiele und parallel in meinem Beruf als Großhandelskaufmann Fuß fassen kann", sagte der 28-Jährige gestern auf TV-Anfrage. Ihn dürfte es in die Rhein-Neckar-Region ziehen, wo seine Lebensgefährtin wohnt. Angedacht ist nach Auskunft von Eintracht-Nachwuchskoordinator Reinhold Breu, dass Thomas Kempny und Fabio Fuhs aus dem Bezirksliga-Team die Wintervorbereitung weitgehend mit der Regionalliga-Mannschaft bestreiten. Achmed Boussi wird in der Rückserie fest ins Bezirksliga-Team rücken. Das dürfte auch bei Philipp Herz der Fall sein - vorbehaltlich eines für den 14. Januar terminierten Gesprächs mit Trainer Mario Basler (der TV berichtete). Breu: "Philipp wäre ein Gewinn für mein Team. Bei mir kann er fünf Mal abends in der Woche trainieren und bekommt Spielpraxis. Zuletzt musste er improvisieren, um seine Ausbildung und das Nachmittags-Training in der ersten Mannschaft unter einen Hut zu bekommen. Das war für alle Seiten nicht so recht befriedigend." (bl)

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