Begeisterung macht einsam

Es spricht einiges dafür, dass Bayer Leverkusen und Trainer Bruno Labbadia ab heute getrennte Wege gehen werden. Bei der 0:1-Niederlage im DFB-Pokalfinale gegen Bremen (Seite 18) in Berlin hielt sich Labbadia noch bedeckt. Zweifel an der weiteren Zusammenarbeit hatte Labbadia bereits zuvor geschürt.

Berlin/Leverkusen. In der Stunde des Siegers ist der einzige Verlierer nur scheinbar allein: Bruno Labbadia, Trainer von Bayer Leverkusen, wandelt kurz nach dem Schlusspfiff im DFB-Pokalfinale über den Rasen des Olympiastadions. Ohne Begleitung, mal mit gesenktem Kopf, dann mit Blick in den Nachthimmel. Denn was auf Augenhöhe passiert, kann aus seiner Sicht kaum Endorphine freisetzen: Da ist auf der einen Seite die Brutalität des Gescheitert-Seins. Dokumentiert durch die grün-weiße Bremer Wand, die glücksbeseelt ihre Pokalhelden feiert. Bis tief in die Nacht in Berlin, einen Tag später dann in Bremen. Den Abschied von Zauberer Diego etwa, der seinem potenziellen Nachfolger Mesut Özil auch das einzige Tor des Abends mit einem Traumpass ermöglicht hat (58.). Oder auch das letzte Spiel von Kultfigur Frank Baumann für den SV Werder.

Vor der anderen Kurve des Olympiastadions - kaum näher - bedanken sich die Bayer-Kicker bei ihren Fans für die Unterstützung. Kein leichter Gang. Aber die Bayer-Spieler haben sich nicht schlecht verkauft; besser als in den meisten Spielen der Bundesliga-Rückrunde. Nur für das vielleicht letzte Spiel des Trainers bedankt sich niemand. Auch nicht dafür, dass nach der Finalniederlage wieder das unsäglich alberne "Vizekusen" aus dem Wortspiel-Morast gezerrt wird.

Labbadia steht nicht im Rampenlicht. Aber auch jeder seiner Schritte wird gewertet und analysiert, jede Geste gedeutet, jeder Blick beäugt. Unwahrscheinlich, dass sich hier - im Vakuum der Enttäuschung - etwas Substanzielles über die Zukunft des 43-Jährigen lesen lässt. Aber dass Bruno Labbadia schon bald, womöglich heute, Leverkusen verlassen wird, daran zweifeln nur wenige. "Ich brauche Begeisterung für meine Arbeit." Das hatte Labbadia noch in der Winterpause in einem Interview gesagt. Bis dahin hatte sein Team zumindest zwischenzeitlich immer wieder begeistern können. Jung, ausbaufähig, mit Potenzial. Aber dann kam eine Rückrunde, in der nur das Mittelmaß befeuert wurde, manchmal auch weniger. Und als Labbadia dann just am Tag des Pokal-Finales im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" offen über Probleme mit Manager Michael Reschke sprach und darüber, dass es so nicht weiter gehen könne, deuteten das viele als Einladung zum vorzeitigen Abschied: Jemand, der sich den eigenen Stuhl selbst ansägt. Einer, der Feuer entfachen will, aber dabei - versehentlich oder nicht - das ganze Werk in Flammen setzen kann. Dass Labbadia nicht mehr mit echtem Rückhalt rechnen darf, zeigen vor allem die Kommentare seiner Spieler: Wenn Simon Rolfes etwa Labbadias späte Wechsel kritisiert (erst in der 85. Minute brachte er Angelos Charisteas und Bayern-Leihgabe Toni Kroos), ist das für einen Kapitän theoretisch legitim. Wer seinen Trainer in einer schwierigen Situation aber wirklich schützen will, hält sich lieber bedeckt. Für Labbadia steht heute ein Gespräch mit Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser und Sportdirektor Rudi Völler an. Thema: weitere Zusammenarbeit - ja oder nein. Ein "Kompromiss" wird gesucht. Ein Wort, das man nur schwerlich mit "Begeisterung" verbinden kann. Und wohl auch kaum mit Bruno Labbadia.

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