"Schmeißen Sie jeden raus, der Mist macht!"

Trier · Die Spruchkammer des Fußballkreises Trier-Saarburg hofft, mit dem gegen den SV Trier-West-Euren verhängten dreimonatigen Spielverbot einen Selbstreinigungsprozess einzuläuten. Vom betroffenen Verein sind bislang nur Absichtserklärungen zu vernehmen.

Trier. Markus Kohl machte kein Geheimnis daraus, dass auch für ihn der Fall kein alltäglicher ist. "Es ist ungewöhnlich, dass wir noch am Abend der Verhandlung ein Urteil bekanntgeben", sagte der Vorsitzende der Kreisspruchkammer Trier-Saarburg. Da jedoch der Abbruch der B-Liga-Partie zwischen dem SV Trier-West-Euren und der SG Saarburg/Serrig Ende August bundesweit für Aufsehen gesorgt hat, wich das Gremium von seiner Praxis ab.
Der gegen Spieler des SV Trier-West-Euren sowie gegen den gesamten Verein verhängte Strafenkatalog ist lang: Die erste und zweite Herrenmannschaft darf bis zum 26. November nicht am Spielbetrieb teilnehmen. Die bis dahin anstehenden Begegnungen werden automatisch mit drei Punkten für die Gegner gewertet. Von dieser Regelung profitiert jeder Ligakonkurrent genau ein Mal. Die ersten drei Heimspiele nach Ablauf des Spielverbots stehen zudem unter besonderer Beobachtung des Fußballverbands Rheinland.
Hinzu kommen 1000 Euro Geldstrafe. 200 Euro davon werden wegen Verfehlungen von Zuschauern beim Spiel der zweiten SV-Mannschaft in der D-Liga gegen den VfL Trier II fällig. Der SV-Kapitän, der im B-Liga-Spiel mit einem Tritt von hinten in die Genitalien eines Saarburger Spielers Tumulte ausgelöst und letztlich den Abbruch provoziert hatte, wird für zwei Jahre gesperrt. Der Spieler, der in der zehnten Minute wegen einer Tätlichkeit die Rote Karte gesehen hatte, wurde mit einer dreimonatigen Sperre belegt.
Wie ist das Urteil zu bewerten? Weil es bereits in der Vergangenheit einen Spielabbruch sowie Vorkommnisse gegeben hatte, gab es nicht wenige Stimmen, die nun einen unwiderruflichen Ausschluss des SV Trier-West-Euren vom Spielbetrieb gefordert haben. "Diese Möglichkeit hatten wir jetzt nicht", sagte Kohl. Erst wenn die Trier-Wester in dieser Saison nochmals für einen Spielabbruch verantwortlich wären, sei ein Ausschluss fällig.
Kohl hofft, dass das Urteil eine Lehre für den Club ist. "Er kann nach dem Ablauf der Spielsperre zeigen, dass es in Trier-West auch anders geht. Und dass dort ordnungsgemäß Fußball gespielt werden kann."
Bernd Marx, Vorsitzender des Fußballkreises Trier-Saarburg, wollte das Urteil nicht bewerten. "Wir haben eine Gewaltenteilung. Die Kammer hat sich ihre Gedanken gemacht."
Auch Dietmar Suder, Fußball-Abteilungsleiter der SG Saarburg/Serrig, kommentierte das Urteil nicht näher: "Für so etwas gibt es keine Genugtuung." Dem im Genitalbereich verletzten Spieler gehe es inzwischen besser. Suder: "Aber er hat noch Schmerzen und muss zu Folgeuntersuchungen. Er wird aber zum Glück wohl keine bleibenden Schäden davontragen."
Kohl machte während der mehr als einstündigen Spruchkammer-Verhandlung in der Europäischen Sportakademie deutlich, dass neben einzelnen Spielern auch die Anhänger des SV Trier-West-Euren im Fokus stehen - wegen Beleidigungen, Bedrohungen und Beschimpfungen von Schiedsrichtern und gegnerischen Mannschaften. Ein Beispiel ist im Bericht des Unparteiischen zur Partie der zweiten Mannschaft gegen den VfL Trier II nachzulesen: "Trete dem Spasti beim nächsten Mal die Knochen durch", sollen Zuschauer gerufen haben.
Kohls Vorwurf an die Spitze des SV Trier-West-Euren: "Sie haben Ihre Zuschauer nicht im Griff." Auf die Frage, was der Club tue, um auf seine Fans einzuwirken, gab es lediglich Absichtserklärungen. Fußball-Obmann Ralf Peters: "Wir versuchen, mit den Leuten zu sprechen. Aber es ist schwierig."
Der Spruchkammer war das zu wenig. Kohl: "Wir haben Verständnis, dass Sie es als Clubvorstand wegen des sozialen Umfelds in Trier-West schwerer haben als andere. Das darf aber keine Entschuldigung sein. Sie müssen als Verein die Reißleine ziehen und sagen: So geht es nicht weiter! Sie können sich nicht von Spruchkammerurteil zu Spruchkammerurteil hangeln." Seine Aufforderung an den Vorstand: "Seien Sie bereit, sich mit den anderen Clubs zusammenzusetzen - vielleicht mithilfe eines Mediators. Es gibt nur wenige Teams, die noch gegen Sie spielen wollen, und nur wenige Schiedsrichter, die Spiele von Ihnen pfeifen wollen. Schmeißen Sie jeden raus, der Mist macht! Sonst ist das Image Ihres Vereins kaputt."
Hans-Jürgen Lorig, Vorsitzender des SV Trier-West-Euren, verließ die Spruchkammer-Sitzung ohne eine Stellungnahme. Am gestrigen Dienstag war er für ein Gespräch telefonisch nicht zu erreichen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort