Zahlen-Spiele Fandel packt den Ball ein

Nach 30 Jahren als Fußball-Schiedsrichter tritt Herbert Fandel ab. "Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören", sagt der 45-Jährige aus Kyllburg (Eifelkreis Bitburg-Prüm). Den Unparteiischen will er aber treu bleiben — als Mitglied im Schiedsrichter-Ausschuss des Deutschen Fußball-Bunds (DFB).

Kyllburg. Es gibt Körperpartien, von denen man erst hört, wenn sie schmerzen. Eine Entzündung der Plantarsehne an der Fußsohle hat Fußball-Schiedsrichter Herbert Fandel in den vergangenen Monaten ausgebremst. In der Rückrunde kam der 45-Jährige nur zu ein paar Einsätzen. Fandel hatte so Zeit, sich über seine Zukunft Gedanken zu machen. Das Ergebnis: Der Eifeler hängt mit sofortiger Wirkung seine Pfeife an den Nagel. Nach 30 Jahren im Schiedsrichtergeschäft, nach 20 Jahren als Profi-Referee. "Die Verletzung war ein Signal, aber nicht der Hauptgrund für meinen Entschluss. Wichtiger ist, dass ich meine Ziele erreicht habe. Ohne das nötige Feuer, bestimmte Dinge noch erreichen zu wollen, kann man im Top-Bereich aber nicht die erforderliche Leistung bringen. Ich beende meine Karriere mit ausschließlich positiven Gedanken. Dies war immer mein Wunsch", sagt Fandel.

National hätte er noch bis 2011 pfeifen dürfen, international noch bis Ende dieses Jahres. Konzentriert sich der Pianist nun ausschließlich auf seinen Hauptjob als Leiter der Kreismusikschule Bitburg-Prüm? Nein. Fandel bleibt im Fußball-Geschäft. Er soll künftig als Mitglied im DFB-Schiedsrichter-Ausschuss mitarbeiten. Die weitere Professionalisierung der Unparteiischen und die Suche nach Talenten werden zu Fandels Aufgaben gehören. DFB-Präsident Theo Zwanziger zeigte sich überrascht vom Rücktritt des Eifelers: "Ich hätte mir gewünscht, ihn noch ein weiteres Jahr im deutschen Spitzenfußball als Schiedsrichter zu sehen."

Rainer Koch, als DFB-Vizepräsident für Schiedsrichter-Fragen zuständig, lobte Fandels ausgleichende Art: "Er hat stets deutlich gemacht, dass ein Schiedsrichter kein Spielverderber ist, sondern ein Partner aller Fußballer."

Fandel als "Spielverderber"



Gleichwohl wird Fandel in den nächsten Wochen als "Spielverderber" in der Öffentlichkeit stehen. In einem gleichnamigen Dokumentarfilm, als einer von drei Hauptdarstellern. Rund eineinhalb Jahre (zwischen 2005 und Mitte 2006) haben die beiden Regisseure Henning Drechsler und Georg Nonnenmacher den 14-jährigen Schiri-Anwärter Kevin Prösdorf, den Schweizer Senior-Schiedsrichter Oreste Steiner und Fandel begleitet. Sie zeigen die Arbeit der Unparteiischen aus einer ungewohnten Perspektive.

"Der Name des Films wurde bewusst gewählt, um dem Thema eine humoristische Note zu geben", sagt Fandel. Am Freitag war die Vorpremiere, ab 11. Juni wird der Streifen in ausgewählten Kinos gezeigt (eine Liste ist abrufbar unter www.spielverderber-der-film.de). "Die Dokumentation hebt sich wohltuend moderat und sachlich von vielen Stammtisch-Diskussionen ab", sagt der Eifeler.

Dass der Film mit Fandels Karriere-Ende zusammenfällt, ist für den 45-Jährigen indes nur Zufall: "Nein, geplant war das so nicht. Er ist kein Abschiedsgeschenk an mich." Je einmal pfiff Herbert Fandel ein Champions-League-Finale (2007: AC Mailand - FC Liverpool) und ein Uefa-Pokal-Endspiel (2006: FC Middlesbrough - FC Sevilla).

Viermal wurde Herbert Fandel vom DFB zum Schiedsrichter des Jahres gewählt (2001, 2005, 2007, 2008).

26-mal pfiff Herbert Fandel ein A-Länderspiel.

56 Europacupspiele standen unter der Leitung des 45-Jährigen.

247-mal stand der Kyllburger als Schiedsrichter eines Bundesliga-Spiels auf dem Feld. (bl)

Meinung

Abgang ohne viel Tam-Tam

Mit dem Rücktritt von Herbert Fandel geht eine Ära zu Ende. Gemeinsam mit Markus Merk war der Kyllburger im vergangenen Jahrzehnt das Aushängeschild der deutschen Unparteiischen. Dabei stand er lange im Schatten seines Kollegen. So zum Beispiel bei der Weltmeisterschaft 2006, als er Merk den Vortritt lassen musste, weil der Weltverband Fifa nur einen Schiedsrichter aus jeder Nation nominierte. Doch Fandel steckte nicht den Kopf in den Sand. Der Lohn: die Nominierung für die Europameisterschaft 2008. Dieser Höhepunkt bildete gleichzeitig den Wendepunkt. Fandel grübelte über seine Zukunft — und tritt nun ab. So, wie er als Schiedsrichter meist auf dem Platz agierte: Ohne viel Tam-Tam. Ohne Pauken und Trompeten. m.blahak@volksfreund.de

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