Fußball: Mutige Wikinger (k)ein Vorbild für Luxemburg

Mondercange/Trier · Island stellt die Fußball-Welt in Europa auf den Kopf. Wer ist der nächste Kleine, der aufmüpfig wird? Vielleicht Luxemburg? Reinhold Breu, der technische Direktor des Fußballverbands im Großherzogtum, winkt erstmal ab. Ein Vergleich hinke, sagt der ehemalige Nachwuchskoordinator von Eintracht Trier - vor allem wegen unterschiedlicher Mentalitäten.

 Reinhold Breu (links, hier neben Nationaltrainer Luc Holtz) ist seit fünf Jahren technischer Direktor im luxemburgischen Fußballverband. Für den ehemaligen Nachwuchskoordinator von Eintracht Trier sind die aktuellen Erfolge Islands nicht einfach kopierbar. Foto: Gerry Schmit/Tageblatt

Reinhold Breu (links, hier neben Nationaltrainer Luc Holtz) ist seit fünf Jahren technischer Direktor im luxemburgischen Fußballverband. Für den ehemaligen Nachwuchskoordinator von Eintracht Trier sind die aktuellen Erfolge Islands nicht einfach kopierbar. Foto: Gerry Schmit/Tageblatt

Foto: Gerry Schmit (g_sport

2009, in einem Freundschaftsspiel, trennten sich Luxemburg und Island mit einem 1:1-Unentschieden. 913 Fans verloren sich damals im Stade Josy Barthel. Eine Partie, die weiter keine Erwähnung finden müsste, wäre da nicht der aktuelle Höhenflug der Isländer bei der EM. Und die Frage, ob auch Luxemburg das Zeug dazu hat, als ähnlich kleines Land alsbald in Europa mal für Furore zu sorgen.

So einfach ist das nicht, weiß Reinhold Breu zu berichten. Der technische Direktor des luxemburgischen Fußballverbands verfolgt ähnlich erstaunt wie viele andere, wie sich die Isländer derzeit in Frankreich präsentieren. Taugt die kleine Insel als Vorbild für die eigene Arbeit? Eher nein, sagt Breu. Ein großer Unterschied liege in der Mentalität der Bevölkerung. "Die Isländer sind ein ganz besonderer Menschenschlag mit einer ganz eigenen Mentalität. Viele versuchen beispielsweise über den Sport, sich eine Zukunft auf dem europäischen Festland zu schaffen. Das größte Pfund der Isländer ist ihr Charakter. Sie sind mutige Wikinger", analysiert der 45-Jährige, der von 2008 bis 2011 Nachwuchskoordinator bei Eintracht Trier war. In anderen europäischen Ländern, auch in Luxemburg, sei die Haltung der Menschen nicht so forsch. Breu: "Von daher reden wir über andere Voraussetzungen."

Die hindern die Luxemburger aber nicht daran, sich stetig verbessern zu wollen. "Wir haben täglich einen großen Ansporn, uns weiterzuentwickeln", sagte Breu. Im nationalen Nachwuchsleistungszentrum in Mondercange im Süden Luxemburgs werden derzeit mehr als 300 Spieler der Altersklassen U 9 bis U 21 gefördert. Ein Invest, das sich zu lohnen beginnt. Breu: "Im vergangenen Jahr haben unsere Auswahlmannschaften der U 15 bis U 19 von 28 Länderspielen elf gewonnen und nur zwölf verloren." Eine für Luxemburg ansprechende Bilanz, aus der Erfolge der U 18 gegen Belgien oder der U 15 gegen die Türkei hervorstachen.

Das Problem im internationalen Vergleich: Auch in anderen Ländern, etwa in Osteuropa, werden Leistungszentren eingerichtet und Talentförderprogramme aufgelegt. Breu: "Wenn wir einen Schritt nach vorne machen, tun das andere auch. Es ist verdammt schwer, mitzuhalten." Kleine Erfolge bestätigen, die Zahl der Rückschläge minimieren sowie den Anteil von Profis in der A-Nationalmannschaft erhöhen - so lauten die großen Herausforderungen.
Die Einstellung der Spieler zu verändern, ihnen das Sieger-Gen einzuimpfen, sei ein Prozess. "Wenn man das mit einem Marathonlauf vergleicht, sind wir vielleicht bei Kilometer acht", sagt Breu. Es gibt Spieler, die den Durchbruch schaffen. Aktuell etwa Laurent Jans, der beim belgischen Erstligisten Waasland-Beveren eine starke Saison gespielt hat. Oder der 16-jährige Vincent Till, der bei Bayern München sein Glück versuchen wird.

Doch wer ein sportlicher Überflieger ist, macht ab und an auch den Abflug. Die doppelte Staatsbürgerschaft einiger talentierter luxemburgischer Jugendspieler führt zu erfolgreichen Abwerbungsversuchen anderer Verbände. Breu: "Das ist einerseits ein Kompliment für unsere Arbeit. Andererseits macht das den Job für uns nicht leichter."

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