Mit beiden Beinen auf dem Boden

Was für viele Mannschaften im Frauen- und Mädchenfußball häufig ein Problem ist, bereitet dem TuS Issel kein Kopfzerbrechen: Die Position zwischen den Pfosten ist fest besetzt. Torfrau Julia Koch, die vor einem Jahr vom SV Ehrang kam, hat sich nun sogar für die Sichtung der U-15-Nationalmannschaft qualifiziert.

 Julia Koch – die Frau zwischen den Pfosten des TuS Issel.TV-Foto: Holger Teusch

Julia Koch – die Frau zwischen den Pfosten des TuS Issel.TV-Foto: Holger Teusch

Issel. Die Achillesferse der Mannschaften im Frauen- und Mädchenfußball ist oft die Position der Torfrau. Nirgendwo ist die Auswahl kleiner als gerade bei den Mädchen zwischen den Pfosten.

Dieses Problem hat der TuS Issel nicht. Vor zwei Jahren schaffte Tina Gadziala den Sprung in das U-16-Nationalteam und ist inzwischen in der Frauen-Regionalliga eine feste Größe. Ihre Nachfolgerin steht schon Gewehr bei Fuß. Julia Koch, die vor einem Jahr vom SV Ehrang nach Issel wechselte, hat sich jetzt ebenfalls für die letzte Sichtung der U-15-Nationalmannschaft qualifiziert.

Erfolg auch ohne Gardemaß



"Drei Torfrauen werden für das Vier-Nationen-Turnier im Sommer gemeldet", sagt die 15-Jährige, "und da will ich dabei sein." Dass sie sich ("Ich habe vorher alles Mögliche ausprobiert") irgendwann dafür entschieden hat, zwischen die Pfosten zu gehen, hat zwei Hauptgründe. "Ich muss wenig laufen", sagt sie mit entwaffnender Offenheit, "und dann gibt es nichts Schöneres, als zu fliegen".

Noch bleibt ihr auch oft nichts anderes übrig, denn mit 1,64 Metern Körpergröße verfügt sie nicht gerade über das Gardemaß, das Trainer sich von ihrer Torfrau wünschen. "Sie wird noch wachsen", sagt Michael Jakobs, Trainer der Isseler Frauenmannschaft, und Stefan Jostock, der B-Junioren-Trainer fügt hinzu: "Sie fliegt nicht nur schön. Die Sprungkraft ist ihre vielleicht größte Stärke."

Zum Fußball ist sie über ihre Mutter Sabine gekommen, die als Co-Trainerin von Jostock fungiert. Was alle Isseler Trainer und auch Julia selbst erkannt haben: Sie hat sich innerhalb des vergangenen Jahres enorm verbessert. "Ich trainiere ja auch mehr als vorher", so Julia, "zwei Mal im Verein, dazu kommt noch das Stützpunkttraining und dann die Auswahllehrgänge".

Denn längst ist sie in das Fördersystem des FV Rheinland (FVR) integriert. Der Verband hat erkannt, dass "wir ab dieser Altersstufe was tun müssen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen". Und etwas hemdsärmlig steht in der Pressemitteilung des FVR: "Hier entscheiden die Mädchen vor dem Eintritt in das schwer zu steuernde Zicken-Alter, welchen Weg sie einschlagen. Hier sind sie noch offen für Ratschläge und hören zu, auch wenn viel von ihnen verlangt wird, wenn sie sich in Richtung Leistungsfußball entschieden haben."

Im Gespräch mit Julia entsteht allerdings nicht der Eindruck, dass sie zur Kategorie der Zicken zu zählen ist. Was die gesamte Mannschaft des TuS nach vorne gebracht hat und natürlich auch Julia einen enormen Schub gegeben hat, war der Modellversuch, in dieser Saison als U 16 der Mädchen am Spielbetrieb der U 14 der Jungen teilzunehmen. "Weil die Jungen körperlich stärker sind, war das schon eine besondere Herausforderung", berichtet sie, "vor allem bei Eckbällen oder Flanken, wo ich mich auch körperlich durchsetzen musste".

Keine Profikarriere im Blick



An eine Profikarriere denkt das Torwarttalent nicht ("Da gibt es zurzeit ja ohnehin nur eine Handvoll Frauen, die das machen"). "Sie steht mit beiden Beinen auf dem Boden", urteilt Jakobs, und dazu passt auch die mittelfristige Planung von Julia Koch. Als Neuntklässlerin des Gymnasiums will sie ihr Abitur machen und dann studieren. Welchem Fachgebiet sie sich widmen möchte, ist für sie allerdings noch offen. Die sportlichen Nahziele sind dafür bereits gesteckt: "Mit meiner Mannschaft Rheinlandmeister werden und im Nationalteam zwischen den Pfosten stehen."

Ihre Trainer trauen ihr den Sprung zu. Jakobs hält sie schon jetzt für so gut, dass er schon einmal mit dem Gedanken liebäugelte, sie in der Damenmannschaft einzusetzen, als Gadziala verletzt war.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort