Trierer Pokal-Geschichte: Ein Krimi für die Ewigkeit

Trier · Das Eintracht-Spiel des Jahrhunderts wird allen Augenzeugen unvergessen bleiben. Beim DFB-Pokal-Halbfinale am 18. Februar 1998 gegen den MSV Duisburg war Volksfreund-Sportredakteur Stefan Strohm live dabei.

Trier. Das Pokalfieber hatte unsere Sportredaktion schon lange vor dem Halbfinale der Eintracht gegen Duisburg erfasst. In Gedanken befanden wir uns bereits auf der Autobahn Richtung Berlin - im "TV 7". Der blaue Polo, ein in die Jahre gekommenes Firmenauto mit dem Kennzeichen TR - TV 7, sollte uns zum Berliner Olympiastadion bringen.
Zweieinhalb Stunden vor dem Anstoß sicherten sich TV-Sportchef Horst Lachmund, Peter Reinhart und ich mit Laptops bewaffnet unsere drei Plätze im "Kabuff" auf der Haupttribüne. Presseplätze waren damals im Moselstadion rar, mehr als 100 Journalisten berichteten über die Partie - das ZDF mit Reporterlegende Rolf Töpperwien sogar live. Eine Stunde vor Spielbeginn war das Moselstadion rappelvoll, beleuchtet von den vier innerhalb von wenigen Wochen neu aufgestellten Flutlichtmasten. Die 17 000 Zuschauer sorgten mit La-Ola-Wellen für eine Gänsehautatmosphäre. "Berlin, Berlin - wir fahren nach Berlin", skandierten sie. Die Eintracht sieht allerdings wie der Verlierer aus: 0:1, nur noch zwei Minuten zu spielen. Kollege Reinhart setzt unter seinen Artikel gerade den Schlusspunkt, als es noch einen Eckball für Trier gibt. Und tatsächlich: Dirk Fengler trifft zum 1:1! Das Moselstadion wird zum Tollhaus. Die bisherige Arbeit von Reinhart war umsonst - der Pokalkrimi geht weiter.
Verlängerung. Die Anspannung wächst - auch für uns: Welche Ausgaben werden wir trotz späteren Andrucks nun noch erreichen? Sportchef Lachmund hält per Telefon mit der Redaktion Kontakt. Am anderen Ende der Leitung ist Jean-Julien Beer - damals TV-Volontär, heute einer von zwei Chefredakteuren des Fachmagazins Kicker. Wir alle hoffen und bangen mit der Eintracht, aber in der Verlängerung fällt kein weiteres Tor mehr.
Elfmeterschießen. Die Dramatik ist kaum mehr auszuhalten. Ausgerechnet Fengler verschießt den ersten Elfer. Wenig später vergibt auch der Duisburger Wohlert. Der Krimi geht weiter. Alle treffen. Bis auf Eintracht-Torhüter Daniel Ischdonat. 9:10 im Elfmeterschießen - das Spiel ist aus. Die Fans feiern trotzdem die Trierer Spieler, während wir unsere Artikel in die Redaktion mailen - geschafft! Danach geht es ins Vip-Zelt, Stimmen sammeln. Viele Gespräche folgen, um das Erlebte zu verarbeiten.
Um 2.30 Uhr verlasse ich das Zelt, an Schlaf ist nicht zu denken. Bis 4.30 Uhr hält mich der Pokalknüller noch wach. Ein Krimi für die Ewigkeit. Die Spur des "TV 7" habe ich dagegen aus den Augen verloren. Eine ehemalige Arbeitskollegin hat ihn gekauft. Vielleicht ist sie mal mit ihm nach Berlin gefahren.

Extra: Ex-Eintracht-Spieler erinnern sich an das Elfmeterschießen

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